Bauwerk

Dachausbau „on top nr 2“
SHARE architects - Wien (A) - 2007
Dachausbau „on top nr 2“, Foto: Alexander Eugen Koller
Dachausbau „on top nr 2“, Foto: Alexander Eugen Koller

Cockpit mit Wien-Blick

Wien Grinzing: Blick über die Stadt, Garten neben dem Haus, ein Kleinod aus den Siebzigern. Um die Dachkubatur maximal auszunutzen, setzten die SHARE architects dem Altbestand eins auf. Das Resultat ist ein Haus mit fescher Haube.

18. Januar 2008 - Isabella Marboe
Weinberge säumen den Horizont, aus dem dichten Dächermeer ragen die Türme der Pfarr- und Kaasgrabenkirche - die Hochlage in Wien Grinzing war ideal. Auch der Garten im Südwesten und das bestehende Haus aus den Siebziger Jahren gefiel den Bauherren auf Anhieb. Aus dem Wohnzimmer kann man direkt auf die Gartenterrasse treten, im Stock darüber sind genügend Zimmer für die Eltern und ihre drei Kinder aufgefädelt. Einziges Problem: Für konzentrierte Arbeit war kein Platz mehr. Da die Bauherren versierte Heimarbeiter sind und dringend zwei getrennte Räume benötigten, um sich ungestört in ihre Unterlagen vertiefen zu können, war ein Ausbau unvermeidlich.

Als möglicher Ruhepol bot sich das Dach an. Wenn schon umbauen, dann ordentlich: Vier Zimmer, Bad und WC sollten schon drin sein, schließlich waren eine Menge Akten, Bücher und Gäste unterzubringen. Auf Empfehlung von Freunden landete man bald bei den SHARE architects.

Gewissenhaft ging das Wiener Büro ans Werk. Zuerst wurde eine Studie erstellt, die deutlich machte, wie viel Nutzfläche in der zulässigen Dachkubatur steckte. Von der Tonne übers Satteldach bis hin zum Maximalausbau, der in einer kühnen Auskragung die Grenze zur Baufluchtlinie auslotete, standen einige Optionen offen.

Dach aus einem Guss

„Jedes Projekt ist ein Prototyp, das für die Bauherren ein Optimum an Größe, Komfort und Qualität herausschlägt“, sagen die Architekten, „das Tollste an der Lage sind die vielen Ausblicke, die man von hier oben hat. Von Anfang an war daher klar, dass wir das Panorama ins Haus holen müssen.“ Die neue Aufstockung sollte nicht wie ein Fremdkörper am Haus sitzen, sondern wie aus einem Guss erscheinen. Bis die endgültige Form gefunden war, wurden unzählige Modelle gebaut, Dachneigungen erprobt, Gaupen hochgeklappt, Fenster eingeschnitten, Terrassen eingekerbt. Das Endresultat ist ein abstrakter Monolith, der von einer dünnen Haut überzogen ist.

„Wir wollten kein beengendes Dachbodengefühl“, sagt die Baufrau, „zuerst dachten wir an ein Loft, doch dann siegte die Pragmatik: Wir brauchten getrennte Zimmer und funktionsfähige Arbeitsräume.“ In schwungvollem Bogen führt die neue Treppe vom Bestand aufs Dach. Die Stiege liegt unter einer Gaupe, die sich aus der vorbewitterten Blechhaut stülpt. Von hier reicht das Auge bis zum Kahlenberg, der breite Glasstreifen in der Seitenwand fängt die Wiener Skyline ein.

Die transparente Intention der Bauherren und Architekten ist dem Dachaufbau deutlich anzusehen. Mit einem imposanten Nurglaseck stülpt sich das Home-Office auf die offene Gangmitte. Unmittelbar vor dem Panoramaglas steht der Schreibtisch des Bauherrn. Über eine große Schiebetür kann man auf die Terrasse treten, die genau zwischen den Arbeitsterritorien von Mann und Frau liegt. Auf diese Weise kann man einander im Blickfeld behalten.

Im Bereich der Terrasse mussten die Architekten tricksen: Damit der Holzleichtbau über den Balkon im Südwesten auskragen und seine Schnauze der Sonne entgegenstrecken kann, musste die alte Decke mittels Stahlträgern verstärkt werden. Wie von einem Cockpit aus blickt die Baufrau über Grinzing: „Besser könnte es nicht sein.“

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