Bauwerk

Einfamilienhaus
Fügenschuh Hrdlovics Architekten - Innsbruck (A) - 2002
Einfamilienhaus, Foto: Günter Richard Wett
Einfamilienhaus, Foto: Günter Richard Wett

Ein Haus, das nicht schreit

Neue Häuser

Es bedurfte keiner spektakulären architektonischen Gesten, um die attraktive Lage eines Neubaus in Innsbruck zu inszenieren.

4. April 2003 - Franziska Leeb
Das Mittelgebirgsplateau Hungerburg ist eine der beliebtesten Wohngegenden Innsbrucks. Seit 1906 per Standseilbahn zugänglich gemacht, entstanden am Fuß der Nordkette die ersten Villen und Pensionsbauten. Mit Errichtung der Höhenstraße und der Nordkettenbahn in den Zwanzigern des 20. Jh. wurde die Gebirgskulisse schließlich für den Tourismus erschlossen und die bewaldeten Hänge für eine intensivere Siedlungstätigkeit interessant.

Die privilegierte Lage mit Blick über die ganze Stadt verführt Architekten gern dazu, mit oft dramatischen Gesten das Thema Ausblick zu inszenieren. Unweit der Talstation der Nordkettenbahn von Franz Baumann, einer der Inkunabeln der Tiroler Architekturgeschichte der Moderne, begegnete ein junges Tiroler Architektenpaar der eindrucksvollen Kulisse ganz ohne dramatisch übersteigertes Vokabular: Julia Fügenschuh und Christoph Hrdlovics hatten für das Einfamilienhaus ein nur 470 m² großes Grundstück in Steillage zur Verfügung. Wenig Platz, wenn man bedenkt, dass es darauf auch noch Autoabstellplätze für die Familie und Besucher unterzubringen galt.

Unter maximaler Ausnutzung der möglichen Ausdehnungen organisierten sie das Raumprogramm in einem parallel zum Hang stehenden Baukörper. Nähert man sich dem Haus über den seitlichen Zufahrtsweg, sieht man davon so wenig, dass man es glatt für ein Nebengebäude der benachbarten, ebenfalls zur gleichen Zeit entstandenen, aber ungleich stärker auf Repräsentation ausgelegten Villen halten könnte. Denn im Vergleich zu den meisten neueren Häusern in dieser exklusiven Wohngegend ist es von geradezu bescheidener Anmutung.

Dabei handelt es sich um kein Kleinsthaus. Die 136 m² Wohnnutzfläche sind sparsam auf drei Ebenen organisiert. Nach Osten und Norden tritt nur das Obergeschoß über Niveau in Erscheinung. Die dem Eingang an der Rückseite vorgelagerte Plattform dient als Autoabstellplatz, eine steile Rampe führt mit einem schmalen Wenderadius eine Ebene tiefer, wo es einen weiteren, nun von der Plattform gedeckten Abstellplatz für zwei Fahrzeuge gibt. Auch von hier führt ein Zugang in die mittlere Ebene des Hauses.

Das Stiegenhaus liegt parallel zur Nordwand. Die Funktionen Kochen, Essen und Wohnen finden Platz im großen Einraum der obersten Ebene, der nach Südwesten auf eine gedeckte Terrasse ins Freie erweitert wird. Ausblicke sind so gesetzt, dass nur die topographischen Schönheiten ins Sichtfeld gerückt werden und der Blick auf die Häuser der Umgebung sowie auch der Einblick von ihnen möglichst reduziert bleiben. Eine große Glasfront gibt es deshalb nur zur Terrasse hin. Talwärts rahmt den Panoramablick ein langer, über Eck laufender Schlitz mit tiefen, aus der Fassade auskragenden Laibungen. Und das Fenster wird zur Aussichtstheke. Nordfenster gibt es keines. Nur durch den beidseitig verglasten Windfang kommt Licht in die Eingangszone.

Doch was wäre ein Innsbrucker Haus ohne Blick auf die Nordkette? Den kann man ungetrübt von der Terrasse aus genießen durch einen präzise gesetzten Deckenschlitz entlang der Nordwand.

„Das Haus sollte auf keinen Fall schreien“, sagt Julia Fügenschuh. Dieses Bestreben nach bestmöglicher Einfügung in den Hang unterstützt die graue Farbgebung der Fassade. Glamouröseres Weiß wäre zu laut gewesen und hätte die talseitige Ansicht zu sehr betont.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Karin Kühbacher
Manfred Kühbacher

Tragwerksplanung

Fotografie