Bauwerk
Umfassende Sanierung Sporgasse 12 und 14
Christian Andexer - Graz (A) - 2011
Ein Schmetterling, geschlüpft aus dem Strehly-Haus
18. Oktober 2012 - HDA
Im denkmalgeschützen und stadtbekannten „Strehly-Haus“ (benannt nach der bis 2009 bestehenden, beliebten Konditorei) in der Grazer Sporgasse wurden vom Architekten Christian Andexer im Rahmen einer umfassenden Sanierung Geschäftsflächen und 21 Wohnungen mitten im UNESCO-Weltkulturerbe geschaffen. Von außen bleiben die sensiblen Eingriffe im 1596 erstmals erwähnten Haus Sporgasse 12 und dem später entstandenen Haus Nr. 14 so gut wie unsichtbar. Nur der elegant beleuchtete Durchgang in den Innenhof deutet darauf hin, dass hinter der restaurierten Fassade doch um einiges mehr passiert ist.
Gerade in einer baukulturell wertvollen Altstadt wie der von Graz ist es unbedingt notwendig, neuen, zeitgemäßen Wohnraum zu entwickeln, um ein lebendiges städtisches Leben zu erhalten und zu forcieren. Im historischen Kern von Graz wurde über Jahrhunderte immer gewohnt, Handel getrieben und gearbeitet. Eine Politik der ausschließlichen Konservierung würde diese Qualitäten gefährden. Der kontinuierlichen Veränderung von Nutzung, Sozialstruktur und wirtschaftlicher Entwicklung muss auch räumlich Rechnung getragen werden, die baulichen Strukturen müssen – mit Respekt vor dem historischen Bauerbe – den heutigen Anforderungen angepasst werden. Andexer, der sich intensiv mit dem Bauen in sensiblem Bestand beschäftigt, betont, dass die Authentizität und Integrität der Altstadt auf keinem Fall kompromittiert werden dürfen. Ebenso wenig dürfe bei Interventionen aber der Mut fehlen, das Neue hin und wieder aus dem Alten herausschauen zu lassen. Die Integration hochwertiger zeitgenössischer Architektur in das historisch gewachsene Ensemble ist eine spezifische Qualität von Graz. Darauf weist auch die Begründung für die Ernennung der Grazer Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe explizit hin. Dieses Potenzial sollte sowohl aus kulturellen als auch aus wirtschaftlichen Gründen (als Alleinstellungsmerkmal im Städtewettbewerb) forciert werden.
Die Revitalisierung des „Strehly-Hauses“ richtet sich mit Wohnungsgrößen zwischen 30 und 90 m² vor allem an junge Menschen und „Rückkehrer“ in die Stadt. Obwohl auf dem Papier „nur“ den Standards des sozialen Wohnbaus entsprechend, bieten die Wohnungen atmosphärische Qualitäten, die in einem Neubau nie erreicht werden können. Die Räume beinhalten die Struktur und damit alle Eigenheiten des Bestandes. Individuelle Lösungen lassen abwechslungsreiche und spannende Innenräume entstehen: Stark variierende Raumhöhen, teilweise ziemlich schräge Holz-Riemendecken aus der Renaissance und schiefwinkelige Verschneidungen geben jedem Raum einen einzigartigen Charakter. Raffinierte Details wie die schrägen Unter- und Oberkanten der Gaube, die sich am Gefälle der Sporgasse orientieren, fügen sich wie von selbst in dieses Umfeld.
Die Grundrisse sind über die volle Tiefe von 20 Metern durchgesteckt und verwandeln die Wohnungen mit der meist mittig positionierten Sanitärbox in „Mikro-Lofts“ mit einer Belichtung und Belüftung von beiden Seiten. Dafür wurde zusätzlich zum renovierten Arkadenhof, in dem historische Säulen freigelegt wurden, ein neuer Lichthof herausgebrochen. Der ursprünglich mittelalterliche Bestand hielt auch für die Statiker eine Überraschung bereit: Während der Bauarbeiten wurde entdeckt, dass sich die Häuser der Sporgasse gegenseitig abstützen und damit auch konstruktiv nicht völlig isoliert von ihren Nachbarn betrachtet werden können. Die Erschließung geschieht über ein offenes Stiegenhaus und Laubengänge, der Hof auf dem Niveau des ersten Obergeschoßes bietet sich als Kommunikationsraum für die Bewohner an.
Der hohe Dachraum wurde, dem (im Sinne einer lebendigen Altstadt ausgesprochen erfreulichen) Bedarf an zusätzlichem innerstädtischen Wohnraum folgend, ausgebaut und beherbergt nun Maisonette-Wohnungen. Eine außergewöhnliche Dachauffaltung, die die Dachfläche nach oben und unten aufklappt, bringt Licht auf beide Ebenen des Dachausbaus und präsentiert sich zugleich gegenüber dem Blick vom Schlossberg als geschlossenes Ziegeldach. Dass die Schmetterlingsgaube im Spannungsfeld von oft falsch verstandenem Altstadtschutz und der Integration zeitgenössischer Lösungen realisiert werden konnte, ist vor allem der Ausdauer und dem Engagement des Architekten und des Bauherren zu verdanken.
Die geschützte Dachlandschaft von Graz wird am besten erhalten, indem sie genutzt wird. Kleine Eingriffe wie Andexers Umbau des Strehly-Hauses zeigen, ebenso wie Großprojekte wie der Dachausbau von Kaster&Öhler, dass eine zeitgemäße Nutzung kein Widerspruch zur Erhaltung ihres Charakters sein muss.
(Text: Martin Grabner)
Gerade in einer baukulturell wertvollen Altstadt wie der von Graz ist es unbedingt notwendig, neuen, zeitgemäßen Wohnraum zu entwickeln, um ein lebendiges städtisches Leben zu erhalten und zu forcieren. Im historischen Kern von Graz wurde über Jahrhunderte immer gewohnt, Handel getrieben und gearbeitet. Eine Politik der ausschließlichen Konservierung würde diese Qualitäten gefährden. Der kontinuierlichen Veränderung von Nutzung, Sozialstruktur und wirtschaftlicher Entwicklung muss auch räumlich Rechnung getragen werden, die baulichen Strukturen müssen – mit Respekt vor dem historischen Bauerbe – den heutigen Anforderungen angepasst werden. Andexer, der sich intensiv mit dem Bauen in sensiblem Bestand beschäftigt, betont, dass die Authentizität und Integrität der Altstadt auf keinem Fall kompromittiert werden dürfen. Ebenso wenig dürfe bei Interventionen aber der Mut fehlen, das Neue hin und wieder aus dem Alten herausschauen zu lassen. Die Integration hochwertiger zeitgenössischer Architektur in das historisch gewachsene Ensemble ist eine spezifische Qualität von Graz. Darauf weist auch die Begründung für die Ernennung der Grazer Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe explizit hin. Dieses Potenzial sollte sowohl aus kulturellen als auch aus wirtschaftlichen Gründen (als Alleinstellungsmerkmal im Städtewettbewerb) forciert werden.
Die Revitalisierung des „Strehly-Hauses“ richtet sich mit Wohnungsgrößen zwischen 30 und 90 m² vor allem an junge Menschen und „Rückkehrer“ in die Stadt. Obwohl auf dem Papier „nur“ den Standards des sozialen Wohnbaus entsprechend, bieten die Wohnungen atmosphärische Qualitäten, die in einem Neubau nie erreicht werden können. Die Räume beinhalten die Struktur und damit alle Eigenheiten des Bestandes. Individuelle Lösungen lassen abwechslungsreiche und spannende Innenräume entstehen: Stark variierende Raumhöhen, teilweise ziemlich schräge Holz-Riemendecken aus der Renaissance und schiefwinkelige Verschneidungen geben jedem Raum einen einzigartigen Charakter. Raffinierte Details wie die schrägen Unter- und Oberkanten der Gaube, die sich am Gefälle der Sporgasse orientieren, fügen sich wie von selbst in dieses Umfeld.
Die Grundrisse sind über die volle Tiefe von 20 Metern durchgesteckt und verwandeln die Wohnungen mit der meist mittig positionierten Sanitärbox in „Mikro-Lofts“ mit einer Belichtung und Belüftung von beiden Seiten. Dafür wurde zusätzlich zum renovierten Arkadenhof, in dem historische Säulen freigelegt wurden, ein neuer Lichthof herausgebrochen. Der ursprünglich mittelalterliche Bestand hielt auch für die Statiker eine Überraschung bereit: Während der Bauarbeiten wurde entdeckt, dass sich die Häuser der Sporgasse gegenseitig abstützen und damit auch konstruktiv nicht völlig isoliert von ihren Nachbarn betrachtet werden können. Die Erschließung geschieht über ein offenes Stiegenhaus und Laubengänge, der Hof auf dem Niveau des ersten Obergeschoßes bietet sich als Kommunikationsraum für die Bewohner an.
Der hohe Dachraum wurde, dem (im Sinne einer lebendigen Altstadt ausgesprochen erfreulichen) Bedarf an zusätzlichem innerstädtischen Wohnraum folgend, ausgebaut und beherbergt nun Maisonette-Wohnungen. Eine außergewöhnliche Dachauffaltung, die die Dachfläche nach oben und unten aufklappt, bringt Licht auf beide Ebenen des Dachausbaus und präsentiert sich zugleich gegenüber dem Blick vom Schlossberg als geschlossenes Ziegeldach. Dass die Schmetterlingsgaube im Spannungsfeld von oft falsch verstandenem Altstadtschutz und der Integration zeitgenössischer Lösungen realisiert werden konnte, ist vor allem der Ausdauer und dem Engagement des Architekten und des Bauherren zu verdanken.
Die geschützte Dachlandschaft von Graz wird am besten erhalten, indem sie genutzt wird. Kleine Eingriffe wie Andexers Umbau des Strehly-Hauses zeigen, ebenso wie Großprojekte wie der Dachausbau von Kaster&Öhler, dass eine zeitgemäße Nutzung kein Widerspruch zur Erhaltung ihres Charakters sein muss.
(Text: Martin Grabner)
Für den Beitrag verantwortlich: HDA
Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüller
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
Anlageprojekt Sporgasse 12 14 der W&S
Tragwerksplanung
Fotografie