Bauwerk

Almdudler Headoffice
archiguards ZT GmbH - Wien (A) - 2009
Almdudler Headoffice, Foto: Gerald Zugmann
Almdudler Headoffice, Foto: Gerald Zugmann
Almdudler Headoffice, Foto: Matthias Silveri
27. September 2009 - Az W
Das neue Headoffice der Firma Almdudler in Wien wurde im Rahmen eines geladenen Wettbewerbs entworfen. Das als Siegerprojekt hervorgegangene Projekt konnte fast 1:1 in die Realität umgesetzt werden, da der Bauherr, die Familie Klein und die Geschäftsführung, einerseits anspornende Begeisterung für den Entwurf beziehungsweise selbst weitere kreative Inputs einbrachten.

Die Geschichte der Firma Almdudler, die Tradition des Produkts, die eigenständige Werbelinie der Firma und der ökologisch/biologische Ansatz des Getränks wurden vom Team studiert und in weiterer Folge interpretiert. Parallel dazu musste natürlich in die knappe Kubatur die perfekte Logistik der benötigten Flächen eingepasst werden, Tetris für Erwachsene: Marketing, Leitung, Vertrieb in innovativer räumlicher Beziehung zueinander.

So stellt sich etwa der Bezug zur Stadt Wien schon in der Wahl des Standortes dar; am Weg in den Weinort Grinzing prominent situiert, an der Schnittstelle zwischen Stadtgrau und Stadtgrün. Durch die Lage im Villengebiet wurde die Baumasse besonders behutsam an die Proportionen der Umgebung angepasst, die Linien nehmen die Höhenstrukturen der Gebäude und des Baumbestands auf. Einzig und allein der Dachausbau sitzt über den Baukronen und ist von unten kaum sichtbar.

Das Spiel mit Kontrasten, mit zeitübergreifenden Gegenüberstellungen beginnt mit einem Aussen-:innen Gegensatz: der weisse glatte Block wird durch eine rauhe hölzerne dynamische Schlucht in zwei Hälften gespalten: das geflämmte und gebürstete Holz mit seinen handwerklichen Spuren erhält Spannung durch seine dynamisch geschwungenen, computergenerierten Formen, die durch das Gebäude zu fließen scheinen. Es öffnet den Block für eine vertikale Erschließungsebene mit Treppen, Balkonen, Brücken und Einschnitten, ein vertikaler Hauptplatz, auf dem sich die Almdudler begegnen und kommunizieren, wie eine alte Dorfgemeinschaft.
Der Besucher tritt in dieses dreigeschossige Atrium durch eine gebäudehohe Glasfläche, die an dieser Stelle genau die Form der Almdudlerflasche bildet. Eine Neoninstallation inszeniert diesen Trick der Formgebung bei Nacht, eine sich horizontal drehende Spiegelkugel lässt Kohlensäure Bläschen aufsteigen. Ein Holzsteig führt auf einen grünen Hügel hinauf zum Besprechungsraum im ersten Stock. Von hier aus geht’s über freitragende Treppenläufe weiter in die Höhe. Wer noch nicht schwindelfrei ist, muss es noch trainieren, vielleicht gleich an der Kletterwand.
Als Abschluss führen die Eichentreppen durch den Flaschenhals in einen überraschenden Raum, der „Almhütte“, die als eigenständiger Besprechungsraum auf dem Dach und seiner Kräuterwiese aufsitzt. Hier funktioniert der Dialog Form und Material andersrum: Die Konstruktion aus modernster Brettschicht-Holztechnologie nimmt traditionelle Proportionen auf und destilliert sie auf das Elementare. Herrgottswinkel, Eckbank, Hirschgeweih und Eisenofen wärmen Herz und Seele. Draussen auf der Dachfläche, die sich mit den umliegenden Baumkronen zu einem riesigen Dachgarten verbündet, schweift der Blick über Stadt und Horizont.
Unten wurde das Erdgeschoss zur Öffentlichkeit hin aufgeständert um einen grosszügigen Ausstellungs und Seminarraum zu erzeugen, der die Schnittstelle zwischen der Almdudlerwelt und der Aussenwelt bildet. Die vorgesetzte Terrasse und raumgreifende Stützelemente verstärken Grösse und Bezug der Geste.
Darunter beherbergt das unvermutet große Untergeschoss logistische und dienende Funktionen, um das Treiben darüber davon freizuhalten, aber auch ein Kinderkino schiebt sich unter den grünen Hügel, um hier mangels einer sonst zu bestaunenden Abfüllanlage Aufklärungsarbeit über den Drink bei den Kleinsten zu schaffen.

Zwei Membranen aus massivem Holz durchdringen in sanften Wellen die gestapelten Bürogeschosse und schaffen einen vertikalen Hauptplatz, der Kommunikation, Orientierung, natürliche Belichtung und Identifikation ermöglicht. Dynamische Formen stehen im Dialog mit kubischen Strukturen. Schnelle Bauzeit, flexible Innenstruktur durch Standardbauteile, Ausnutzung wirtschaftlicher Achsensysteme – die vorgehängte handwerklich gefertigte Holzstruktur bildet die dynamische Komponente, die sich sowohl ins Atrium als auch in die Büroräume funktional und atmosphärisch auswirkt. (so dienen die Holzkörper etwa als Installationswand und Belüftungselemente)
Die Form der Flasche taucht nur im Bereich des Eingangs auf, ihre charakteristischen Kurven prägen aber das gesamte Ambiente. Die Wände werden nach Osten hin gerade, alle Kurven folgen geometrischen Regeln, um einfach baubar zu bleiben.

Durch einen Erdkollektor strömt über einen Luftbrunnen vorkonditionierte Luft in das Atrium, an seiner Oberseite wird mechanisch abgesaugt und im Winter Energie über einen Wärmetauscher rückgewonnen. Zusätzlich können zur Entlüftung die Brandrauchklappen geöffnet werden. Der Besprechungsraum im ersten Obergeschoss erhält eine Stützlüftung. Die Büroräume werden mittels bauteilaktivierter Betondecken versorgt bzw. über Plattenheizkörper unter den Fenstern beheizt. In Erdgeschossbereichen, u.a. im Atrium, ist zusätzlich eine Fussbodenheizung vorgesehen. Die Energie wird über Erdwärme (Tiefenbohrung) bezogen. Die Heizung ist als Niedrigtemperaturnetz ausgelegt (max. 45°C). Die Wärmepumpe wird für 100% des Bedarfs ohne Zusatzheizung mit Gas oder ähnlichem vorgesehen. Durch die Dachbegrünung und den außenliegenden Sonnenschutz, die hohe Speichermassen des Innen freiliegenden Betons und die biologisch bewerteten Materialien (z.B Teppiche aus Schafwolle, geöltes Sperrholz) wird ein angenehmes ausgeglichenes Raumklima erzielt. (Text: Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Almdudler-Limonade A. & S. Klein GmbH. & COKG

Tragwerksplanung

Fotografie