Bauwerk
Pfarrgemeindezentrum Neu Guntramsdorf
RUNSER / PRANTL architekten - Guntramsdorf (A) - 2009
Wider den Horror Vacui
Aufwendig in der Detailarbeit, im Ergebnis überzeugend: zwei schlichte Plätze in Niederösterreich, frei von jedem „visuellen Lärm“.
18. September 2010 - Franziska Leeb
Wenn die Grundstruktur und gestalterischen Rahmenbedingun-sgen nicht stark genug sind, passiert es leicht, dass ein Platz durch stetiges Aufmöbeln an Form und Großzügigkeit verliert, keine Orientierung bietet und in funktionaler Hinsicht schwächelt. Wenn sich Moden ändern und der Erhaltungsaufwand steigt, stehen meist Neugestaltungen an. In ländlichen Gegenden versucht man dann gern den Mythos von der Qualität des alten Dorfplatzes aufleben zu lassen. Der Platz soll belebt sein, Infrastruktur für alle Eventualitäten anbieten, und dann werden noch Begriffe wie Identität und Identifikation bemüht. Wenn auf Planerseite nicht die Kraft da ist, die Einzelinteressen in ein demokratisches Ganzes zu kanalisieren, sondern diverse Sehnsüchte mit reicher Symbolik und üppiger Möblierung befriedigt werden müssen, ist am Schluss meist kein Platz mehr auf dem Platz. sDass der Horror Vacui kein Naturgesetz des Städtebaus ist und Aufgeräumtheit Qualität hat, lässt sich anhand zweier Plätze in Niederösterreich nachvollziehen.
Am Kirchenplatz in Stetteldorf am Wagram verursachten diverse Bäume und Stauden, unterschiedliche Platzniveaus, Restgrün und allerhand Platzmobiliar zu viel „visuellen Lärm“, wie Architekt Christian Knechtl die Problematik auf den Punkt bringt. Ihm war es ein Anliegen, „den planerischen Eingriff nach Fertigstellung des Platzes möglichst nicht sichtbar werden zu lassen“. In erster Linie wurde also aufgeräumt, die Lärmverursacher beseitigt und dem Platz eine Ordnung gegeben. Ein einheitliches Niveau ohne Bordsteinkanten, der Verzicht auf Poller und andere vertikale Trennelemente erlaubt die ungehinderte Nutzung des ganzen Platzes. Er ist barrieres-6;0frei, damit sowohl kinder- und kinderwagen-s als auch fahrradfreundlich und vereinfacht so notwendige Dinge wie Reinigung und Schneeräumung.
Neue Zonierungen markieren im Wechselspiel der Materialien – Granit, Asphalt, Grün – unterschiedliche Nutzungszonen, definieren einen Raum um die Gebäude und Artefakte am Platz, setzen sie einander in Beziehung und führen Gemeinde-, Schul- und Pfarrleben zusammen. Die Kirche erhielt eine Sonderbehandlung und wurde von einem Kreis aus Granitpflaster gefasst. Wie nebenbei und ganz organisch schmiegen sich befestigte Verkehrsflächen und begrünte Zonen aneinander, erzeugen einen Raumfluss, der durch das einheitliche Niveau der Oberfläche verstärkt wird. Den Gemeindewunsch, nächst der Kirche in irgendeiner Form die sieben Sakramente zu versinnbildlichen, erfüllte Knechtl mit Pragmatik und frei von Pathos. Sieben Lichtstelen erfüllen somit nicht nur ihre Funktion als Leuchtkörper, sondern werden für alle, die darin eine Bedeutung sehen wollen, unprätentiös zum Träger der gewünschten Symbolik.
20 neu gepflanzte rot blühenden Kastanien, die im Gegensatz zu den weiß blühenden Rosskastanien widerstandsfähiger gegen Miniermotten sind, beschreiben mit den umgebenden Gebäuden den dreidimensionalen Platzraum. Bei Dunkelheit kommt noch als immaterieller Raumbildner die Platzbeleuchtung dazu. Das Licht der Säulen wird ergänzt durch in die Platzoberfläche eingelassene LED-Leuchten, die mit weißem Licht das Kirchenschiff und die Bäume akzentuieren und in Orange dem Turm eine signifikante Fernwirkung geben. Die Lichtintensität ist steuerbar und somit an verschiedene Anlässe anpassbar.
Um die Kosten schlank zu halten (rund 200.000 Euro) galt es von vornherein zu berücksichtigen, dass ein guter Teil der Arbeiten als Eigenleistung der Gemeinde erbracht werden konnte und primäre Infrastruktur wie das Platzgefälle und die Position der Regen-Einlaufgitter weiterverwendet oder mit nur minimalen Mitteln adaptiert werden können. Knechtl hat mit den vorhandenen Ressourcen gut gearbeitet und einen robusten Platz geschaffen. Die Strukturierung erlaubt viele Nutzungsszenasrien und hat im menschenleeren wie im gut gefüllten Zustand passende Dimensionen. Die Art der Platzgestaltung und die verwendeten Materialien erfüllen ökologische und ökonomische Kriterien, indem darauf geachtet wurde, geringe Betriebskosten zu verursachen, aber auch möglichst lokale Materialien einzusetzen. Kurzum, ein angenehm kitschfreier Dorfplatz. So schön wie früher, aber mit heute tauglichen Mitteln gemacht.
In Neu-Guntramsdorf entstand ein Platz quasi als Begleiterscheinung eines Neubaus. Das bestehende Pfarrgemeindezentrum aus den 1960er-Jahren (Architekt Bruno Tinhofer) sbedurfte adäquater neuer Räumlichkeiten, um die gestiegenen Bedürfnisse der durch Zuzug wachsenden Gemeinde zu erfüllen. Das Architektenteam Runser/Prantl ersetzte den alten Pfarrsaal durch einen attraktiven eingeschoßigen Neubau mit einem unterteilbaren Saal und großzügigem Foyer, der an das bestehende zweistöckige Pfarrhaus angebunden wurde. Der einst kleinteilig strukturierte Vorplatz mit zahlreichen Niveausunterschieden und einem Patchwork aus Pflasterungen und Grünflächen war als Freifläche für Zusammenkünfte und Feierlichkeiten nicht brauchbar. Zur Straße hin mit einer beinahe mannshohen Mauer abgeschirmt, war er von der Straße aus kaum einsehbar. Auch hier musste die Bevölkerung von Elementen, die über die Jahre vertraut wurden, Abschied nehmen – besonders schwer dürfte es nicht gefallen sein. Auf ein einheitliches Niveau gebracht und mit einem schlichten Granitbelag versehen, der den Ein-Meter-Raster des Neubaus aufnimmt, wurde der Platz nicht nur nutzbar, sondern auch großzügig gemacht.
Die abschirmende Mauer ist gefallen, den Niveausprung zum Gehsteig bewältigen im Vorfeld der Kirche mit Betonmauern umsäumte Beete, aus denen die alten Bäume emporwachsen. Das Platzzentrum ist barrierefrei zugänglich. Ein paar Poller sind offenbar notwendig, um das unbefugte Befahren zu verunmöglichen. Das gestalterisch wichtigste Element ist ein als minimalistissche, weiß verputzte Stahlbetonkonstruktions ausgeführter Umgang, der dem Platz Halt und Fassung am Übergang zur dahinterliegenden Gartenfläche gibt und eine gedeckte Verbindung zwischen Kirche und Pfarrsaal herstellt. Fahrradständer wurden dahinter angeordnet und unterbrechen damit auch nicht die Kontinuität der ebenen Fläche. Beleuchtet wird mittels schlichter Stelen, die weder physisch noch optisch viel Raum einnehmen. Aus einem klein karierten Vorhof wurde ein öffentlicher Platz, der zwar nicht groß ist, aber viel Spielraum lässt.
Am Kirchenplatz in Stetteldorf am Wagram verursachten diverse Bäume und Stauden, unterschiedliche Platzniveaus, Restgrün und allerhand Platzmobiliar zu viel „visuellen Lärm“, wie Architekt Christian Knechtl die Problematik auf den Punkt bringt. Ihm war es ein Anliegen, „den planerischen Eingriff nach Fertigstellung des Platzes möglichst nicht sichtbar werden zu lassen“. In erster Linie wurde also aufgeräumt, die Lärmverursacher beseitigt und dem Platz eine Ordnung gegeben. Ein einheitliches Niveau ohne Bordsteinkanten, der Verzicht auf Poller und andere vertikale Trennelemente erlaubt die ungehinderte Nutzung des ganzen Platzes. Er ist barrieres-6;0frei, damit sowohl kinder- und kinderwagen-s als auch fahrradfreundlich und vereinfacht so notwendige Dinge wie Reinigung und Schneeräumung.
Neue Zonierungen markieren im Wechselspiel der Materialien – Granit, Asphalt, Grün – unterschiedliche Nutzungszonen, definieren einen Raum um die Gebäude und Artefakte am Platz, setzen sie einander in Beziehung und führen Gemeinde-, Schul- und Pfarrleben zusammen. Die Kirche erhielt eine Sonderbehandlung und wurde von einem Kreis aus Granitpflaster gefasst. Wie nebenbei und ganz organisch schmiegen sich befestigte Verkehrsflächen und begrünte Zonen aneinander, erzeugen einen Raumfluss, der durch das einheitliche Niveau der Oberfläche verstärkt wird. Den Gemeindewunsch, nächst der Kirche in irgendeiner Form die sieben Sakramente zu versinnbildlichen, erfüllte Knechtl mit Pragmatik und frei von Pathos. Sieben Lichtstelen erfüllen somit nicht nur ihre Funktion als Leuchtkörper, sondern werden für alle, die darin eine Bedeutung sehen wollen, unprätentiös zum Träger der gewünschten Symbolik.
20 neu gepflanzte rot blühenden Kastanien, die im Gegensatz zu den weiß blühenden Rosskastanien widerstandsfähiger gegen Miniermotten sind, beschreiben mit den umgebenden Gebäuden den dreidimensionalen Platzraum. Bei Dunkelheit kommt noch als immaterieller Raumbildner die Platzbeleuchtung dazu. Das Licht der Säulen wird ergänzt durch in die Platzoberfläche eingelassene LED-Leuchten, die mit weißem Licht das Kirchenschiff und die Bäume akzentuieren und in Orange dem Turm eine signifikante Fernwirkung geben. Die Lichtintensität ist steuerbar und somit an verschiedene Anlässe anpassbar.
Um die Kosten schlank zu halten (rund 200.000 Euro) galt es von vornherein zu berücksichtigen, dass ein guter Teil der Arbeiten als Eigenleistung der Gemeinde erbracht werden konnte und primäre Infrastruktur wie das Platzgefälle und die Position der Regen-Einlaufgitter weiterverwendet oder mit nur minimalen Mitteln adaptiert werden können. Knechtl hat mit den vorhandenen Ressourcen gut gearbeitet und einen robusten Platz geschaffen. Die Strukturierung erlaubt viele Nutzungsszenasrien und hat im menschenleeren wie im gut gefüllten Zustand passende Dimensionen. Die Art der Platzgestaltung und die verwendeten Materialien erfüllen ökologische und ökonomische Kriterien, indem darauf geachtet wurde, geringe Betriebskosten zu verursachen, aber auch möglichst lokale Materialien einzusetzen. Kurzum, ein angenehm kitschfreier Dorfplatz. So schön wie früher, aber mit heute tauglichen Mitteln gemacht.
In Neu-Guntramsdorf entstand ein Platz quasi als Begleiterscheinung eines Neubaus. Das bestehende Pfarrgemeindezentrum aus den 1960er-Jahren (Architekt Bruno Tinhofer) sbedurfte adäquater neuer Räumlichkeiten, um die gestiegenen Bedürfnisse der durch Zuzug wachsenden Gemeinde zu erfüllen. Das Architektenteam Runser/Prantl ersetzte den alten Pfarrsaal durch einen attraktiven eingeschoßigen Neubau mit einem unterteilbaren Saal und großzügigem Foyer, der an das bestehende zweistöckige Pfarrhaus angebunden wurde. Der einst kleinteilig strukturierte Vorplatz mit zahlreichen Niveausunterschieden und einem Patchwork aus Pflasterungen und Grünflächen war als Freifläche für Zusammenkünfte und Feierlichkeiten nicht brauchbar. Zur Straße hin mit einer beinahe mannshohen Mauer abgeschirmt, war er von der Straße aus kaum einsehbar. Auch hier musste die Bevölkerung von Elementen, die über die Jahre vertraut wurden, Abschied nehmen – besonders schwer dürfte es nicht gefallen sein. Auf ein einheitliches Niveau gebracht und mit einem schlichten Granitbelag versehen, der den Ein-Meter-Raster des Neubaus aufnimmt, wurde der Platz nicht nur nutzbar, sondern auch großzügig gemacht.
Die abschirmende Mauer ist gefallen, den Niveausprung zum Gehsteig bewältigen im Vorfeld der Kirche mit Betonmauern umsäumte Beete, aus denen die alten Bäume emporwachsen. Das Platzzentrum ist barrierefrei zugänglich. Ein paar Poller sind offenbar notwendig, um das unbefugte Befahren zu verunmöglichen. Das gestalterisch wichtigste Element ist ein als minimalistissche, weiß verputzte Stahlbetonkonstruktions ausgeführter Umgang, der dem Platz Halt und Fassung am Übergang zur dahinterliegenden Gartenfläche gibt und eine gedeckte Verbindung zwischen Kirche und Pfarrsaal herstellt. Fahrradständer wurden dahinter angeordnet und unterbrechen damit auch nicht die Kontinuität der ebenen Fläche. Beleuchtet wird mittels schlichter Stelen, die weder physisch noch optisch viel Raum einnehmen. Aus einem klein karierten Vorhof wurde ein öffentlicher Platz, der zwar nicht groß ist, aber viel Spielraum lässt.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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wettbewerb
Das Projekt ist aus dem Verfahren Gemeindezentrum Neu Guntramsdorf hervorgegangen1. Rang, Gewinner
Runser / Prantl Architekten, Alexander Runser, Christa Prantl