Bauwerk

Kolping House „Attended Living“
Otto Häuselmayer - Wien (A) - 2003
Kolping House „Attended Living“, Foto: Margherita Spiluttini
Kolping House „Attended Living“, Foto: Margherita Spiluttini

Wohnen mit Kinderwagen und Rollstuhl

Der Wiener Architekt Otto Häuselmayer hat im zehnten Wiener Gemeindebezirk einen Lebenstraum verwirklicht. Das Projekt „Generationenverbindendes Wohnen“ vereint Jungfamilien und Senioren in mehreren miteinander verbundenen Wohnhäusern mit 650 Einheiten. Es soll ein Modellfall für soziales Wohnen und Leben von morgen werden.

17. Oktober 2003 - Judith Grohmann
Acht Jahre lang hat er es geplant, daran herumgefeilt und unzählige Skizzen angefertigt. Bis es sein Meisterstück wurde. Otto Häuselmayer lächelt heute verschmitzt, wenn er durch „seinen Lebenstraum“ marschiert. Eiligen Schrittes natürlich. Er will ja alles zeigen. „Hier ist der erste Trakt, da der zweite, da der dritte: der ist von mir ausgeführt. Er wird jetzt von Kolping Österreich geführt“, schildert er in Windeseile.

Weiß-grau-grün und orange sind die acht Häuserzeilen, dazwischen viele Bäume und Blumen, ein Kinderspielplatz - er wirkt wie gerade erst errichtet. Alles ist sehr hell und freundlich. Viel Glas und Stahl machen die Bauten hypermodern. Die Seitenwände der Treppenhäuser sind aus Birnenholz, die Gänge in den Häusern lichtdurchflutet. Insbesondere im Kolpinghaus „Gemeinsam Leben“: dort hat Häuselmayer für „seine Bewohner“ sogar Ruhezonen geschaffen. Es sind lichtdurchflutete Zonen, die zum Verweilen animieren sollen oder zum Meditieren und Entspannen. „Einen japanischen Ziergarten mit Teich gibt es auch“, erklärt der Wiener Stararchitekt. Und eine Empfangshalle mit Tischen und Stühlen von Wiesner-Hager, die liebevoll „Markthalle“ genannt wird, und wo der Sonntagsbrunch vorprogrammiert ist.

Weiter geht es zum Mutter-Kind-Haus: Da spielen die Volksschüler Thomas und Rudi gerade in der Kinder-Sonneninsel. Sie ist ein sozialer Treffpunkt für die Kids - mit Büchern, Spielsachen und einem großen Spielplatz. Es gibt in jedem der fünf Stockwerke des Hauses mehrere davon. Mit großen Glasfenstern und hohen Wänden hat man den Eindruck, man befände sich in einem riesigen Loft.

Was Häuselmayer hier so begeistert, ist das Kernstück einer Wohnanlage im zehnten Wiener Gemeindebezirk, am ehemaligen Gelände der Schmidtstahl-Gründe, begrenzt durch die Favoritenstraße, die Maria-Rekker-Gasse und die Katharinengasse. Dort entstanden in 18-monatiger Bauzeit in diesem Frühjahr unter dem schillernden Namen „City X“ 650 Wohnungen für Jung und Alt, ein Neubau für die Baupolizei, eine Schule, ein Kindergarten, ein Mutter-Kind-Wohnheim sowie eine Alten- und Krankenpflegestation samt angeschlossener Geschäftszeile.

Das absolut Neuartige an dem Projekt: Erstmals wird in Österreich unter dem Motto „Jung und Alt unter einem Dach“ das Modell des generationenverbindenden Wohnens umgesetzt. Neben Wohneinheiten für selbstständiges und betreutes Wohnen und mehreren Pflegestationen gibt es in unmittelbarer Nähe des Hauses auch Wohnungen für jüngere Familienangehörige. „So können diese ihre im Kolpinghaus lebenden Angehörigen betreuen oder aber auch die älteren Menschen ihre Kinder und Enkelkinder sehen, so oft sie das wollen“, sagt Peter Edelmayer, Geschäftsführer des Kolping-Projektes.

„Was hier verwirklicht wurde, ist eine Oase für junge und alte, gesunde und pflegebedürftige Menschen“, freut sich Ludwig Zack, Bundespräses von Kolping Österreich. Das Aufeinandertreffen mehrerer Generation fördere die Solidarität zwischen den Altersgruppen, wirke psychisch positiv und aktiviere außerdem die Selbsthilfepotenziale der älteren Generation, so Zack weiter. Die Wohnsituation im Kolpinghaus soll sich nicht nur durch die Betonung auf Freizeitmöglichkeiten und Hotelleistungen auszeichnen, sondern insbesondere durch das Ermöglichen von sozialen Kontakten zwischen den Generationen und gegenseitige soziale Unterstützung.


Rüstige Herrschaften

Ein ähnliches Projekt soll in Favoriten nächstes Jahr fertig gestellt werden: Unter dem Namen „gemeinsam Wohnen“ entstehen derzeit in der Troststraße 73-75 unter der Ägide der Gesiba rund 140 geförderte Mietwohnungen, davon 42 für Senioren. So können Familien mit Kindern ganz in der Nähe der Großeltern leben, ohne einander auf die Nerven zu gehen. „Wir wollen damit gemeinsames Wohnen von Jung und Alt fördern“, sagt Ewald Kirschner, Generaldirektor der Gesiba. Für die ältere Generation sei vor allem die Möglichkeit, in Appartements zu wohnen und „zu wissen, dass man in ein soziales Geflecht eingebettet sei, sehr wichtig“, so Kirschner weiter. Für die „rüstigen Herrschaften“ sind Kegelbahn, Gymnastiksaal, Sauna und Solarium sowie eine Bibliothek vorgesehen.

Im Krankheitsfall sind neben einem 24-Stunden-Notruf-Telefon und verschiedenen Labors auch drei praktische und sechs Fachärzte samt einer Betreuungsstation vorhanden. Angeboten werden weiters ein Wäschedienst, ein Reinigungs-, ein Einkaufs- ein Medikamenten- und ein Haustechnikerservice. „Der älteren Generation wollen wir damit ermöglichen, so lange es geht, selbstständig zu bleiben“, sagt der Gesiba-Chef.

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