Bauwerk

WU Mensa
Tzou Lubroth Architekten - Wien (A) - 2013
WU Mensa, Foto: Stefan Zenzmaier
WU Mensa, Foto: Stefan Zenzmaier
1. April 2014 - Az W
Das Setting: Ein vintage Wohnwagen der Marke „Airstream“ steht silbern glänzend mitten im Wald auf einer Lichtung. Der Mensch befindet sich in der Natur, der Wohnwagen bringt die soziale Komponente hinein. Dieses Bild diente als Inspiration für die Gestaltung der WU Mensa. „Luxuriös“ – mit diesem anerkennenden Wort wurde die Mensa am Eröffnungsabend der neuen WU bedacht, solch edle Gestaltung überrascht in der Servicegastronomie (EUREST). Bemerkenswert ist die durchwegs hochwertige Ausführung aller Möbel, vorzugsweise Vollholz.

Holz findet sich auch als Motiv an den Wänden wieder. Auf Glaspaneelen aufgedruckt lädt ein rätselhafter Wald dazu ein, sich in ihm zu verlieren. Ist es ein Foto? Oder das Abbild einer künstlichen Welt, die hier geschaffen wurde? Der Künstler Markus Leitsch hat hier in jedem Fall einen wunderbaren Spielraum für Gedanken im ansonsten straff durchorgansierten Unialltag geschaffen. Die LED Hintergrundbeleuchtung stattet den Wald im Tagesverlauf mit unterschiedlichen Lichtstimmungen aus. Das Spektrum reicht vom kühlen Morgenlicht über die goldene Nachmittagssonne bis zur abgedunkelten Abendstimmung. Leider hat der Betreiber in die Programmierung dahingehend eingegriffen, dass das Programm nun statt mehrerer Stunden nur wenige Minuten dauert. Von der Idee, dass die LED Beleuchtung nicht zur Unterhaltung dienen soll, sondern vielmehr den natürlichen Tagesverlauf simulieren soll, muss der Betreiber noch überzeugt werden.

Für die Essensausgabe kommt ein Konzept zur Anwendung, welches sich in der Systemgastronomie bereits bewährt hat. Vorbei die Zeiten, als man sich mühsam mit einem Tablett in den Händen langsam in einer Warteschlange vorwärts schieben musste. Mit einer Chipkarte ausgestattet, kann man direkt die gewünschte Essensstation ansteuern. Zur Essensausgabezeit fahren die silbergrauen, eloxierten Aluminiumläden in die Höhe, dann kommen die Koch-/Essensausgabestationen zum Vorschein. Nach der Essensausgabe senkt sich der „Vorhang“ wieder. Die Läden fahren auf Knopfdruck langsam herunter, bis das eloxierte Aluminium wieder eine geschlossene Front bildet und der vintage Camper zum Vorschein kommt.

Der vielzackige Grundriss im Erdgeschoss des Hörsaalzentrums bietet keine ideale Voraussetzung für die Nutzung als Mensa. Die Möblierung strukturiert den Raum und wirkt einem potenziellen Chaos zur Mittagszeit entgegen. Der Raum soll aber auch außerhalb der Stoßzeiten funktionieren, nämlich dann, wenn der Großteil der Sitzplätze im 1700 m² großen Saal unbesetzt bleibt und nur wenige Gäste sich wohl fühlen sollen.

Die Sitzgelegenheiten gliedern den Raum in unterschiedliche Zonen, die – abhängig von der jeweiligen Distanz zur Essensausgabe – mal mehr, mal weniger intim gestaltet sind. Am intimsten ist jener Sitzbereich, der am weitesten von der turbulenten Essensausgabe entfernt ist. Wer an einem der großen kreisrunden bzw. quadratischen Tische Platz nimmt, kehrt der Mensa den Rücken zu und widmet sich dem Essen, vielleicht auch diskreten Gesprächen. Die kreisrunden, über den Tischen abgehängten Deckenlampen verstärken den exklusiven Charakter. Weitaus offener und dynamischer präsentiert sich die Zone in unmittelbarer Nähe zur Essensausgabe. Auf Barhockern wird hier an erhöhten Tischen en passent gegessen. Man „isst“ auf Augenhöhe mit allen, die vorbeigehen. Diese Zone ist besonders kommunikativ – verbal wie nonverbal.

Das prägnanteste Setting liefern die Picknicktische. Zu wenig praxistauglich schienen dem Betreiber anfangs die Tische, bei denen man mit einem Tablett in den Händen erst über eine Sitzbank steigen muss, damit man sich hinsetzen kann. Im Mensabetrieb finden die Picknicktische bei den Student:innen besonderen Zuspruch. Das „unorthodoxe“ Platz-Nehmen wirkt kommunikativ und fördert jenen informellen Austausch, den der Campus WU auf vielen Ebenen bieten möchte. Ein weiteres Plus: allfällige Statusunterschiede werden im Nu reduziert, denn bei diesem Balanceakt über die Sitzbank sieht jeder gleich uncool aus. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at