Bauwerk

Appartementanlage SUN II
SQUID, Peter Raneburger - Matrei (A) - 2008
Appartementanlage SUN II, Foto: Miriam Raneburger
Appartementanlage SUN II, Foto: SQUID office for architecture  design

Mikrokosmos in Matrei

Eine Stadt kann auch ein Dorf sein. Aber umgekehrt? Die Apartmentanlage Sun II ist ein geglücktes Beispiel von Urbanität im ländlichen Raum. Das Projekt wurde mit dem Bauherrenpreis 2008 ausgezeichnet.

15. November 2008 - Sabine Lintschinger
Mit nur 5000 Einwohnern kommt die kleine Osttiroler Gemeinde Matrei auf jährlich 300.000 Gäste, die wahlweise als Wanderer, Fliegenfischer oder Skifahrer in Erscheinung treten. Als Erweiterung der bestehenden Ferienanlage Sun I wollte Friedl Ganzer seinen Gästen aus nah und fern ein neues Wohnkonzept bieten: „Es ist toll geworden“, freut sich der Bauherr und Vermieter über den Zuwachs in der aus den Siebzigerjahren stammenden Siedlung namens Sonnenhang.

Dabei galt das Grundstück ursprünglich als nahezu unbebaubar, weil zu steil. Bis sich schließlich das Wiener Architekturbüro Squid frohen Mutes der markanten Lage am Ortsrand näherte und - wie Architekt Gundolf Leitner ausführt - „ein, zumindest für diese Gegend, futuristisch anmutendes Gebäude“ plante. Warum solle alles so aussehen wie es immer schon ausgesehen hat? Darüber zermarterte sich auch der Bauherr den Kopf und beschloss kurzerhand, neue Bauformen zuzulassen und moderne Materialien zu verwenden.

Die Form von Sun II ergibt sich aus der Hanglage: Der aus drei Blöcken bestehende Baukörper zieht sich die Böschung entlang, staffelt sich, steht hervor und nimmt sich am Ende wieder zurück. Aus technischer Sicht besteht der neue Bau aus Stahlbeton in Skelettbauweise mit einer hinterlüfteten Fassade aus Funderplatten.

Überraschend kommen die abgerundeten Ecken daher - ein Novum für Matrei. „Um die moderne Form zu unterstreichen, haben wir uns von natürlichen Holzfarben distanziert“, erklärt der Architekt. Die Holzoptik ist lediglich aufgedruckt, und zwar in einem kräftigen Rotbraun.

Die Erschließungsebene ist abgesenkt. Die Schlucht zwischen den einzelnen Bauteilen ist oben verglast und wird so zu einem Atrium, das auch im Winter thermisch angenehm ist. Das Tageslicht fällt bis ins Untergeschoß, wo sich Lounge, Büros und Seminarräume befinden, die den Gästen und Bewohnern zur Verfügung stehen.

„Man fühlt sich ein bisschen wie in der Stadt“, beschreibt Ganzer das urbane Wohngefühl von seinem Büro aus. Darüber stapeln sich die Wohnungen. Man gelangt zu ihnen über die verglaste „Piazza“, wie die halb öffentlichen Freibereiche genannt werden. Jede Wohnung hat eine südwestlich-orientierte Terrasse, manche davon auch noch eine Pergola.

Planung bis zum letzten Möbel

Das gesamte Mobiliar - ob Küchen, Betten, Sofas oder Kästen - wurde von den Architekten gleich mitgeplant. „Lampen, die irgendwie herumhängen, gibt es hier nicht“, beschreibt Gundolf Leitner das Lichtkonzept, bei dem die komplette Beleuchtung in die Möbel und Bauteile integriert wurde.

„Das Gebäude bietet jedem Gast das Seine“, erklärt Bauherr Ganzer. Manche Leute hielten sich lieber im ursprünglichen, traditionellen Teil des Hauses mit viel Holz auf. Andere wiederum schätzten die neuen Wohnungen ohne Lampenschirm und Landhausstil.

Die Wohnungen kann man kaufen oder mieten. Manche bleiben nur für eine Woche, andere schließen den Mietvertrag für ein ganzes Jahr ab. Dass sich in Sun II gerne Menschen aus der Architektur- und Designerszene einquartieren, ist kein Geheimnis.

Die Tatsache, dass sich der Bauherr in der Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Squid „in besonderer Weise verdient gemacht hat“ (so das Juryprotokoll), blieb nicht unentdeckt. Gestern, Freitag, bekam Friedl Ganzer eine würfelförmige Auszeichnung aus Plexiglas: Den Bauherrenpreis 2008.

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