Bauwerk

Haus KiKo
Ohnmacht Flamm Architekten - Zirl (A) - 2009
Haus KiKo, Foto: Henning Koepke
Haus KiKo, Foto: Henning Koepke

Haus für eine Familie

2. Dezember 2011 - aut. architektur und tirol
Das Grundstück am Ortsrand von Zirl hatte die Bauherrenfamilie bereits vor Jahren erworben, ein Stück grüne Wiese, umgeben von damals noch freien Parzellen mit Ausblick in die Schwemmlandwiesen des Inns und die umgebende Bergwelt. Bis Planungsbeginn war die unmittelbare Umgebung jedoch bereits sehr heterogen und dicht bebaut worden. Gemeinsam mit der Bauherrenfamilie wurde das Ziel formuliert, diese Umgebung auszublenden und sehr gezielt Ausblicke in die freie Landschaft zu gewähren. Für die beruflich sehr engagierten Eltern sollte das Haus großzügige und auf Garten und Berglandschaft bezogene Räume und damit Rückzug und Erholung bieten. Die beiden Töchter wünschten sich ein Turmhaus, in dem die Räume übereinander gestapelt sind, und einen Sportplatz oder „Hof“.

In einer offenen Diskussionskultur mit den Bauherren wurden die „gesicherten Pfade“ eines konventionellen Einfamilienhauses verlassen und das Projekt schrittweise vom Entwurfskonzept bis zu Ausführungsdetails entwickelt. Dabei konnten gestalterische Entscheidungen bewusst offen gehalten werden konnten, um die „Dinge ihren Platz finden zu lassen“. Das daraus entstandene räumliche Konzept sieht eine Umkehrung des „normalen“ freistehenden Einfamilienhauses vor: die dienenden Räume im Erdgeschoss werden mit den beiden Garagen zu geschlossenen Baukörpern zusammengefasst und als Abstandsgrün an die Grundgrenzen geschoben. Dazwischen spannt sich ein großer, zum Garten hin offener Wohnraum auf. Die Oberflächen der abstandsgrünen Boxen sind als Möbelschichten ausgebildet, alle geschlossenen Schränke sowie die Küche verschwinden flächenbündig darin.

Darüber liegt das Obergeschoss als kompaktes Volumen auf einer umlaufenden Glasfuge. Es beherbergt in einem sehr dichten räumlichen Gewebe die Schlafräume und Kinderzimmer. Zentrum und Verteiler ist eine Diele mit Arbeits- und Leseplätzen. Sie bietet die einzigen direkten Sichtverbindungen zur Straße: zwei Halbkugeln aus Acrylglas, in denen durchsichtige Bubble Chairs ein Pendeln zwischen Innen- und Außenraum ermöglichen. Alle anderen Fassadenöffnungen sind als schmale, keilförmige Scheuklappen aus der Fassade herausgedrückt. Sie bieten definierte Ausblicke und verbinden das Innere direkt, oder indirekt über Spiegelflächen, mit der Landschaft. Als nicht raumhohe Nischen ausgeführt, dürfen sie in die Mindestabstandsflächen hineinragen; sie beherbergen u.a. die Waschtische der Bäder. Überhaupt wird das Grundstück zu den Nachbarn hin baurechtlich maximal genutzt, um einen großzügigen, der Landschaft zugewandten Raum aufzuspannen.

Von der Strasse aus werden nur wenige Einblicke ins Innere gewährt, das zurückversetzte Erdgeschoss und der frei zugängliche, mit einem (noch nicht montierten) Basketballkorb ausgestattete asphaltierte Spielraum vor dem Haus legen ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Raum ab und dienen als erweiterter Kommunikationsraum der Kinder. Ein hoher Vertikalraum mit Himmelsblick verbindet alle Ebenen miteinander, vom Kletterraum im Untergeschoss bis zu den Innenfassaden der Schlafemporen der Kinder ganz oben. Durch die großflächige Nordverglasung des Sheddachs fällt Zenitlicht bis in die Tiefe des Hauses, und die Kinder können von ihren Schlafemporen über die Dächer der Nachbarhäuser hinweg in die Bergwelt blicken.

Auf einen sehr ökonomischen Umgang mit Raum wurde Wert gelegt: insbesondere im Obergeschoss sind die Räume sehr dicht miteinander verwoben, räumliche Großzügigkeit entsteht durch die Überlagerung der vielfältigen horizontalen und vertikalen Bezüge. Die Energiebilanz nach dem ersten Jahr seiner praktischen Nutzung weist äußerst niedrige Energiekosten nach. Trotz großer Glasflächen, einer plastischen Gebäudeform und der Verwendung konventioneller Wandaufbauten und Verglasungen kommt der Energieverbrauch dem eines Passivhauses nahe. (Text: Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: aut. architektur und tirol

Ansprechpartner:in für diese Seite: Claudia Wedekindclaudia.wedekind[at]aut.cc

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Ursula Kiechl-Kohlendorfer
Stefan Kiechl

Tragwerksplanung

Fotografie