Bauwerk

Lofthaus „3hausg9“
the sopht loft - Wien (A) - 2008

Wohnfabrik in kleinem Rot

Im 15. Wiener Gemeindebezirk wurde eine ehemalige Textilfabrik zum auffälligen Lofthaus umfunktioniert. Das Projekt von the sopht loft verkörpert den Mut zu Individualität: außen rosa, innen weiß, darüber grün.

6. Februar 2009 - Sabine Lintschinger
Rudolfsheim-Fünfhaus. Nicht gerade das, was man als Gegend zum Herzeigen bezeichnen würde. Auf den zweiten Blick entfaltet sich zwischen den Gründerzeithäusern und Gemeindebauten allerdings bunt durchmischtes Leben, voll von Wiener Originalen und Kindern aus aller Welt. Mittendrin, genauer gesagt in der Dreihausgasse 9, steht der rosarote Bau „3hausg9“, mit eigenwilligem Namen und eigenwilligem Charme.

An ihre Vergangenheit als britische Textilfabrik erinnern noch die weißen Kugeln mit der Aufschrift „Englisch Dekor“. An der Feuermauer prangt das aufgemalte Emblem der Firma. Nachdem einige Jahrzehnte lang zu wenig auf das Äußere des Gebäudes aus den bautechnisch überaus wilden Sechzigerjahren geachtet wurde, brauchte es zur Instandsetzung mehr als nur ein Facelifting.

„Das war die erste Vollwärmeschutzfassade meines Lebens“, erinnert sich Architektin Doris Kutscher vom Büro the sopht loft und lacht dabei. Und es ist das Beste, was man einem Bau aus dieser Zeit verpassen kann. Danach wurde ordentlich Farbe aufgetragen. Die Wahl zwischen Hellblau und Rosa fiel auf das „kleine Rot“, wie die Architektin sagt.

„Nein, die Farbe trifft bestimmt nicht den Allgemeingeschmack“, doch selbst die Professionisten auf der Baustelle, die anfangs noch Ressentiments gegen Rosa hegten, freundeten sich mehr und mehr damit an. Selbst der neue Panoramalift, in dem man nun mit Blick ins Grüne bis in den vierten Stock zischen kann, erstrahlt pinkfarben. Wenn schon, denn schon.

Auffallend sind die vielen Geländer. Sie umrunden das Penthouse am Dach, begrenzen die Balkone und verbinden die Wohnungen mit der Grünfläche. Die Fläche auf dem Dach ist ebenfalls unterteilt. Kutscher: „Wir waren der Meinung, dass von diesem Grün in der Stadt mehrere Leute profitieren sollten.“

Dem Bauherrn ging es vor allem darum, die Kommunikation im Haus zu fördern. Die einen gehen vom Hofgebäude über eine Brücke hoch, die anderen spazieren im zweiten Stock hin und her, wieder andere steigen vom dritten Stock hinab - und alle treffen einander auf der gleichen Dachterrasse, wo eine automatische Bewässerung den Gartenschlauch ersetzt und wo wahrscheinlich schon bald ein Mäh-Roboter seinen Dienst tun wird. Barfuß-Pausen in der Wiese kann man sich allemal gönnen, denn die Sonne meint es gut mit dem grünen Fleckchen im Fünfzehnten und bescheint es quasi den ganzen Tag über.

Viele Möglichkeiten im Loft

Das 300 Quadratmeter große Hofgebäude auf zwei Ebenen kann je nach Wunsch der künftigen Bewohner geteilt werden. Die Nutzugsmöglichkeiten reichen von Wohnung über Büro bis Atelier. Die Einheiten sind groß genug, um auch einer gemischten Nutzung zugeführt zu werden.

Innen herrscht nach wie vor Fabriksflair. Die weißen Wände, Decken und Böden können je nach Veranlagung überfordern oder zu ungebremster Kreativität anregen. Die Rippendecke unterstreicht den Industriecharakter, die Fabriks-Heizkörper tun ihr Übriges.

Das Dachgeschoß ist von einer umlaufenden Terrasse umgeben. Durch die vielen Glastüren fällt viel Licht und Sonne in die vier Wände. Mehr sind es in der Tat nicht, denn die Objekte werden im Rohbau, also ohne Innenleben, verkauft. Eine Klimaanlage bewahrt vor dem Schlimmsten. „Es ging darum, das Haus auf den heutigen Stand der Technik und des Komforts zu bringen und dabei den ursprünglichen Charakter beizubehalten“, sagt Kutscher. Was nicht mehr zu verwenden war, wie etwa die schönen, alten Fenster, wurde unerbittlich ersetzt. „Auch wenn einem dabei das Herz blutet.“

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