Bauwerk

Bürogebäude »H7« in Münster
Andreas Heupel Architekten - Münster (D) - 2016

Gekonnt kombiniert

Bürogebäude »H7« in Münster

Im Stadthafen von Münster ist vor Kurzem das Bürogebäude H7 fertiggestellt worden. Der siebengeschossige in großen Teilen vorgefertigte Holz-Hybrid-Bau von ­Architekt Andreas Heupel überzeugt durch seine Materialkombinationen, nicht zuletzt an seiner differenziert gestalteten Gebäudehülle aus Glas und grün glasierten Keramikelementen.

10. Januar 2017 - Robert Uhde
Im Stadthafen von Münster ist vor Kurzem das Bürogebäude H7 fertiggestellt worden. Der siebengeschossige in großen Teilen vorgefertigte Holz-Hybrid-Bau von ­Architekt Andreas Heupel überzeugt durch seine Materialkombinationen, nicht zuletzt an seiner differenziert gestalteten Gebäudehülle aus Glas und grün glasierten Keramikelementen.

Der Werkstoff Holz galt unter Architekten bis vor wenigen Jahren vorrangig als Nischenprodukt für Romantiker und Naturverbundene. Das hat sich mittlerweile geändert. Durch steigende Anforderungen an den Klimaschutz sowie durch technische Innovationen wie den Verbund mit Stahlbetonelementen wird Holz mittlerweile auch immer häufiger als tragendes Material im Mehrgeschossbau eingesetzt. Ein aktuelles Beispiel ist das soeben bezogene Bürogebäude H7 in Münster, das mit seiner Höhe von 25 m das höchste Gebäude in Holz-Hybridbauweise in Nordrhein-Westfalen ist.

Das nach Plänen des vor Ort ansässigen Architekten Andreas Heupel errichtete Projekt integriert auf sieben Ebenen 12 getrennt vermietbare Einheiten mit einer Gesamtfläche von 4 500 m². Die Nutzer profitieren nicht nur von der attraktiven Lage inmitten des florierenden Stadthafens mit seiner kleinteiligen Mischung von Gastronomie, Kultur, Büros und Dienstleistungen, sondern ihnen steht auch eine flexibel adaptierbare Arbeitsumgebung für unterschiedliche Anforderungen zur Verfügung.

Eigenständiger Vermittler

Um die Lage des Grundstücks am südlichen Ufer des Hafenbeckens optimal zu nutzen, öffnen sich die beiden Stirnseiten des Gebäudes großflächig mit Glasfassaden zur Umgebung. Die nach außen ablesbaren, mit Aluminiumprofilen bekleideten Geschossdecken und Stützen lassen dabei auf den ersten Blick die Struktur des Gebäudes erkennen. Deutlich geschlossener präsentieren sich die beiden Fassaden in Richtung Osten und Westen, die mit ihrer überaus differenzierten Gestaltung aus grün glasierten Keramikpaneelen auf die dicht angrenzende Nachbarbebauung reagieren.

Die horizontale Reliefstruktur der jeweils 135 x 50 cm großen, in drei unterschiedlichen Grüntonen eingesetzten Keramikmodule und die spannungsreiche Anordnung und ­Untergliederung der Flächen lässt dabei ein ­lebendiges Fassadenbild entstehen, das je nach Tageslicht und Witterung von unterschiedlichen Reflexionen geprägt wird.

Zusätzliche Spannung erhält der Entwurf durch seine unregelmäßige, durch mäandrierende Lisenen betonte Höhenstaffelung. Die abgetreppte Gebäudekubatur ermöglichte die Schaffung von Dachterrassen in den oberen Ebenen und sorgt gleichzeitig dafür, die Abstandsflächen zu den benachbarten Gebäuden einzuhalten. Darüber hinaus greift das abwechslungsreich ­modellierte Volumen geschickt die extrem heterogene ­Architektur am Standort auf und vermittelt dabei überzeugend zwischen den benachbarten Gebäuden.

Nachhaltigkeit als Programm

Ausgangspunkt der Planung war der Wunsch der Bauherrengesellschaft nach einem modern detaillierten Bürogebäude mit maximaler Flexibilität und ­minimiertem Energie- und Ressourcenverbrauch, das u. a. auch als repräsentativer Firmensitz für den Ankermieter SuperBioMarkt fungieren sollte. Im engen Austausch mit dem auf Basis bisheriger Referenzen direkt beauftragten Architekten Andreas Heupel entstand daraus das Konzept, das Gebäude mittig zu unterteilen und sämtliche Einheiten an einen zentralen Versorgungs- und Erschließungskern – von Westen her, über eine doppelgeschossige Eingangshalle erreichbar – anzubinden. Der nördliche Teil des EG sowie die über eine interne Treppe verbundenen Ebenen zwei und drei stehen dabei als Hauptsitz für SuperBioMarkt zur Verfügung, auf Ebene vier hat sich u. a. das Architekturbüro Heupel mit seinen 22 Mitarbeitern eingerichtet. Komplettiert wird das Raumprogramm durch eine Tiefgarage mit 66 PKW-Stellflächen, durch 28 weitere Stellplätze in einer in die Gebäudekubatur eingefassten Außenfläche nach Süden sowie durch zusätzliche Fahrradstellplätze. Schon zu Beginn der Planung stand fest, das Projekt aus Gründen der Nachhaltigkeit in Holzbauweise auszuführen: »Durch die Verwendung von vorgefertigten Holzelementen im Verbund mit Stahlbetonelementen war es uns dabei möglich, die für Nordrhein-Westfalen landesbaurechtlich zugelassene Grenze von drei Geschossen zu überschreiten«, erklärt Andreas ­Heupel. ­Erfahrungen mit dieser Bauweise hatten bis dahin weder Architekt noch Bauherr vorzuweisen. Als Referenzobjekt für den Neubau diente deshalb der von Architekt Hermann Kaufmann als achtgeschossiger Holz­hybrid ausgeführte LifeCycle Tower (LCT) im österreichischen Dornbirn.

Um das vergleichbar aufgebaute Projekt in Münster erfolgreich planen und umsetzen zu können, wurde neben dem international renommierten und für die Konzeptentwicklung des LCT mitverantwortlichen Ingenieurbüro Ove Arup auch das mit Holzhybrid-Bauten erfahrene Bauunternehmen Brüninghoff hinzugezogen, das den größten Teil der notwendigen Bauteile sowohl vorgefertigt als auch auf Basis einer umfangreichen Logistikplanung mittels BIM auf die Baustelle geliefert hat. »Der Umgang mit transparenten und schnell verfügbaren Termininformationen hat sich insbesondere bei den ­hybriden Fertigteilen bewährt«, erklärt Andreas Heupel. Trotz der dicht bebauten und schwer zugänglichen Grundstückslage am Wasser konnte der Neubau so innerhalb von nur 18 Monaten realisiert werden.

63 mm mehr

Eine besondere Herausforderung stellte die Statik des Gebäudes in Bezug auf den Nachweis des konstruktiven Brandschutzes dar. Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen mussten zunächst sämtliche tragenden Wände und Stützen in der Tiefgarage und im EG in konventioneller Stahlbetonbauweise umgesetzt werden. In einem weiteren Schritt wurde anschließend der zentrale Erschließungs- und Versorgungskern in Kletterbauweise mit Stahlbeton ­ausgebildet. Ebenso wurden in den verschiedenen Ebenen des Gebäudes massive Stahlbetonstützen und Stahlbetonträger mit einer Spannweite von jeweils 8,10 m integriert.

Komplettiert wird die Stahlbetonkonstruktion, die sich als mittig ange­­ordnetes Rückgrat des Gebäudes über die ganze Höhe erstreckt, durch beid­seitig eingesetzte Holz-Beton-Verbunddecken auf sämtlichen Ebenen. Unter 5,89 x 2,68 m große und 12 cm dicke Stahlbetonplatten, die aus logistischen Gründen in unmittelbarer Nähe zur Baustelle gegossen wurden, sind 5,85 m­ ­lange, 24 x 26 cm dicke, weiß lasierte Balken aus Fichtenholz ­verschraubt. »Die Holzbalken sorgen in diesem effektiven Verbund für die ­Abtragung der Zugkräfte, die auf der Stützenkonstruktion aufliegenden Betonelemente nehmen demgegenüber v. a. die Druckkräfte auf«, erklärt Projektleiter Jens Marquard das Prinzip. Als Nachteil der leichten Deckenkonstruktion ergab sich lediglich eine verminderte Trittschalldämmung, die aber durch einen in sämtlichen Ebenen durchgehend verlegten Teppichboden kompensiert wird.

Ein weiteres wichtiges statisches Element sind die im Bereich der beiden Längsfassaden im durchgängigen Gebäuderaster von 1,35 m ausgeführten Wandstützen aus Holz. Zusammengefasst in jeweils 8,10 m ­lange Fassadenelemente wurden sie wie die Deckenele­mente komplett vorgefertigt und werkseitig bereits weiß ­lasiert angeliefert. Gemeinsam mit den Holzdecken schaffen sie eine angenehm warme und natürliche Aufenthaltsqualität im gesamten Gebäude.

»Sämtliche tragenden Bauteile aus Holz mussten wir 63 mm stärker als ­statisch notwendig auslegen, damit sie einer theoretischen Branddauer von 90 Minuten standhalten«, erklärt Andreas Heupel. Zudem wurde das ­Treppenhaus als Sicherheitstreppenhaus ausgelegt und die Trennwand ­zwischen nördlichem und südlichem Gebäudeteil als Brandschutzwand aus ­Beton ausgebildet.

Optimierte Energiebilanz

Durch den hohen Anteil an vorgefertigten Elementen aus Holz spart der ­Neubau rund 260 t an CO2 gegenüber einem konventionell geplanten Büro­gebäude ein. Zusätzlich verbessert wird die Energiebilanz durch eine hochwertig abgedichtete Gebäudehülle mit dreifachverglasten Holz-Aluminium-Fenstern und einer bis zu 24 cm dicken Fassadendämmung aus Mineralwolle. Weitere Elemente zur Einsparung von Energie sind die Nutzung der vorhandenen Fernwärme der nebenan gelegenen Stadtwerke Münster, ein natürliches Lüftungskonzept sowie der konsequente Einsatz von intelligent gesteuerter LED-Beleuchtungstechnik. Zudem stehen den Mietern gemeinschaftlich nutzbare Seminar- und Besprechungsräume im südlichen Teil des EG sowie Ladestationen für Elektroautos und E-Bikes zur Verfügung. Im Zusammenspiel der unterschiedlichen Bausteine gelang ein ressourcenschonend geplanter Büroneubau, der nicht nur einen wichtigen Meilenstein für die weitere Entwicklung der Holz-Hybrid-Bauweise setzt, sondern der gleichzeitig auch einen hochwertig gestalteten architektonischen Blickfang am südlichen Ufer des Stadthafens in Münster schafft.

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Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkelulrike.kunkel[at]konradin.de

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