Bauwerk

Hauptschule Klaus – Weiler – Fraxern
Dietrich | Untertrifaller - Klaus (A) - 2003
Hauptschule Klaus – Weiler – Fraxern, Foto: Bruno Klomfar
Hauptschule Klaus – Weiler – Fraxern, Foto: Bruno Klomfar

F30 + intelligente Äquivalenzmaßnahmen

15. Juni 2004 - Robert Fabach
Die Hauptschule der drei Vorarlberger Gemeinden Klaus, Fraxern und Weiler war Mitte der 1970er Jahre nach einem pädagogischen Konzept errichtet worden, das großzügige Gemeinschaftsflächen vorsah. Die für heutige Verhältnisse nur gering gedämmte Betonkonstruktion wurde elektrisch beheizt. 25 Jahre später waren diese Konzepte ein Sanierungsfall und der Grundrisszuschnitt für den aktuellen Raumbedarf denkbar ungünstig. Eine Studie ergab Sanierungskosten in der Größenordnung von sieben Millionen Euro, weshalb sich die Gemeinde zum Verkauf der Schule zwecks Umnutzung in einen Gewerbepark und den Neubau eines Gebäudes für 350 Schüler entschloss. Der vorhandene Turnsaal soll weiter genutzt und im Rahmen einer zweiten Baustufe saniert werden. Aus dem zweistufigen Wettbewerb gingen im Frühjahr 2001 »Dietrich|Untertrifaller« als Sieger hervor.

Ein parallel zur Straße liegender Verbindungstrakt zum bestehenden Turnsaal schirmt den Straßenlärm ab und birgt eine zweigeschossige Aula und eine Bibliothek im Obergeschoss. Dahinter liegt ein zweihüftiger Klassentrakt, an dem zum Hof die Stammklassen, zur Westseite die Verwaltung und Sonderunterrichtsräume angeordnet sind. Die räumlichgestalterische Besonderheit bildet ein dreigeschossiger Luftraum in der mittigen Erschließungszone, der ausreichend natürliches Licht durch ein breites Oberlichtband bis ins abgesenkte Sockelgeschoss bringt. Einzelne Brücken führen in die Klassenräume. In der Mitte ist eine Nebenraumzone angeordnet, in die auch das zweite Fluchtstiegenhaus integriert ist. Die lärmintensiven Werkräume wurden im halb versenkten Sockelgeschoss untergebracht. Der bereits eingeleitete Verkauf des Altbaus ließ lediglich eine Bauzeit von 14 Monaten zu. Trotz dieses engen Zeitrahmens wurde eine konventionelle Herangehensweise vermieden und die Aufgabe zur Umsetzung eines Musterbeispiels ökologisch nachhaltigen Bauens in Kombination mit hohen gestalterischen und räumlichen Ansprüchen genutzt.

Alle drei Konzepte – Konstruktion, Haustechnik und Raumgestaltung – lösen in Verbindung mit mehrgeschossigem Schulbau bei Kostenrechnern bzw. Sicherheitsexperten für gewöhnlich heftiges Stirnrunzeln aus. Weil sie von den damit verbundenen Qualitäten überzeugt waren, gelang es dem Büro Dietrich | Untertrifaller jedoch, aus vermeintlich kostenaufwändigen »Sonderwünschen« eine Gesamtlösung zu entwickeln, in der diese Qualitäten ein logisches Ganzes ergeben.

Angesichts des engen Zeitrahmens, einer strengen Kostenvorgabe und der geringen Belastbarkeit des Untergrunds wurde ein Holzbau mit vorgefertigten Elementen konzipiert. Durch sein geringeres Gewicht konnte eine aufwändige Pilotierung vermieden werden. Die Bedenken des Bauherrn bezüglich der akustischen Eigenschaften von Holzkonstruktionen wurden anhand von vergleichbaren Projekten (z.B. die Erweiterung des Klosters Mehrerau in Bregenz von Kaufmann und Lenz) ausgeräumt. Die bauphysikalischen Vorteile des Holzbaus ließen in der Planungsphase einen Passivhausstandard in greifbare Nähe rücken. Mit geringem finanziellen Mehraufwand konnte der zu erwartende Heizwärmebedarf unter die magische Grenze von 15 kWh⁄ m2 Geschossfläche und Jahr gedrückt werden. Mittels einer kontrollierten Be- und Entlüftung samt Wärmerückgewinnung und Vorkonditionierung in einem dreilagigen Erdregister wird nun beheizt und gekühlt. Der kontinuierliche Luftwechsel sorgt ununterbrochen für optimale Sauerstoffkonzentration und Lufthygiene. Die Brennwertgastherme zur Nachheizung wird in der zweiten Baustufe durch eine für Bestand und Neubau gemeinsam nutzbare Biomasseheizung (Hackschnitzel) ersetzt werden.

Ein wesentlicher Beitrag zur Realisierung des Gebäudes lag in der Erstellung eines Brandschutzkonzepts durch das Linzer ibs (Institut für Brandschutz und Sicherheitsforschung). Sowohl der Holzbau an sich als auch der durch den Luftraum zusammengefasste Brandabschnitt mit 4.200 m² waren in den einschlägigen Vorschriften nicht vorgesehen (F 90 für tragende Bauteile bzw. max. 1.600 m² pro Brandabschnitt laut Vorarlberger Schulbauverordnung und Vorarlberger Baugesetz). Es gibt die Möglichkeit – und es wird sie vermutlich auch in der zukünftig österreichweit harmonisierten Bautechnikverordnung neben diesen kategorischen Vorgaben geben –, durch ein Gutachten die Erreichung der vorgeschriebenen Schutzziele nachzuweisen. In Abstimmung mit der zuständigen Brandverhütungsstelle Vorarlberg wurde die daraus entstandene Endfassung schließlich im Genehmigungsbescheid vorgeschrieben. Leider gibt es behördlicherseits vor allem seit den juristischen Nachbeben der Brandkatastrophe von Kaprun eine unterschiedliche Bereitschaft, sich auf diese effektive, aber anspruchsvolle Alternative zum wortgetreuen Gesetzesvollzug einzulassen.

Ausgangspunkt für das IBS war eine umfassende Betrachtung des Brandschutzes, wodurch die erforderlichen Schutzziele wie Personenschutz, Nachbarschaftsschutz, Schutz der Einsatzkräfte etc. auf anderem Weg erreicht wurden. Die Orientierung an einem speziell auf das Bauwerk bezogenen Brandszenario erlaubte eine kosteneffizientere Sicherheit durch die Kombination aus passivem Brandwiderstand der Bauteile und aktiven, intelligenten Maßnahmen in der Sicherheitstechnik. In Summe entstand sogar ein höherer Sicherheitsstandard, als er mit einem Massivbau in F90-Bauweise zu erreichen gewesen wäre.
Bei derartigen Gutachten werden immer wieder Brandschutzkonzepte und vergleichbare Richtlinien aus der Schweiz und Deutschland herangezogen, die unterschiedliche Betrachtungsweisen verdeutlichen.

Brandschutzkonzept in Holz

Generell wurden eine brandhemmende Ausführung (F 30 statt F90) und entsprechende Äquivalenzmaßnahmen vorgesehen: Eine Brandmeldeanlage, eine automatische Sprinkleranlage (Vollschutz) und eine Brandrauchentlüftung, die im öffenbaren Oberlichtband umgesetzt wurde.

Das Schutzkonzept basiert im konkreten Fall auf einer ehestmöglichen Früherkennung eines Brandereignisses, verbunden mit einer internen Alarmorganisation (Räumung des Gebäudes – Personenschutz) und auf der Begrenzung eines möglichen Brandereignisses durch die automatische Sprinkleranlage.

Um Missbrauch oder technischen Fehlern (Fehlalarmierungen der Feuerwehr) vorzubeugen, wurde eine Interventionsschaltung an der automatischen Brandmeldeanlage vorgesehen. Ein Alarm aus einem automatischen Brandmelder löst zwar interne Alarmeinrichtungen aus, gibt aber einer geschulten Person zwei Minuten Zeit, den Alarmgrund zu überprüfen. Bei Vorliegen von Fehl- bzw. Täuschungsalarmen erfolgt eine Alarmrückstellung, ansonsten die Weiterleitung zur Feuerwehr. Durch die automatische Sprinkleranlage wird ein mögliches Brandereignis begrenzt bzw. eingedämmt. Die beiden Stiegenhäuser und der Querriegel zur Straße wurden als eigenständige Brandabschnitte ausgeführt, die Fluchtstiegenhäuser und die Wandkonstruktion im UG in Stahlbeton gefertigt. Alle anderen tragenden Bauteile sind brandhemmend (F 30) ausgeführt. Sofern aus Holz, wurden sie mit zusätzlicher Sicherheit dimensioniert und bleiben auch nach einem kalkulierten Abbrand von 18 mm tragfähig (Deckenuntersichten aus Brettschichtholz und Leimholzstützen). Die Holzstützen im Innenbereich sind durch eine GKF-Verkleidung abgeschirmt. Aus gestalterischen Gründen wurden im Gangbereich schlanke Stahlstützen eingesetzt, die mit einem aufschäumenden Brandschutzanstrich versehen wurden. Dieses Beispiel zeigt, dass eine spezifische Konzeption von Brandschutz nicht zur kostenintensiven Nachbesserung von Materialien geraten muss, sondern unter der Voraussetzung einer frühzeitigen Einbindung von Spezialisten aus Brandschutz, Haustechnik und Statik durch eine gesamtheitliche Betrachtungsweise Synergien und Qualitäten erst zur Entfaltung bringt.

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Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

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