Bauwerk

Kindertagesheim Schrebergasse
Schluder - Kastner - Wien (A) - 1999
Kindertagesheim Schrebergasse, Foto: Thomas Reinagl
Kindertagesheim Schrebergasse, Foto: Thomas Reinagl
14. September 2003 - Az W
Für den Kindergarten in der Donaustadt bedeutete es, auf die Typologie zweier Vorgängerbauten zurückgreifen zu können und diese weiterzuentwickeln. Die Nutzungsanforderungen - das Raumprogramm verlangte neben Versorgungsräumen wie Küche, Büro und Arztraum vor allem fünf Gruppenräume - sind räumlich klar getrennt. Am linearen Grundriss ist dies abzulesen in der Separierung der Gruppen- und Nebenräume in zwei parallelen, unterschiedlich langen Zeilen, die einen mittigen Erschließungsgang flankieren. Korrespondierend dazu die deutliche Scheidung in zwei Baukörper: Den eingeschossigen Baukörper der Aufenthaltsräume und den zweigeschossigen Kubus der Nebenräume, der sich auf der Seite der Schrebergasse parallel anlagert.
Der Bauplatz verlangte, den Bezug zur stadträumlichen Umgebung „weitsichtiger“ zu definieren. Eingebettet zwischen Platten- und niedrigeren Siedlungsbauten, bildet im Norden eine Schule der Stadt Wien aus dem Jahre 1971 ein unmittelbares Vis-a-vis.
Mit seinen ausgewogenen Horizontal- und Vertikalerstreckungen fügt sich der Neubau in diesen Kontext, sucht aber vor allem den „urbanen Dialog“ mit der Schule. Und tatsächlich wird dieser Aspekt, der räumlich mit dem Vorplatz der Schule und dem Eingangsbereich des Kindergartens vorbereitet wurde, von Kindern und Eltern erkannt und zum Spielen oder Verweilen genutzt. Ein kleines städtisches Zentrum entstand, in dem der Kindergarten eine „urbane Wertigkeit erhält und den temporären Pavilloncharakter der beiden älteren Bauten verliert.“
Um bei diesem Projekt den vorgegebenen Kosten und Zeitrahmen einhalten zu können, urgierten Schluder / Kastner die bereits erprobte Zusammenarbeit mit der Firma Schertler, die diesmal mit einem System aufwartete, das eine noch schnellere Bauzeit von nur sechs Monaten erlaubte. Die vorgefertigten 2,20 Meter breiten Holztafeln als Wand- und Deckenelemente komplettieren sich im Fall der fünf Gruppenräume zu einer Zeile von 5 x 10 Meter breiten Einheiten. In Weiterentwicklung der beiden Vorgängerbauten ist das konstruktive System um 90 Grad gedreht. Statt Fassadenstehern mit Sparren sind die Gruppentrennwände als tragende Scheiben der darauf gelagerten Dachtafeln ausgebildet.
Die Gruppenräume selbst sind gemäß dem Wiener Kindergartenmodell als funktionelle Einheit mit Garderobe, Nassräumen und Abstellraum angelegt. Die Garderoben fungieren dabei sowohl als „Schleuse“ zwischen und als Zugang zum Gang- und Gartenbereich. Die roten Sanitärboxen in den Gruppenräumen sitzen leicht in den Gang hinein versetzt, wodurch sich dort geschützte Spielbereiche ergeben.
Der lange Flur besitzt den Charakter einer weiteren Spiel- oder Aufenthaltszone mit eigener Raumqualität. - Alles in allem gebündelte Details an effizienten Doppelfunktionen, die den überlegten Umgang der Architekten mit der Aufgabe zeigen. Unterschiedliche Raumhöhen und eine bestimmte Lichtführung sind Selbstverständlichkeiten: Dort, wo die Kinder die meiste Zeit verbringen, braucht es größtmögliche Raumhöhen (hier 3 Meter) und viel natürliches Licht.
Dementsprechend sind die Gruppenräume großflächig verglast und nach Süden zum Garten orientiert. Die hier als vierte funktionale Schiene vorgelagerte Terrasse changiert zwischen einer luftigen Raumzone bei aufgeklappten Jalousien und, bei zugezogener Membran, einem Raum, erfüllt von Schattenwürfen, die Wände, Boden und Decke relativieren. Eine Qualität, die wohl der „atmosphärischen Verdichtung“, von der die Architekten immer wieder sprechen, nahe kommt, und sich auch im subtilen Gegeneinandersetzen von transparenten und geschlossenen Momenten, in den feinen Farbund Materialkombinationen niederschlägt. Nach aussen vermittelt der Bau zunächst durch die ringsum vorgeblendete Lärchenholzmembran eine gewisse Kompaktheit.
Exemplarische Spannungsmomente von Material und Komposition ergeben sich vor allem an der Seite zur Schrebergasse. Der langgezogene Flurbereich trifft hier auf den zweigeschossigen Baukörper. Die gläsernen Zonen verschneiden sich, Holzlamellen kontrastieren mit dem roh belassenen Materialkörper (unbehandelte, zementgebundene Holzfaserplatten). Das Auskragen des zweigeschossigen Kubus (mit Bewegungsraum im zweiten Stock) wird deutlich.
Als Gegengewicht dockt der Geräteschuppen im Westen an. In das Szenario eingetreten, präsentiert sich ein helles Inneres, das nicht nur mannigfaltige Blickverbindungen nach außen, sondern vor allem zahlreiche Sichtbeziehungen innerhalb der einzelnen Raumkompartimente zulässt. Somit bleibt der bestimmende Eindruck trotz der klar definierten Raumzonen eine räumliche Offenheit, die den jungen Benützern eine grosszügige und unaufdringliche Lebenswelt bietet. (gekürzter Text: Gudrun Hausegger)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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