Bauwerk
Architekturzentrum Amsterdam - Arcam
René van Zuuk - Amsterdam (NL) - 2003
Augenaufschlag am Hafen
Amsterdams neues Architekturzentrum Arcam
Amsterdams Architekturzentrum Arcam konnte diese Woche seinen neuen, aufregend gestalteten Sitz im Hafengebiet der holländischen Metropole einweihen. Errichtet wurde das exzentrische Gebäude von René van Zuuk, einem jungen Vertreter der an erfolgversprechenden Talenten reichen niederländischen Architekturszene.
24. Oktober 2003 - Klaus Englert
«Es ist doch ein ziemlich konventionelles Gebäude, zudem hat es die üblichen drei Geschosse. Also mit einem ‹Blob›, einer computergenerierten tropfenförmigen Architektur, hat es nichts gemeinsam.» Man könnte fast meinen, Maarten Kloos, der Direktor des diese Woche an der Prins Hendrikkade in einem Neubau wiedereröffneten Amsterdamer Architekturzentrums Arcam, möchte die Besucher des Neubaus abwimmeln. Aber diese lassen sich ihre hoch gespannten Erwartungen nicht nehmen. Man kommt unter anderem hierher, um einen Neubau zu besichtigen, der selbst im avantgardistisch umgestalteten Amsterdamer Hafenquartier hervorsticht.
Kloos gibt aber zu, dass das Arcam (Architectuur Centrum Amsterdam) nicht irgendein Gebäude haben wollte. Immerhin stehe man als eine Stiftung, die sich für die Architektur Amsterdams einsetze, etwas im Rampenlicht. Zwar wäre man nicht abgeneigt gewesen, einen Star zu engagieren. Doch ebenso gerne wollte man einem jungen Architekten eine Chance geben, der das Programm des Arcam in eine prägnante architektonische Erscheinung umsetzen konnte. Die Mitarbeiter der Stiftung hatten sich schon auf ein wochenlanges Auswahlverfahren vorbereitet. Doch dann einigte man sich schnell auf René van Zuuk, einen jungen Baukünstler aus dem benachbarten Almere. Van Zuuk hatte bereits mit seinem dekonstruktivistischen Atelier einiges Aufsehen erregt und ebenso mit einem aus zwei L-förmigen Betonschalen bestehenden Ausstellungspavillon in Flevoland. Unlängst wurde er sogar vom Vordenker der niederländischen Architektur, Rem Koolhaas, eingeladen, zusammen mit internationalen Architekten in Almere die «holländische Stadt des 21. Jahrhunderts» mitzugestalten.
Das Arcam, das bisher in beengten Räumlichkeiten am Waterlooplein untergebracht war, hatte sich einen schwierigen, aber attraktiven Standort ausgesucht, auch wenn die bebaubare Fläche an der Prins Hendrikkade lediglich 211 Quadratmeter betrug. Dafür besitzt nun der Neubau einen freien Blick über das Hafenbecken des Oosterdok bis hin zum Schifffahrtsmuseum und zu Renzo Pianos Wissenschaftsmuseum «Nemo». Maarten Kloos ist überzeugt davon, dass man kaum einen besseren Standort in Amsterdam hätte finden können. Hier, am Rande des Zentrums, sei man weit genug weg vom Touristenrummel, aber mittendrin in einer aktiven, im architektonischen Umbruch begriffenen städtischen Szenerie. Kloos hofft, dass nun im Städtedreieck von Amsterdam, Rotterdam und Den Haag das Interesse für architektonische Belange weiter zunimmt, denn das Arcam werde versuchen, neben dem Niederländischen Architekturinstitut (NAI) in Rotterdam und dem Amt von Rijksbouwmeester Jo Coenen in Den Haag seinen Einfluss geltend zu machen.
Weiterhin bleibt es jedoch das vorrangige Ziel des Arcam, den Bürgern die Baupolitik Amsterdams zu vermitteln. Auch verstehe man sich als eine Kontrollinstanz für Baukultur und gebe deshalb im Zweijahresrhythmus eine Publikation zu gelungenen Gebäuden in der holländischen Hauptstadt heraus. Im eigenen Haus möchte man zudem die Information verbessern. Dem Besucher stehen zahlreiche Bücher, Zeitschriften und Broschüren zur Verfügung. Im Parterre geben Ausstellungen Einblick in die neuesten architektonischen Entwicklungen. Das Souterrain hingegen ist Zusammenkünften vorbehalten, während das Obergeschoss für die Mitarbeiter als heller, durch Glaswände unterteilter Bürotrakt gestaltet wurde. Der grösste Vorzug des Neubaus - davon ist Maarten Kloos überzeugt - liege darin, dass alle drei Ebenen durch Galerien und Lufträume miteinander verbunden und somit Teil des Ganzen sind.
Das Arcam stellte nicht nur hohe Anforderungen an die Bauqualität, sondern wollte auch ein Gebäude mit jeweils unterschiedlichen Fassaden: zur Strasse hin eher geschlossenen, zum Hafen hin hingegen offenen. Van Zuuk hat dieses Problem fast spielend gelöst. Nach einigen Versuchen am Modell gelang ihm eine bezwingende Form, die tatsächlich an die derzeit beliebte neo- organische «Blob»-Architektur denken lässt: Die verformte Haut aus Aluminium und Zink, welche Fassade und Dach ineinander übergehen lässt, schnitt er auf. Dieser Augenaufschlag am Hafen gewährt nun Einblick in das Parterre und in das Obergeschoss. Für den rückwärtigen, tiefer liegenden Gebäudeteil wählte van Zuuk eine durchlaufende Glasfassade mit zurückhaltender Profilierung. - Zum Schluss gibt van Zuuk eine Anekdote zum Besten: Eigentlich sei es ein Glücksfall gewesen, dass er genau an dieser Stelle das neue Arcam bauen konnte. «Denn hier stand zuvor der von Renzo Piano errichtete Eingangspavillon zum ‹Nemo›. Da man mit der Zeit keine Verwendung mehr für ihn hatte, wurde er abgerissen. Allein Betonstützen und Betondecke blieben stehen und sollten in den Arcam-Neubau integriert werden.» Der argwöhnisch gewordene Piano befürchtete eine Kopie des eigenen Pavillons, doch zu guter Letzt war er voll des Lobes für van Zuuks «Blob»-Entwurf.
[Arcam, Prins Hendrikkade 600 (www.arcam.nl). Eröffnungsausstellung «Open due to Redevelopment». Eintritt frei.]
Kloos gibt aber zu, dass das Arcam (Architectuur Centrum Amsterdam) nicht irgendein Gebäude haben wollte. Immerhin stehe man als eine Stiftung, die sich für die Architektur Amsterdams einsetze, etwas im Rampenlicht. Zwar wäre man nicht abgeneigt gewesen, einen Star zu engagieren. Doch ebenso gerne wollte man einem jungen Architekten eine Chance geben, der das Programm des Arcam in eine prägnante architektonische Erscheinung umsetzen konnte. Die Mitarbeiter der Stiftung hatten sich schon auf ein wochenlanges Auswahlverfahren vorbereitet. Doch dann einigte man sich schnell auf René van Zuuk, einen jungen Baukünstler aus dem benachbarten Almere. Van Zuuk hatte bereits mit seinem dekonstruktivistischen Atelier einiges Aufsehen erregt und ebenso mit einem aus zwei L-förmigen Betonschalen bestehenden Ausstellungspavillon in Flevoland. Unlängst wurde er sogar vom Vordenker der niederländischen Architektur, Rem Koolhaas, eingeladen, zusammen mit internationalen Architekten in Almere die «holländische Stadt des 21. Jahrhunderts» mitzugestalten.
Das Arcam, das bisher in beengten Räumlichkeiten am Waterlooplein untergebracht war, hatte sich einen schwierigen, aber attraktiven Standort ausgesucht, auch wenn die bebaubare Fläche an der Prins Hendrikkade lediglich 211 Quadratmeter betrug. Dafür besitzt nun der Neubau einen freien Blick über das Hafenbecken des Oosterdok bis hin zum Schifffahrtsmuseum und zu Renzo Pianos Wissenschaftsmuseum «Nemo». Maarten Kloos ist überzeugt davon, dass man kaum einen besseren Standort in Amsterdam hätte finden können. Hier, am Rande des Zentrums, sei man weit genug weg vom Touristenrummel, aber mittendrin in einer aktiven, im architektonischen Umbruch begriffenen städtischen Szenerie. Kloos hofft, dass nun im Städtedreieck von Amsterdam, Rotterdam und Den Haag das Interesse für architektonische Belange weiter zunimmt, denn das Arcam werde versuchen, neben dem Niederländischen Architekturinstitut (NAI) in Rotterdam und dem Amt von Rijksbouwmeester Jo Coenen in Den Haag seinen Einfluss geltend zu machen.
Weiterhin bleibt es jedoch das vorrangige Ziel des Arcam, den Bürgern die Baupolitik Amsterdams zu vermitteln. Auch verstehe man sich als eine Kontrollinstanz für Baukultur und gebe deshalb im Zweijahresrhythmus eine Publikation zu gelungenen Gebäuden in der holländischen Hauptstadt heraus. Im eigenen Haus möchte man zudem die Information verbessern. Dem Besucher stehen zahlreiche Bücher, Zeitschriften und Broschüren zur Verfügung. Im Parterre geben Ausstellungen Einblick in die neuesten architektonischen Entwicklungen. Das Souterrain hingegen ist Zusammenkünften vorbehalten, während das Obergeschoss für die Mitarbeiter als heller, durch Glaswände unterteilter Bürotrakt gestaltet wurde. Der grösste Vorzug des Neubaus - davon ist Maarten Kloos überzeugt - liege darin, dass alle drei Ebenen durch Galerien und Lufträume miteinander verbunden und somit Teil des Ganzen sind.
Das Arcam stellte nicht nur hohe Anforderungen an die Bauqualität, sondern wollte auch ein Gebäude mit jeweils unterschiedlichen Fassaden: zur Strasse hin eher geschlossenen, zum Hafen hin hingegen offenen. Van Zuuk hat dieses Problem fast spielend gelöst. Nach einigen Versuchen am Modell gelang ihm eine bezwingende Form, die tatsächlich an die derzeit beliebte neo- organische «Blob»-Architektur denken lässt: Die verformte Haut aus Aluminium und Zink, welche Fassade und Dach ineinander übergehen lässt, schnitt er auf. Dieser Augenaufschlag am Hafen gewährt nun Einblick in das Parterre und in das Obergeschoss. Für den rückwärtigen, tiefer liegenden Gebäudeteil wählte van Zuuk eine durchlaufende Glasfassade mit zurückhaltender Profilierung. - Zum Schluss gibt van Zuuk eine Anekdote zum Besten: Eigentlich sei es ein Glücksfall gewesen, dass er genau an dieser Stelle das neue Arcam bauen konnte. «Denn hier stand zuvor der von Renzo Piano errichtete Eingangspavillon zum ‹Nemo›. Da man mit der Zeit keine Verwendung mehr für ihn hatte, wurde er abgerissen. Allein Betonstützen und Betondecke blieben stehen und sollten in den Arcam-Neubau integriert werden.» Der argwöhnisch gewordene Piano befürchtete eine Kopie des eigenen Pavillons, doch zu guter Letzt war er voll des Lobes für van Zuuks «Blob»-Entwurf.
[Arcam, Prins Hendrikkade 600 (www.arcam.nl). Eröffnungsausstellung «Open due to Redevelopment». Eintritt frei.]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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