Bauwerk
Volksschule Egg
Architekturbüro Felder-Geser - Egg (A) - 2008
Holz macht Schule
15. September 2007 - Nora G. Vorderwinkler
Seine Erinnerungen an die eigene Volksschulzeit beschreibt der Vorarlberger Architekt Jakob Albrecht in idyllischen Bildern: »Die Schule war vollständig aus Holz gebaut. Morgens hat die Hauswärterin im runden, eisernen Ofen, der mitten im Klassenraum stand, Feuer gemacht. In der Pause haben wir dann darin Äpfel gebraten.« Gut zwanzig Jahre später, gerüstet mit einem Architekturdiplom der Akademie der Bildenden Künste in Wien, besteht Albrechts erste eigenständige Bauaufgabe in der Errichtung eines Schulgebäudes in seiner Heimatregion, dem Bregenzerwald: Mit der Hauptschule Egg schuf Albrecht im Jahr 1962 ein öffentliches Gebäude, das die weitere Architekturentwicklung der Region entscheidend prägen sollte. Es entstand wider die damals geltende Brandschutzverordnung als erster mehrgeschossiger öffentlicher Bau, bei dem Holz konstruktiv zum Einsatz kam.
Dank der massiven Unterstützung durch den amtierenden Bürgermeister von Egg wurde eine Sondergenehmigung von der Baubehörde erteilt. Im Gegenzug wurde der junge Planer angehalten, sämtliche tragende Holzbauteile überzudimensionieren. In seinem Entwurf nimmt Albrecht Bezug auf die Holzbautradition des Bregenzerwaldes. Auf die topografischen Gegebenheiten – die schmale Parzelle erstreckt sich entlang einer prägnanten Hangkante neben der Hauptstraße – antwortete Albrecht mit einem lang gezogenen Baukörper nach dem formalen Konzept einer Korridorschule. Zu beiden Seiten der dreigeschossigen, zentral positionierten Aula erstrecken sich schmale zweigeschossige Klassentrakte. Form und Größe der Schule brachten dem Rohbau bald den spöttischen Beinamen »Seilerei« ein, doch die Verwunderung seitens der Bevölkerung wich zusehends dem Staunen über den modernen Bau.
Bei der Eröffnung im Herbst 1962 machten die rundum holzverkleideten Klassenräume und deren beidseitige Versorgung mit Tageslicht Furore. Die Positionierung der Fenster in kindgerechter Augenhöhe wurde ebenso bestaunt wie die großzügige Aula und die breiten Korridore. Eine absolute Neuheit aber war der südseitig verglaste Gymnastiksaal am Ende des Ostflügels. Zwar wurde die Schule in Mischbauweise ausgeführt, ihre Gesamterscheinung wird jedoch innen wie außen von Holzbauteilen dominiert: von den in Ständerbauweise ausgeführten Nord- und Südwänden, der sichtbaren Holzkonstruktion mit den großflächigen Verglasungen im Aulabereich und den mächtigen Leimbindern der Dachstruktur. Handwerklich kamen durchwegs solide, einfache Techniken zum Einsatz. Dennoch stellte der Bau in dieser Hinsicht eine Herausforderung dar.
Zimmerer wurden damals vorwiegend mit der Errichtung von landwirtschaftlichen Gebäuden beauftragt, wobei auf die Qualität der sichtbaren Oberflächen wenig Wert gelegt wurde. Der im Inneren der Schule geforderte Verarbeitungsstandard des sichtbaren Holzes verlangte den Handwerkern also eine damals überdurchschnittliche Genauigkeit ab. »Für die Verglasung der Schulhalle sollten etwa Fälze in die konstruktiven Bauteile eingearbeitet werden. Dazu musste der Zimmerer die Präzision eines Tischlers an den Tag legen – das war für ihn völlig neu«, erklärt Jakob Albrecht. Das Ergebnis ist aus heutiger Sicht bemerkenswert. Hermann Nenning, Zimmerer der nachfolgenden Generation zur Ausführung des Baus: »Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit mit Holzoberflächen früher umgegangen worden ist.« »Doch genau das macht heute den Charme des Gebäudes aus«, ergänzt der Architekt Walter Felder, der mit der Sanierung des Baus betraut wurde.
Selbst mit den atmosphärischen Vorzügen des Holzes aufgewachsen, soll er nun die Hautpschule Egg in eine neue bautechnische Ära geleiten. Die geplanten Maßnahmen konzentrieren sich auf die bauphysikalische Nachrüstung der Schule, insbesondere in akustischer und thermischer Hinsicht. Dabei erweisen sich die vorhandenen Holzbauteile als ideal: Die Außenelemente der Nord- und Südwand können komplikationslos ausgebaut, in der Werkstatt gedämmt und anschließend wieder montiert werden. Zur akustischen Nachbesserung der Klassenzimmer wird die bestehende Täfelung ersetzt. Proportionen und Holzart der Täfer bleiben gleich, lediglich die Fugen werden offen gehalten. Raumkonzept, Lichtführung sowie Erschließung bleiben vom Umbau unberührt.
Brandschutztechnische Fragen regeln die zuständigen Beamten mit großer Gelassenheit. Im Fall der Schule Egg wurde, wie bereits bei ihrer Entstehung, auch für die Sanierung eine Sondergenehmigung erteilt. Diese betrifft die Holztäfelungen und -böden in den Klassen, die den aktuellen Schulbau- und Brandschutzverordnungen nicht entsprechen. Im Gegenzug mussten die Architekten Ersatzmaßnahmen einplanen, etwa zusätzliche Brandmelder und Löschgeräte.
Die Entstehungsgeschichte der Hauptschule Egg und ihr heutiger Stellenwert sind repräsentativ für die allgemeine Entwicklung des Holzbaus im öffentlichen Bereich seit 1945 in Vorarlberg. Albrechts Herangehensweise als junger Architekt trug entscheidend dazu bei, das verzerrte Image zu korrigieren: Sein determiniertes Handeln, sein Vertrauen in die Materialfähigkeiten und die Umsetzung von präzise durchdachten Details in die Praxis bilden rückblickend den Anfang der überzeugendsten Imagekampagne zur Wiedereinführung des Baustoffs Holz. (Zeitschrift Zuschnitt 27, 2007; Seite 17f.)
Dank der massiven Unterstützung durch den amtierenden Bürgermeister von Egg wurde eine Sondergenehmigung von der Baubehörde erteilt. Im Gegenzug wurde der junge Planer angehalten, sämtliche tragende Holzbauteile überzudimensionieren. In seinem Entwurf nimmt Albrecht Bezug auf die Holzbautradition des Bregenzerwaldes. Auf die topografischen Gegebenheiten – die schmale Parzelle erstreckt sich entlang einer prägnanten Hangkante neben der Hauptstraße – antwortete Albrecht mit einem lang gezogenen Baukörper nach dem formalen Konzept einer Korridorschule. Zu beiden Seiten der dreigeschossigen, zentral positionierten Aula erstrecken sich schmale zweigeschossige Klassentrakte. Form und Größe der Schule brachten dem Rohbau bald den spöttischen Beinamen »Seilerei« ein, doch die Verwunderung seitens der Bevölkerung wich zusehends dem Staunen über den modernen Bau.
Bei der Eröffnung im Herbst 1962 machten die rundum holzverkleideten Klassenräume und deren beidseitige Versorgung mit Tageslicht Furore. Die Positionierung der Fenster in kindgerechter Augenhöhe wurde ebenso bestaunt wie die großzügige Aula und die breiten Korridore. Eine absolute Neuheit aber war der südseitig verglaste Gymnastiksaal am Ende des Ostflügels. Zwar wurde die Schule in Mischbauweise ausgeführt, ihre Gesamterscheinung wird jedoch innen wie außen von Holzbauteilen dominiert: von den in Ständerbauweise ausgeführten Nord- und Südwänden, der sichtbaren Holzkonstruktion mit den großflächigen Verglasungen im Aulabereich und den mächtigen Leimbindern der Dachstruktur. Handwerklich kamen durchwegs solide, einfache Techniken zum Einsatz. Dennoch stellte der Bau in dieser Hinsicht eine Herausforderung dar.
Zimmerer wurden damals vorwiegend mit der Errichtung von landwirtschaftlichen Gebäuden beauftragt, wobei auf die Qualität der sichtbaren Oberflächen wenig Wert gelegt wurde. Der im Inneren der Schule geforderte Verarbeitungsstandard des sichtbaren Holzes verlangte den Handwerkern also eine damals überdurchschnittliche Genauigkeit ab. »Für die Verglasung der Schulhalle sollten etwa Fälze in die konstruktiven Bauteile eingearbeitet werden. Dazu musste der Zimmerer die Präzision eines Tischlers an den Tag legen – das war für ihn völlig neu«, erklärt Jakob Albrecht. Das Ergebnis ist aus heutiger Sicht bemerkenswert. Hermann Nenning, Zimmerer der nachfolgenden Generation zur Ausführung des Baus: »Es ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit mit Holzoberflächen früher umgegangen worden ist.« »Doch genau das macht heute den Charme des Gebäudes aus«, ergänzt der Architekt Walter Felder, der mit der Sanierung des Baus betraut wurde.
Selbst mit den atmosphärischen Vorzügen des Holzes aufgewachsen, soll er nun die Hautpschule Egg in eine neue bautechnische Ära geleiten. Die geplanten Maßnahmen konzentrieren sich auf die bauphysikalische Nachrüstung der Schule, insbesondere in akustischer und thermischer Hinsicht. Dabei erweisen sich die vorhandenen Holzbauteile als ideal: Die Außenelemente der Nord- und Südwand können komplikationslos ausgebaut, in der Werkstatt gedämmt und anschließend wieder montiert werden. Zur akustischen Nachbesserung der Klassenzimmer wird die bestehende Täfelung ersetzt. Proportionen und Holzart der Täfer bleiben gleich, lediglich die Fugen werden offen gehalten. Raumkonzept, Lichtführung sowie Erschließung bleiben vom Umbau unberührt.
Brandschutztechnische Fragen regeln die zuständigen Beamten mit großer Gelassenheit. Im Fall der Schule Egg wurde, wie bereits bei ihrer Entstehung, auch für die Sanierung eine Sondergenehmigung erteilt. Diese betrifft die Holztäfelungen und -böden in den Klassen, die den aktuellen Schulbau- und Brandschutzverordnungen nicht entsprechen. Im Gegenzug mussten die Architekten Ersatzmaßnahmen einplanen, etwa zusätzliche Brandmelder und Löschgeräte.
Die Entstehungsgeschichte der Hauptschule Egg und ihr heutiger Stellenwert sind repräsentativ für die allgemeine Entwicklung des Holzbaus im öffentlichen Bereich seit 1945 in Vorarlberg. Albrechts Herangehensweise als junger Architekt trug entscheidend dazu bei, das verzerrte Image zu korrigieren: Sein determiniertes Handeln, sein Vertrauen in die Materialfähigkeiten und die Umsetzung von präzise durchdachten Details in die Praxis bilden rückblickend den Anfang der überzeugendsten Imagekampagne zur Wiedereinführung des Baustoffs Holz. (Zeitschrift Zuschnitt 27, 2007; Seite 17f.)
Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt
Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifel