Bauwerk

Wohnüberbauung Burriweg
Frank Zierau - Zürich (CH) - 2002
Wohnüberbauung Burriweg, Foto: Heinrich Helfenstein
Wohnüberbauung Burriweg, Foto: Heinrich Helfenstein

Entwerfen jenseits schematischer Konzepte

Frank Zieraus unkonventionelle Bauten und Projekte

7. Februar 2003 - Peter Omachen
Der Zürcher Architekt Frank Zierau hat mit der Wohnüberbauung Burriweg in Zürich Schwamendingen ein eindrückliches Erstlingswerk vorzuweisen. Seine erfolgreichen Wettbewerbsbeiträge überraschen durch ihre aussergewöhnlichen, individuell entwickelten Lösungsansätze und machen neugierig auf weitere Realisierungen.

Die einundsechzig bescheidenen Reiheneinfamilienhäuser aus der Nachkriegszeit genügten heutigen Lebensgewohnheiten nicht mehr. Daher suchte die Bau- und Siedlungsgenossenschaft Vitasana mit einem Projektwettbewerb für die Neubebauung ihres Geländes in Schwamendingen nach innovativen Lösungen, die wegweisend für das Quartier im Norden Zürichs wirken sollten. Nach zweijähriger Bauzeit konnte im vergangenen Herbst die Überbauung Burriweg mit 86 grosszügigen Maisonettewohnungen fertiggestellt werden. Die ost-west-orientierten Zeilen folgen dem bewährten Vorbild der abgebrochenen Häuser. Neu ist hingegen das Übereinanderstapeln von je zwei doppelgeschossigen Wohneinheiten, die einzeln von aussen erschlossen sind. In einem unteren Eingangsgeschoss sind Küche und Entrée derart in zwei gegenüberliegenden Ecken des annähernd quadratischen Grundrisses angeordnet, dass sich der Wohn- und Essbereich als spannungsreicher Raum diagonal dazwischenschiebt.

Das Besondere an der Siedlung sind jedoch die zweigeschossigen Laubentürme, die als Gartenersatz zwischen den Häuserzeilen stehen. Die schlichten Stahlkonstruktionen evozieren mit ihren Ausfachungen aus kreuzweise diagonal angeordneten Lärchenholzleisten Bilder traditioneller Gartenarchitekturen, obschon sie in dieser Form neuartig sind. Sie lösen das Problem des privaten Aussenraums in einer stark verdichteten Überbauung und verleihen dieser einen unverwechselbaren Charakter. Hier zeigt sich die Stärke des Architekten Frank Zierau. Er entwickelt seine Entwürfe frei von Ideologien, streng bezogen auf Funktion und Benutzer. Dabei geht er die Entwurfsprobleme offensiv an, was zu unkonventionellen, innovativen Lösungsansätzen führt.

Skulpturale Mensa

Fast unbeantwortbar schien die Frage nach einem alternativen Standort für das zu ersetzende Mensa-Provisorium auf dem Gelände der Alten Kantonsschule in Aarau. Der innerstädtische Planungsperimeter wird bestimmt durch die historische Parkgestaltung mit altem Baumbestand und verschiedenen, mehrheitlich denkmalgeschützten Schulbauten. In einer spitzwinkligen Ecke des Schulgeländes, begrenzt von zwei stark frequentierten Durchgangsstrassen, steht das eigenartige Schulhochhaus von 1969 als achtgeschossiger, verglaster Kubus. Während die übrigen Wettbewerbsteilnehmer im vergangenen Jahr erfolglos nach alternativen Standorten im Parkgelände suchten, placierte Zierau sein erstrangiertes Projekt als bumerangförmigen Bau um den Hochhaussockel am exponiertesten Grundstücksbereich, der auf den ersten Blick als Bauplatz gar nicht in Frage kam. Damit schuf er durch den neu entstehenden Hofraum zwischen seinem eingeschossigen Winkelbau und den Hochhausarkaden, an einer bisher unwirtlichen Stelle, einen geschützten Ort bei gleichzeitiger Schonung der intakten Parklandschaft.

Geradezu ideal eignet sich der nur wenige Meter breite, zweifach abgewinkelte Baukörper für die ihm zugedachte Nutzung: In der Mitte befindet sich die Essensausgabe mit dahinter liegender Küche und direkter Anlieferung von der Strasse her, in den beiden Seitenflügeln sind die Cafeteria und die Mensa mit zahlreichen Fensterplätzen untergebracht. Der besondere Clou ist das befahrbare Flachdach, das über dem Mensaflügel als Rampe ausgebildet ist. Es wird in Zukunft die Lehrerparkplätze aufnehmen, die heute mitten im Park liegen.

Selbstverständliche Entwürfe

Die Kontinuität in Zieraus Entwürfen zeigt sich nicht in formalen Aspekten, sondern in der Intensität der Auseinandersetzung mit der Aufgabe. Er pflegt keinen persönlichen Stil, sondern setzt die architektonischen Mittel so ein, wie es seine zumeist überraschenden Konzepte erfordern. Der 1961 in Norddeutschland geborene Frank Zierau hat in Hannover und an der ETH Zürich studiert. Anschliessend arbeitete er in verschiedenen namhaften Büros in Deutschland und der Schweiz, darunter bei Marcel Meili und Markus Peter. Gleichzeitig war er als Assistent an Entwurfslehrstühlen in Zürich und Karlsruhe tätig. Seit 1997 führt er ein eigenes Architekturbüro.

Die gesellschaftliche Verpflichtung zum sorgfältigen Umgang mit den Ressourcen wird in Zukunft die Verdichtung bestehender Bebauungen zur Hauptaufgabe des Baugewerbes werden lassen. Zierau hat hier gute Zukunftsaussichten. Mit seinen Projekten gelingt es ihm, individuelle, überraschende Lösungsansätze jenseits schematischer Konzepte aufzuzeigen. Doch letztlich ist es die Selbstverständlichkeit ihrer Erscheinung, die die aussergewöhnlichen Entwürfe Frank Zieraus so attraktiv macht.

[Frank Zierau stellt seine Arbeiten am 12. Februar um 18 Uhr 30 im Architekturforum Zürich am Neumarkt 17 vor.]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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