Bauwerk
Terrassenhaus „Die Bremer Stadtmusikanten“
ARTEC Architekten - Wien (A) - 2010
22. Februar 2010 - Az W
Zwischen dem Alltag des Wiener Wohnungsbaus und der Märchenwelt der Gebrüder Grimm lässt sich auf den ersten Blick kaum eine Gemeinsamkeit ausmachen. Doch Bettina Götz und Richard Manahl haben mit dem Projekttitel „Die Bremer Stadtmusikanten“ für die Stapelung unterschiedlicher Wohnungstypen und -größen eine Bezeichnung gefunden, die ein schlüssiges Konzept in ein anschauliches Bild übersetzt. Der städtebaulichen Umgebung in Wien-Kagran entsprechend (vor wenigen Jahren reihten sich in diesem Zielgebiet der Wiener Stadterweiterung noch die Folientunnel der Gemüsegärtner) wurde im Zuge eines Bauträgerwettbewerbs mit der engangierten Genossenschaft „Neues Leben“ ein semi-urbaner Typus (insgesamt 100 Wohnungen mit rund 20 Grundrissvarianten zwischen 40 und 115 qm) erarbeitet, der die Qualitäten des Einfamilien- oder Kleingartenhauses mit den Vorzügen einer städtischen Wohnanlage zu verbinden sucht. „Suburbane, zweigeschosshohe Typologien mit jeweils spezifischen, zugeordneten Freiräumen werden zu einem dichten, städtischen Paket gestapelt“, berichten die Architekten. „Zuunterst ein offenes Raumkonzept mit Galerie im hinteren Bereich und Garten vorgelagert, darauf gestellt eine Maisonette, orientiert zu einem Atrium, dann zweigeschossige Reihenhäuser mit Terrasse, und zuoberst Kleingartenhäuser mit Höfen zwischen den Häusern.“ Im straßenbegleitenden, mit einer doppelten Betonstützenreihe aufgeständerten Bauteil sind den eingeschossigen, fassadenseitig pro Fensterachse um 45° verschwenkten Wohnungen zweigeschosshohe Loggien vorgelagert, deren Plastizität durch eine vorgelagerte Gerüstschicht räumlich-geometrisch betont wird. Dieses alternierende Verschwenken der Blickrichtung hält das Gegenüber auf Distanz und erhöht in den Wohnungen den Tageslichteintrag. Die vorgelagerte Struktur aus verzinktem Stahlblech, deren Nutzung der Phantasie künftiger Bewohner überlassen bleibt, bot sich zudem für die unsichtbare Führung der Regenabfallrohre an, sodass die Physiognomie der Fassade von unschönen haustechnischen Elementen verschont blieb.
Die gesamte Anlage wurde in Ortbeton gegossen, wobei die Ganguntersichten und Gartenmauern als Sichtbeton verblieben und die „eingepackten“ Wände schlammgrau verputzt wurden. In den Erschließungsflächen blitzt im Kontrast dazu ein kräftiger Rotton (Treppenhäuser, Gemeinschaftsraum) bzw. ein leuchtendes Gelb (Laubengänge) hervor. Die oberste Stapelschicht, eine Klaviatur aus 15 Kleingartenhäusern mit hauseigenen Höfen, weist als wärmegedämmte Betonleichtkonstruktion die geringste Traglast auf. Die sich nach oben verjüngende Struktur der gestapelten Wohntypen bedingte einen hohen Außenwandanteil bzw. häufige Wechsel zwischen warmen und kalten Bauteilen, sodass zahlreiche Isokörben verbaut wurden, zudem wurde besonders in der vertikalen Ebene großes Augenmerk auf ein flächenbündiges Erscheinungsbild ohne störende Übergangsdetails gelegt. In der Untersicht der straßenseitigen Erdgeschossarkade bilden verputzte Teile (Wohnung) und Sichtbetonflächen (Loggia) ein signifikantes Relief. Die Offenheit des Straßentrakts wird durch die geräumige Erschließungshalle (die straßenseitig nur durch eine Streckmetallwand vom Gehweg abgetrennt ist) sowie den durchgängigen Asphaltboden verstärkt. Der Stadtraum reicht so in gewisser Weise bis an die Wohnungstür heran.
Entlang einer breiten Laubengang-Erschließung an der Ostseite stapeln sich die nach oben luftiger (und kleiner) konzipierten Wohnungstypen beidseitig eines Nord-Süd verlaufenden Grünraums an, der als Durchgangsraum offen bleibt. Nach Norden und Süden wurde die Bebauung entlang der Straßen nur in zwei Obergeschossen geschlossen, „ein Begriff von Privatheit und Definition gegenüber dem Strassenraum bleibt erhalten.“ Die den Wohnungen zugeordneten Freiflächen (meist eine Kombination von Loggia, Terrasse und bewuchsfähigem Grünstreifen) sind dank Umfassungsmauern und/oder alternierender Ausrichtung optimal blickgeschützt – der in vielen Wohnhausanlagen anzutreffende Zaunwildwuchs wird hier gewiss kein Thema sein.
Die Wohnungen sind mit französischen Fenstern ausgestattet, können quergelüftet werden, auch Küchen und Bäder sind durchwegs natürlich belichtet und belüftet. Zu den Vorzügen des privaten Wohn- und Freiraums gesellt sich auf der Dachebene des straßenbegleitenden Traktes ein Schwimmbecken mit niveauversetzter Liegewiese, die Kleinkinderspielplätze befinden sich in der Bebauungsmitte auf Terrassen. Die räumlich differenzierte Struktur mit geräumigen Laubenganghallen führt nicht nur verschiedene Wohnraumkonzepte in einer Bebauung zusammen, sondern birgt im Sockelbereich auch Reserven für kommende Nutzungen abseits der Monokultur Wohnen. Nach erfolgter Schlüsselübergabe (am 17.02.2010) darf man gespannt sein, wie sich dieser „starke Typus“ im eingewachsenen Zustand präsentiert. Dass dieser Typus in seiner konzeptionellen Schärfe Bestand haben wird, erscheint schon jetzt unzweifelhaft. (Text: Gabriele Kaiser)
Die gesamte Anlage wurde in Ortbeton gegossen, wobei die Ganguntersichten und Gartenmauern als Sichtbeton verblieben und die „eingepackten“ Wände schlammgrau verputzt wurden. In den Erschließungsflächen blitzt im Kontrast dazu ein kräftiger Rotton (Treppenhäuser, Gemeinschaftsraum) bzw. ein leuchtendes Gelb (Laubengänge) hervor. Die oberste Stapelschicht, eine Klaviatur aus 15 Kleingartenhäusern mit hauseigenen Höfen, weist als wärmegedämmte Betonleichtkonstruktion die geringste Traglast auf. Die sich nach oben verjüngende Struktur der gestapelten Wohntypen bedingte einen hohen Außenwandanteil bzw. häufige Wechsel zwischen warmen und kalten Bauteilen, sodass zahlreiche Isokörben verbaut wurden, zudem wurde besonders in der vertikalen Ebene großes Augenmerk auf ein flächenbündiges Erscheinungsbild ohne störende Übergangsdetails gelegt. In der Untersicht der straßenseitigen Erdgeschossarkade bilden verputzte Teile (Wohnung) und Sichtbetonflächen (Loggia) ein signifikantes Relief. Die Offenheit des Straßentrakts wird durch die geräumige Erschließungshalle (die straßenseitig nur durch eine Streckmetallwand vom Gehweg abgetrennt ist) sowie den durchgängigen Asphaltboden verstärkt. Der Stadtraum reicht so in gewisser Weise bis an die Wohnungstür heran.
Entlang einer breiten Laubengang-Erschließung an der Ostseite stapeln sich die nach oben luftiger (und kleiner) konzipierten Wohnungstypen beidseitig eines Nord-Süd verlaufenden Grünraums an, der als Durchgangsraum offen bleibt. Nach Norden und Süden wurde die Bebauung entlang der Straßen nur in zwei Obergeschossen geschlossen, „ein Begriff von Privatheit und Definition gegenüber dem Strassenraum bleibt erhalten.“ Die den Wohnungen zugeordneten Freiflächen (meist eine Kombination von Loggia, Terrasse und bewuchsfähigem Grünstreifen) sind dank Umfassungsmauern und/oder alternierender Ausrichtung optimal blickgeschützt – der in vielen Wohnhausanlagen anzutreffende Zaunwildwuchs wird hier gewiss kein Thema sein.
Die Wohnungen sind mit französischen Fenstern ausgestattet, können quergelüftet werden, auch Küchen und Bäder sind durchwegs natürlich belichtet und belüftet. Zu den Vorzügen des privaten Wohn- und Freiraums gesellt sich auf der Dachebene des straßenbegleitenden Traktes ein Schwimmbecken mit niveauversetzter Liegewiese, die Kleinkinderspielplätze befinden sich in der Bebauungsmitte auf Terrassen. Die räumlich differenzierte Struktur mit geräumigen Laubenganghallen führt nicht nur verschiedene Wohnraumkonzepte in einer Bebauung zusammen, sondern birgt im Sockelbereich auch Reserven für kommende Nutzungen abseits der Monokultur Wohnen. Nach erfolgter Schlüsselübergabe (am 17.02.2010) darf man gespannt sein, wie sich dieser „starke Typus“ im eingewachsenen Zustand präsentiert. Dass dieser Typus in seiner konzeptionellen Schärfe Bestand haben wird, erscheint schon jetzt unzweifelhaft. (Text: Gabriele Kaiser)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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