Bauwerk

Wohnbau Attemsgasse
Baumschlager Eberle Architekten, Elsa Prochazka - Wien (A) - 2008
Wohnbau Attemsgasse, Foto: Eduard Hueber
Wohnbau Attemsgasse, Foto: Eduard Hueber

Jung und Alt im Alumantel

Der an den Kirschblütenpark in Wien Donaustadt angrenzende Wohnbau Attemsgasse überrascht mit einem innovativen Bewohnerkonzept und einer ebenso außergewöhnlichen Fassade

29. November 2008 - Sabine Lintschinger
Für romantische Naturen ist die Gegend hinter dem Donauzentrum kein geeigneter Platz zum Leben: Auf den Durchzugsstraßen nichts als Autos, der Wind pfeift einem um die Ohren, und aus der Albert-Schultz-Eishalle, die für regen Zustrom sorgt, tobt regelmäßig der Lärm. Die Motivation der Menschen, die hier leben, ist eher eine pragmatische: Sie schätzen die nahe Anbindung an die U-Bahn, die guten Einkaufsmöglichkeiten und die Nähe zur Alten Donau und zum Donaupark, wo sie ihren Freizeitaktivitäten nachgehen können.

Viele neue Blickwinkel ermöglicht das Wohnhaus von Elsa Prochazka und Baumschlager Eberle für das Österreichische Siedlungswerk (ÖSW). Bei den beiden Bauteilen, die unmittelbar hinter der Eissporthalle liegen, wurden erstmals im mehrgeschoßigen sozialen Wohnbau Leichtbau-Außenwände mitsamt einer innovativen Verkleidung verwendet.

„Das Haus hat eine lebendige Fassade“, sagt Architektin Elsa Prochazka. Die Aluminium-Verkleidung altert langsamer als andere Fassaden, ist selbstreinigend, reflektiert das Licht und sieht auch noch verdammt gut aus. Für diese nachhaltige Idee wurde der Kubus mit seinen Loggien und charakteristischen französischen Fenstern mit dem Aluminium-Architektur-Preis 2008 ausgezeichnet.

Es zahlt sich aus, auch hinter die Fassade der schmucken Wohnanlage zu blicken. 101 Wohnungen gibt es insgesamt, 42 davon haben Loftcharakter. Zwischen den beiden Bauteilen (siehe Foto) wurden Gemeinschaftsräume angelegt. Das wissen die im Frühjahr eingezogenen Bewohner der Attemsgasse jedenfalls zu schätzen: „Wir fühlen uns sehr wohl in diesem Haus.“

Auch die vielfältigen Anforderungen an das moderne Bauen wurden erfüllt: Holz-Alu-Fenster liefern beste thermische Werte, sodass durch große Glasflächen die Sonnenenergie genutzt wird. Unterm Strich erreicht das Haus Niedrigenergie-Standard. Auch Barrierefreiheit ist in der Attemsgasse kein Fremdwort: Der Lift ist behindertengerecht, und die Stufen sind auch für Menschen mit einem Handicap überwindbar.

Wohnen für Jung und 50plus

Hier offenbart sich das Konzept des Gebäudes: Die Wohnanlage ist als Brücke zwischen der älteren und der jüngeren Generation konzipiert. Das straßenseitige Gebäude für die sogenannten „Senior Citizens“ ist für eine reifere, aber mobile Generation gedacht, der Solitär im Hof ist für die Zielgruppe der sogenannten „Urban Professionals“, die gerne Wohnen und Arbeiten miteinander verbinden.

Das spiegelt sich auch in den Grundrissen der Wohnungen wieder: offene Räume mit vielfältigen Möglichkeiten im kompakten Quader, klassische Wohnungen mit weniger Raumbedarf für die jungen Alten. Loggien oder Terrassen haben alle. „Durch die eingeschnittenen Loggien ist der Freiraum jeder einzelnen Wohnung geschützt“, erklärt Prochazka, die hier auch auf den frischen Kagraner Wind Rücksicht genommen hat.

Die Realität sieht anders aus, die Zielgruppen sind schön durchmischt. Jungfamilien sind umgeben von „Senior Citizens“, Pensionisten wohnen im urbanen Loft. Und die Gemeinschaftsräume im verglasten Verbindungstrakt? Bis jetzt gibt es erst eine Aerobic-Gruppe, schon bald soll es in den hellen Räumlichkeiten Kinderfeste, Gymnastikstunden und Hausversammlungen geben. Auch die Gemeinschaftsterrasse auf dem Dach könnte schon bald dem Miteinander förderlich sein, hofft ein Mieter. Silvester steht vor der Tür.

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