Bauwerk
Of(f)'n Stüberl Linz
Urmann Radler - Linz (A) - 2015
Etwas Wärme in der Kälte
Diakonie Linz: Menschen ohne feste Bleibe haben kaum geschützte Rückzugsorte. Es ist eine Frage der Baukultur, solche Räume zu schaffen und gut zu gestalten.
23. Dezember 2017 - Tobias Hagleitner
Das Of(f)‘nstüberl der Linzer Diakonie liegt in der Starhembergstraße. Es ist ein unauffälliges Häuschen, etwas kleiner und älter als die üppiger dekorierten Nachbarhäuser aus der Gründerzeit.
Fertiggestellt im Jahr 1864, entstand es bereits in dem schachbrettartigen Straßenraster, das zwei Jahre vorher von einer offenbar langfristig und strategisch planenden Stadtregierung angelegt worden war, um südöstlich des Zentrums ein neues Wohnquartier, das sogenannte Neustadtviertel, zu errichten.
Häuser wie dieses, die nicht denkmalgeschützt, weder wichtig noch besonders sind, werden normalerweise früher oder später abgerissen, um profitablerem Volumen Platz zu machen. In manchen Fällen ist das richtig, weil eine lebendige Stadt Veränderung braucht. Aber nicht immer und nicht überall.
Raum kultivieren
In Linz wäre es angebracht, Baugeschichte mehr zu schätzen, zusammenhängende Ensembles im Stadtgefüge zu erkennen und auch einfache Bauten als Kulturgüter wahrzunehmen und zu erhalten. Sie sind wichtig für ein bisschen Charme und Identität in einer Stadt, die stellenweise mit Härte und Gesichtslosigkeit zu kämpfen hat. Baukultur, also kultiviertes Bauen, bedeutet manchmal eben auch, nicht zu bauen, weil im Bestand Werte liegen – gesellschaftliche, historische, ästhetische –, die mit Geld nicht zu bemessen sind. Für eine solche Kultur der baulichen Wertschätzung ist das Of(f)‘nstüberl vorbildhaft.
Seit 1997 betreibt die Evangelische Stadt-Diakonie am Standort ein Tageszentrum, einen geschützten, warmen Raum ohne Konsumzwang für alle Menschen, denen das fehlt. Um die 15.000 Besuche von mehr als 1000 Personen werden im Jahr gezählt. Nach knapp zwei Jahrzehnten dieser intensiven Nutzung gab es baulichen Handlungsbedarf, um die bestmögliche Betreuung der Gäste weiter gewährleisten zu können.
Gemeinsam mit den Nutzern konnte Architekt Martin Urmann Hauseigentümer wie Fördergeber überzeugen, dass ein Umbau des Bestands mehr Sinn macht als Abriss und Neubau. Städtebaulich betrachtet konnte so eines der ältesten Häuser im Viertel erhalten werden. Innenhof und Straßenzug profitieren von der geringeren Traufhöhe dieses nur zweistöckigen Objekts. Solche „Lücken“ im Blockrand schaffen Licht und Sicht und werten damit das gesamte Viertel auf. In sozialer Perspektive wurde ein „Stammplatz“ für jene Menschen bewahrt und verbessert, die einen solchen Ort der Wohnlichkeit und Vertrautheit am meisten missen.
Menschen respektieren
Herr R. ist einer von ihnen. Während der Öffnungszeiten von 8 bis 12 Uhr vormittags wird das Of(f)‘nstüberl für ihn zum Zuhause. Er nimmt Platz in dem schmalen, gemütlichen Wintergarten, der seit der Renovierung als heller Übergangsraum zwischen drinnen und draußen gern genutzt wird. „Wir sind froh“, sagt er, „dass es so einen Ort gibt.“ Hier trifft er Bekannte, unterhält sich, kann Wärme tanken, bekommt Beratung. Manchmal hilft er im Garten oder beim Wäschemachen.
An diesem kalten Tag ist viel los, obwohl schon bald Mittag ist. Fast alle Tische sind belegt. Der Aufenthaltsraum im Erdgeschoß wurde von Zwischenwänden befreit und zieht sich nun als großer offener Raum komplett barrierefrei von der Straßenseite bis zum Gartenhof.
„Die Infrastruktur hat sich mit dem Umbau sehr verbessert“, sagt Sozialarbeiter Alex. „Unsere Gäste können ihre Wäsche waschen, sich duschen. Oben gibt es Ruheräume mit Liegen. Es ist weniger beengt, die Leute haben Platz und verteilen sich besser. Das vermeidet auch Reibereien.“ Viele der Gäste halfen bei der Renovierung mit, von Abbrucharbeiten bis zur Möblierung. Das war Teil des umsichtigen Konzepts: Begrenzt vorhandenem Budget und beschränktem Raumangebot begegnete Architekt Urmann mit einer Strategie der Einfachheit, die mit wenigen, punktgenauen Eingriffen bauliche Aufwertung und betriebliche Optimierung schafft. Das Haus erfüllt den Bedarf uneitel, zweckmäßig und robust, aber mit ästhetischem und atmosphärischem Anspruch.
Fertiggestellt im Jahr 1864, entstand es bereits in dem schachbrettartigen Straßenraster, das zwei Jahre vorher von einer offenbar langfristig und strategisch planenden Stadtregierung angelegt worden war, um südöstlich des Zentrums ein neues Wohnquartier, das sogenannte Neustadtviertel, zu errichten.
Häuser wie dieses, die nicht denkmalgeschützt, weder wichtig noch besonders sind, werden normalerweise früher oder später abgerissen, um profitablerem Volumen Platz zu machen. In manchen Fällen ist das richtig, weil eine lebendige Stadt Veränderung braucht. Aber nicht immer und nicht überall.
Raum kultivieren
In Linz wäre es angebracht, Baugeschichte mehr zu schätzen, zusammenhängende Ensembles im Stadtgefüge zu erkennen und auch einfache Bauten als Kulturgüter wahrzunehmen und zu erhalten. Sie sind wichtig für ein bisschen Charme und Identität in einer Stadt, die stellenweise mit Härte und Gesichtslosigkeit zu kämpfen hat. Baukultur, also kultiviertes Bauen, bedeutet manchmal eben auch, nicht zu bauen, weil im Bestand Werte liegen – gesellschaftliche, historische, ästhetische –, die mit Geld nicht zu bemessen sind. Für eine solche Kultur der baulichen Wertschätzung ist das Of(f)‘nstüberl vorbildhaft.
Seit 1997 betreibt die Evangelische Stadt-Diakonie am Standort ein Tageszentrum, einen geschützten, warmen Raum ohne Konsumzwang für alle Menschen, denen das fehlt. Um die 15.000 Besuche von mehr als 1000 Personen werden im Jahr gezählt. Nach knapp zwei Jahrzehnten dieser intensiven Nutzung gab es baulichen Handlungsbedarf, um die bestmögliche Betreuung der Gäste weiter gewährleisten zu können.
Gemeinsam mit den Nutzern konnte Architekt Martin Urmann Hauseigentümer wie Fördergeber überzeugen, dass ein Umbau des Bestands mehr Sinn macht als Abriss und Neubau. Städtebaulich betrachtet konnte so eines der ältesten Häuser im Viertel erhalten werden. Innenhof und Straßenzug profitieren von der geringeren Traufhöhe dieses nur zweistöckigen Objekts. Solche „Lücken“ im Blockrand schaffen Licht und Sicht und werten damit das gesamte Viertel auf. In sozialer Perspektive wurde ein „Stammplatz“ für jene Menschen bewahrt und verbessert, die einen solchen Ort der Wohnlichkeit und Vertrautheit am meisten missen.
Menschen respektieren
Herr R. ist einer von ihnen. Während der Öffnungszeiten von 8 bis 12 Uhr vormittags wird das Of(f)‘nstüberl für ihn zum Zuhause. Er nimmt Platz in dem schmalen, gemütlichen Wintergarten, der seit der Renovierung als heller Übergangsraum zwischen drinnen und draußen gern genutzt wird. „Wir sind froh“, sagt er, „dass es so einen Ort gibt.“ Hier trifft er Bekannte, unterhält sich, kann Wärme tanken, bekommt Beratung. Manchmal hilft er im Garten oder beim Wäschemachen.
An diesem kalten Tag ist viel los, obwohl schon bald Mittag ist. Fast alle Tische sind belegt. Der Aufenthaltsraum im Erdgeschoß wurde von Zwischenwänden befreit und zieht sich nun als großer offener Raum komplett barrierefrei von der Straßenseite bis zum Gartenhof.
„Die Infrastruktur hat sich mit dem Umbau sehr verbessert“, sagt Sozialarbeiter Alex. „Unsere Gäste können ihre Wäsche waschen, sich duschen. Oben gibt es Ruheräume mit Liegen. Es ist weniger beengt, die Leute haben Platz und verteilen sich besser. Das vermeidet auch Reibereien.“ Viele der Gäste halfen bei der Renovierung mit, von Abbrucharbeiten bis zur Möblierung. Das war Teil des umsichtigen Konzepts: Begrenzt vorhandenem Budget und beschränktem Raumangebot begegnete Architekt Urmann mit einer Strategie der Einfachheit, die mit wenigen, punktgenauen Eingriffen bauliche Aufwertung und betriebliche Optimierung schafft. Das Haus erfüllt den Bedarf uneitel, zweckmäßig und robust, aber mit ästhetischem und atmosphärischem Anspruch.
Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten
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