Bauwerk

Geriatriezentrum Liesing
Riepl Kaufmann Bammer Architektur - Wien (A) - 2012
Geriatriezentrum Liesing, Foto: Bruno Klomfar
Geriatriezentrum Liesing, Foto: Bruno Klomfar
Geriatriezentrum Liesing, Foto: Bruno Klomfar
22. August 2013 - Az W
Das neue Geriatriezentrum ist als offenes Karree konzipiert, welches vielfältige Freiraumbezüge ermöglicht. Von weitem erkennbar liegt der Eingang zentral im Kreuzungsbereich von Häckelstraße und Dr.-Anton-Matzig-Gasse. Die gesamte Erdgeschosszone ist durchlässig und barrierefrei gestaltet und lenkt den Blick durch die gegenüber liegende Verglasung hinaus auf den allerorts präsenten Park. Die quer gestreckte Eingangshalle verbindet die beiden zentralen Liftgruppen. Eingeschoben sind hier Allgemeinzonen wie eine großzügige Mehrzweckhalle, welche mit dem benachbarten Speisesaal – mittels mobiler Trennwand – zu einer großen Halle zusammengeschlossen werden kann. Das Bistro im Eingangsbereich lädt zum Verweilen und Beobachten ein. Räumlich getrennt, in der westlichen Spange des Gebäudes, befindet sich der Untersuchungs- und Behandlungsbereich. Hier erfolgen auch Patiententransporte und Rettungsvorfahrten. Die konsequent umgesetzte räumliche Entflechtung lässt im für Besucher zugänglichen Bereich beinahe vergessen, dass man sich in einer Krankenanstalt befindet.

In den oberen Geschossen angekommen, führen kurze Wege direkt in den jeweiligen Wohnbereich. Im Eingangsbereich jeder Bettenstation sind der Pflegestützpunkt sowie ein der Station zugeordneter Tagraum situiert. Im Bereich der großzügig verglasten Tagräume weiten sich die Gänge nach Norden und nach Süden. Großflächige Fensterflächen am Ende der Gänge schaffen einen weiteren Bezug nach außen. Die zwei Brückenspangen öffnen den Ausblick zum inneren Garten und sind Bestandteil von inneren Rundwegen, die durch unterschiedliche Wohnbereiche führen. Diese Rundwege haben für Patienten wie auch für deren Angehörige eine große Bedeutung, da das Wandeln über die Gänge häufig die einzige Abwechslung im Pflegealltag darstellt. Für demenzkranke Heimbewohner gelten eingeschränkte Bewegungsspielräume – zu ihrer eigenen Sicherheit. Für sie wurden Gangbereiche im dritten Obergeschoss um einen Dachgarten erweitert, damit auch sie Zutritt ins Freie bekommen.

Einen wichtigen Beitrag für wohnliche Atmosphäre leistet die Materialwahl. Der Auftraggeber reagierte zunächst ablehnend auf den Vorschlag der Architekten, an Stelle von Kunststoff Holz für die Innengestaltung zu verwenden. Dank seiner 20-jährigen Expertise durfte Johannes Kaufmann sich durchsetzen und so wird das Geriatriezentrum Liesing zum Showcase, der vorführt, was im Rahmen der Normen und Vorschriften möglich ist. Sitzbänke, Sideboards, Fensterbänke, Nischen, Türstöcke, ja sogar die Brüstungen der Loggien wurden allesamt in Vollholz ausgeführt. Die Loggien sind derart ausgestaltet, dass Patienten mit dem Pflegebett auf die Loggia hinausgeschoben werden können und sie bieten auch ausreichend Platz für Besucher. Das Material Holz verkörpert nicht nur eine Wertschätzung im Sinn einer Wertigkeit, sondern erfüllt auch eine nicht zu unterschätzende haptische Funktion, denn Hautkontakt mit Holzoberflächen ist stets eine taktil-sinnliche Erfahrung. Die insgesamt hohe Gestaltungsqualität wirkt sich in mehrfacher Hinsicht positiv aus. Die Gestaltung kommt nicht nur den Patienten zugute, sondern auch dem Pflegepersonal: direkt in Form eines angenehmen Arbeitsplatzes und indirekt, indem die Patienten häufiger Besuch bekommen und die Anwesenheit von Angehörigen und Freunden wiederum das Pflegepersonal entlastet. Diese Effekte sind am Grundriss nicht ablesbar, bieten jedoch die besten Voraussetzungen für einen nachhaltigen Pflegebetrieb. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at