Bauwerk

Kindergarten Stadtpark
Martin Kohlbauer - Wien - 2013
Kindergarten Stadtpark, Foto: Rupert Steiner
23. August 2013 - Az W
Der Kindergarten ist der erste seiner Art in Wien. Das neue pädagogische Konzept mit offenen Gruppen verlangt nach neuen Raumlösungen. Bewegung, die Einladung im Gebäude „zu flanieren“ und die jeweils mit besonderen Merkmalen ausgestalteten unterschiedlichen Bereiche zu bewohnen, stellt einen wesentlichen Grundsatz der Konzeption des Entwurfs von Martin Kohlbauer dar. Dem Juryentscheid – nämlich dass Martin Kohlbauer als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen würde – war zuvor ein offener Wettbewerb ohne Preisträger vorausgegangen. Unter den 100 eingereichten Entwürfen des ersten Wettbewerbs kam kein Projekt zur Ausführung. Zu ungenau waren die Informationen über das neuartige pädagogische Konzept im Rahmen der Ausschreibung gewesen, als dass die Einreichenden den passenden baulichen Rahmen hätten bieten können. Der offene Wettbewerb endete ohne Preisträger. Der zweitplatzierte Entwurf (riccione architekten) rückte nicht nach und es folgte ein geladener Wettbewerb, diesmal mit eingehendem Briefing über das geplante pädagogische Konzept des „offengruppigen Kindergartens“.

2013 wurde der Kindergarten im Stadtpark schließlich eröffnet und gleich im Eingangsbereich begrüßt ein Architekturmodell die Kinder. Eine sympathische Geste der Architekturvermittlung, die man allenfalls aus Bürogebäuden kennt. Der Eingangsbereich erinnert in seiner Materialität und Farbwahl eher an die Arbeitswelt Erwachsener denn an ein Kinderparadies. Die bewusst neutralen Oberflächen und Farben im Inneren bieten gemeinsam mit der akzentreichen Tageslichtführung den geeigneten elastischen Rahmen für die „bunte“ Bespielung. Oberlichten versorgen den Eingangsbereich und die anschließenden Spielbereiche mit Tageslicht. Der Schattenwurf der Pergola erzeugt eine sich entsprechend dem Sonnenstand ändernde Lebendigkeit. In diesem offen gehaltenen Bereich dürfen sich Kinder frei bewegen, spielen und sich in Nischen zurückziehen. Einen Bruch im Konzept bilden die Garderoben. Diese mussten entsprechend der geltenden Brandschutznorm als eigene Brandschutzabschnitte ausgeführt werden. Neben der Brandschutzthematik spielt der kontrollierte Zugang ins Gebäude eine wichtige Rolle punkto Sicherheit. Entsprechend war dieser Aspekt in der Ausschreibung auch gesondert vermerkt gewesen. Ein Bullauge öffnet das Zimmer der Kindergartenleitung zum Vorplatz und Eingangsbereich hin und leistet einen Beitrag zur sozialen Kontrolle.

Zum Garten hin öffnen sich die Gruppenräume über raumhohe Verglasungen. Alle Gruppen verfügen über einen Zugang zum Garten. In den Nischen der umgebenden Bepflanzung werden Gartenzimmer angeordnet, die ein Gegenüber zu den Gruppenräumen bilden. Dazwischen sind die zusammenhängenden Bewegungs- und Tobezonen angeordnet. Zu Gunsten einer größtmöglichen, immissionsgeschützten Gartenfläche wurde der Baukörper möglichst nahe an die straßenseitige Grundstücksgrenze gerückt. Die an das Gebäude angrenzenden Freiflächen entwickeln sich wie Wellen bei einem ins Wasser geworfenen Stein: auf befestigte Flächen vor dem Gebäude folgen freie Rasenflächen, Gartenzimmer mit unterschiedlichen Spieleinrichtungen sowie die umgebende Bepflanzung, die teilweise über die Zaunanlage in den Parkbereich übergreift. Im sensiblen Bereich des Baumbestands wird mittels punktueller Gründungselemente, welche die Wurzelschichten nicht zerstören, Rücksicht genommen. Der Großteil der Wiener Bevölkerung wird diese Seiten des Kindergartens nie kennenlernen. Weithin sichtbar ist die sehr auffällige türkisfarbige Hülle. Das leuchtende Türkis „schlägt“ sich mit dem Grün der Pflanzen ringsum. Die von außen schwer nachvollziehbare Farbwahl war tatsächlich keine Farbwahl, sondern eine Materialwahl. Mit der Hülle reagiert der Architekt auf die Lage des Gebäudes im Stadtpark. Auf der Suche nach einem natürlichen Material fiel die Wahl auf vorpatinierte, spenglermäßig verarbeitete Kupferbleche. (Text: Martina Frühwirth nach einem Text des Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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