Mit einem Gähnen mögen sich trendbewusste Wohnprofis an den Minimalismus der 1990er Jahre erinnern, als jedes Wohnzimmer von einem asketischem Schweigen umflort war. Wer mit der Mode geht und sich gerne austauscht, liebt den Wandel und mitunter auch die dangerous liaisons des guten Geschmacks mit dem Kitsch.
Eine klassische Wiener Biedermeierwohnung, deren Grundrissstruktur unangetastet blieb, wurde mit großformatigen Möbelblocks gewissermaßen zerlegt und „neu formatiert“. Kosutic, der für seine Raum-im-Raum-Gestaltung bezeichnenderweise das Leitmotiv „Disneyland“ wählte, durchmischte in einer kühnen Collagetechnik Wohn- und Arbeitszonen und verwandelte die traditionelle Wohnung in ein loftartiges Gefüge, im dem die Grenzen zwischen den einzelnen Zimmern ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren. Die herkömmliche Ordnung der Räume ist einer exzentrischen Gestalt gewichen, die den stärksten Stimmungsschwankungen mit Begeisterung erliegt.

„Die bestehende Innenhaut der Wohnung wurde komplett saniert“, berichtet der Architekt, „der alte Stuck ausgebessert, ergänzt und im bestimmten Bereichen durch starke schwarz-weiße Kontraste farbig in ihrer Pracht betont“. Die Farbenpracht ist in der Tat frappant. Die neuen raumbildenden Möbel (aus weißem MDF, teils frei stehend, teils eingebaut) stehen als vergleichsweise schlichte Körper in einem mehr als beredten Gegensatz zur verspielten Bestandshülle, die wie eine Sequenz aus verschiedenen Filmszenen die Bewohner zwischen den Atmosphären zappen (zappeln?) lässt. Die intensiven Farb- und Musterwechsel „mit einer starken ironischen Note“ werden durch Designklassiker und eingefügte Kunstobjekte akzentuiert, als eigenständige Inseln „schwimmen sie in dem aus allen Perspektiven wahrnehmbaren Schwarz-Weiß-Ganzen“. Eine Mutprobe für den Gestalter und eine inszenatorische Herausforderung für die Bewohner. (Text: Gabriele Kaiser)