Bauwerk

Wohnhof Orasteig
PPAG - Wien (A) - 2009
Wohnhof Orasteig, Foto: Roland Krauss
Wohnhof Orasteig, Foto: Roland Krauss
12. April 2009 - Az W
In den 1990er Jahren, unter dem damaligen Planungsstadtrat Bernhard Görg stand in Wien die „Neue Siedlerbewegung“ auf dem Plan. Wohnen im Grünen zielte darauf ab, architektonisch-städtebauliche Angebote zu entwickeln, die mit den Wohnqualitäten des Einfamilienhauses konkurrieren können, aber höhere Dichten erzielen. Einer der damals auserkorenen Bauplätze befindet sich nahe dem Marchfeldkanal, unweit der Brünner Straße, im Norden von Wien.

Die Form der Siedlung war im Bebauungsplan festgelegt: eine Hufeisenform musste beplant werden, keine einfache Form für 169 Wohneinheiten. Die Wohnungen wurden mit kleinteiliger Erschließung und starkem Freiraumbezug in Bauklasse I errichtet. Jener Bauteil, der im Bebauungsplan als Zeile vorgegeben war, bietet rechtwinkelige, durchgesteckte Wohnungen. Im Halbrund, dem südlichen Abschluss des Bauplatzes, legt die Tiefgarage eine Geometrie fest, welche die geknickten Wände zwischen den Wohnungen und piranesische, dreieckige Stiegenhäuser ergibt.

Zwölf Farben kamen für die Fassade zum Einsatz. Das Farbkonzept hat in den Wohnungen seinen Ursprung: Die Innenwandfarbe – eine Wand wurde mit einem Farbton gestrichen– zieht sich nach außen auf die angrenzende Fassade. Der Eingriff in den Wohnraum schien einem der zwei Bauträger zu gewagt, er verzichtete auf die Farbgestaltung seitens der Architekten in den Wohnungen. Bei den Wohnungen des zweiten Bauträgers beließen beachtliche 80% der Bewohner die von den Architekten gewählte „starke“ Farbe im Wohnraum.

22 Stiegen erschließen die 169 Wohnungen im Prinzip der kurzen Wege zum Freiraum. Im ersten Dachgeschoss befindet sich ein durchgehender Erschließungsgang, der alle Stiegen miteinander verbindet. Die Bewohner werden am Orasteig künftig miteinander und nicht nebeneinander leben, so sieht es das Nachbarschaftskonzept vor. Im Unterschied zu Projekten wie der Sargfabrik, wo ein Wohnprojekt aus einer Gemeinschaft von Interessierten entstanden ist, wird die Gemeinschaft hier vom Büro raum & kommunikation initiiert. Bereits in der Bauphase wurden Treffen der künftigen Bewohner organisiert, mit dem Ziel, Nachbarschaft zu fördern: Interessensgemeinschaften für Nordic Walking, Vereinbarungen für Sommerfeste oder Nutzungen der Mieterbeete - die Entwicklung der Nachbarschaft wird hier nicht dem Zufall überlassen. Nach der Übergabe der Wohnungen wird das „Community Organizing“ ein Jahr lang die Bewohner betreuen, erst dann wird sich die Projektsteuerung aus dem Wohnhof zurückziehen, aus einer dann hoffentlich funkionierenden Nachbarschaft. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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