Bauwerk

SIE - Nutzungsneutrales Bauen in der Siemensstraße
trans_city - Wien (A) - 2018
SIE - Nutzungsneutrales Bauen in der Siemensstraße, Foto: Daniel Hawelka
SIE - Nutzungsneutrales Bauen in der Siemensstraße, Foto: Daniel Hawelka
SIE - Nutzungsneutrales Bauen in der Siemensstraße, Foto: Daniel Hawelka

Erste „temporäre“ Wohnungen in Wien werden übergeben

241 Wohneinheiten auf einem Betriebsbaugebiet in Floridsdorf sind fertig. Bauherr Kallinger rechnet mit einer Umwidmung auf Wohnen nach spätestens 15 Jahren

15. Mai 2018 - Martin Putschögl
Baukosten von 1.200 Euro pro Quadratmeter Wohnnutzfläche – davon können viele Wiener Bauträger nur träumen. Winfried Kallinger hat in der Siemensstraße 142 in Wien-Floridsdorf zu diesem Quadratmeterpreis eine Wohnanlage mit 241 Wohneinheiten errichtet. Es handelt sich dabei um das größere der beiden Projekte, die im Rahmen eines „Sofortprogramms“ der Stadt Wien initiiert wurden. Gesucht wurden Lösungen für mobile und temporäre Wohneinheiten, die auf für Gewerbe gewidmeten Grundstücken rasch realisiert werden konnten. Das Programm war kein großer Renner, insgesamt wurden nur zwei Projekte gestartet (DER STANDARD berichtete).

Kallinger, einst Sprecher der Bauträger in der Wirtschaftskammer, hat sich mit seinem „Slim Building“-Verfahren mit dem als Gewerbegebiet (Betriebsbaugebiet) ausgewiesenen Areal in der Siemensstraße beworben und bekam den Zuschlag. In nicht einmal eineinhalb Jahren wurde die Anlage mit einer gesamten Wohnfläche von 11.624 Quadratmetern (dazu kommen noch einige Flächen für Gewerbe oder Beratungseinrichtungen) errichtet. Die Stadt förderte das Vorhaben mit 7,2 Millionen Euro in Form eines günstigen Darlehens, das nach 15 Jahren vollständig zurückgezahlt werden muss, erklärt Kallinger dem STANDARD. Insgesamt kostete das Projekt 16,1 Millionen Euro.

Caritas und „Obdach Wien“ im Boot

Die Vergabe der Wohnungen, viele davon sehr klein gehalten, läuft seit kurzem. Zwei Drittel der Einheiten werden über das Wohnservice Wien vergeben, die restlichen rund 80 von den Organisationen „Obdach Wien“ (einer Einrichtung des Fonds Soziales Wien) und der Caritas. Für Letztere stehen hier einige Mutter-Kind-Wohneinheiten sowie Wohneinheiten für ältere Behinderte zur Verfügung.

Die Wohnungen kosten brutto 8,30 Euro pro Quadratmeter im Monat, inklusive der Hausbetriebskosten (Strom und Heizung sind extra zu zahlen), einer Möbelmiete von 0,80 Euro je Quadratmeter (fast alle Wohnungen sind möbliert) und dem Bauzins. Bei dem Projekt handelt es sich nämlich um eine Baurechtskonstruktion: Grundeigentümerin ist die Kallinger Bauträger GmbH, Errichterin und Eigentümerin des Gebäudes ist die Kallinger Grundverkehrs GmbH. Das Baurecht wurde zunächst auf etwas mehr als 15 Jahre abgeschlossen, also im Wesentlichen für die Laufzeit der Förderung.

Die temporär gewährte Wohn-Widmung läuft allerdings nur zehn Jahre. Findet in diesem Zeitraum keine Umwidmung des Grundstücks auf Wohnnutzung statt, muss Kallinger das gesamte Gebäude zu einem Gewerbeobjekt umbauen – was die Bauweise grundsätzlich ermöglichen sollte: Sämtliche Innenwände sind in Leichtbauweise errichtet (Gipskarton), aus Schallschutzgründen mitunter auch mit mehrschaligen Leichtbauplatten ausgeführt, betont Kallinger. Der Umbau zu einem offenen Raumkonzept ist dadurch kein Problem, und auch die lichte Raumhöhe von 2,80 Metern in den Wohnungen ist auf einen etwaigen Umbau ausgelegt.

Sonderkündigungsgrund „Widmungsablauf“

Kallinger rechnet freilich nicht damit, dass er nochmal umbauen muss. Die Anlage befinde sich eigentlich schon jetzt „in einer reinen Wohngegend“, und er geht davon aus, dass man auch nach zehn Jahren hier noch Wohnungen brauchen werde. Zudem läuft die Förderung, wie erwähnt, über 15 Jahre; dass zumindest auch so lange die Wohnungen bestehen werden, davon geht er aus.

Ob es danach noch ein Wohn- oder bereits ein Gewerbeobjekt sein wird, spielt für Kallinger keine große Rolle, wie er sagt. Nach Ablauf dieser Zeit werde die Immobilie jedenfalls „wirtschaftlich betrachtet auf Null sein“. Denkbar wäre auch ein Umbau auf ein Studentenheim oder ein Hotel; auch dafür bräuchte es aber eine Anpassung der Widmung. „Mit diesen Varianten beschäftigen wir uns derzeit nicht“, so Kallinger.

Die Wohnungen werden übrigens trotz der unsicheren Widmungslage allesamt unbefristet vermietet. In den Mietverträgen ist aber der Widmungsablauf als Sonderkündigungsgrund vermerkt. Eigenmittel sind von den Bewohnern keine zu zahlen.

Keine Parkettböden

Neben der kostensparenden „Slim Building“-Bauweise und dem Verzicht auf Parkettböden (es wurde stattdessen Linoleum) waren die niedrigen Baukosten auch dem Umstand geschuldet, dass keine Tiefgarage errichtet wurde. Die nötigen Stellplätze hat man im Freien bzw. in den Erdgeschoßzonen untergebracht; „wir haben aber auch auf einige Stellplätze verzichtet und dafür die vorgeschriebene Ablöse gezahlt“, so Kallinger.

Geheizt wird mit Fernwärme, die Fenster sind aus lasiertem Holz, und trotz des Vorhandenseins von Waschküchen wurde auch jede Wohnung mit Waschmaschinenanschluss versehen. Jede Wohnung hat eine Freifläche, meist in Form von Balkonen (leider in einer an Wohnbauten der 60er- und 70er-Jahre erinnernden Wellblech-Optik), die von einem außenliegenden Stahlgerüst getragen werden. Gedämmt werden die insgesamt zwei Bauteile nicht mit Styropor, sondern mit Mineralwolle – was dem Projekt dann auch eine Klimaaktiv-Auszeichnung in Gold eingebracht hat.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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