Bauwerk

Raiffeisenbank Freistadt, Um- und Zubau
pointner | pointner Architekten - Freistadt (A) - 2019
Raiffeisenbank Freistadt, Um- und Zubau, Foto: Kurt Hörbst
Raiffeisenbank Freistadt, Um- und Zubau, Foto: Kurt Hörbst

Was so golden glänzt

Wann entsteht Baukunst? Zum Beispiel wenn die Gestaltung lebendiger Siedlungsräume ein Herzensanliegen von Architekten ist – und die Diskussion mit dem Bundesdenkmalamt so bereichernd wie die Zusammenarbeit mit Künstlern. Besuch im oberösterreichischen Freistadt.

13. November 2020 - Romana Ring
Die Raiffeisenbank an der Freistädter Linzer Straße stammt von 1994, als in (Ober)Österreich die Epigonen der Postmoderne noch in vollem Saft standen. Die Dinge sind, wie sie sind. Doch ihre Verbesserung ist möglich, wie die von Pointner Pointner Architekten geplante Erweiterung der Bankstelle zum Raiffeisen-Kompetenzzentrum Freistadt zeigt. Häufig brauchen Objekte dieser Art ja nicht nur im Auftritt eine heilende Hand. In den meisten Fällen erweisen sie sich auch hinsichtlich ihrer Funktionalität als korrekturbedürftig.

Das Haus wird im Erd- und im ersten Obergeschoß von der Raiffeisenbank genutzt. Der zweite Stock und der Dachraum bergen Büros, eine Ordination und Wohnungen. Um die Wege der unterschiedlichen Nutzer zu entflechten, haben Pointner Pointner Architekten den straßenseitigen Eingang zu den beiden oberen Geschoßen an die äußerst linke Kante des Hauses verlegt. Von hier führt der Weg zum unverändert belassenen Erschließungskern in der Mitte des Gebäudes. Der Haupteingang zur Bank wiederum wurde um zwei Achsen nach rechts verschoben, sodass zur Linzer Straße hin genügend Raum für einen von Autostellplätzen frei gehaltenen Vorplatz mit einem barrierefreien Zugang blieb. Der Haupteingang führt in das geräumige Foyer mit dem Kundenempfang. Dahinter führt eine aus dem Bestand übernommene interne Stiege in den ersten Stock. Pointner Pointner Architekten haben die Grundrissorganisation, aber auch Oberfläche, Möblierung und Beleuchtung der Bankfiliale behutsam aufgefrischt. Eine Fotoinstallation von Kurt Hörbst, die dem Kompetenzzentrum zugeordnete Orte in ungewöhnlichen Ausschnitten zeigt, wurde in die Raumteilungen integriert. Auch der goldfarbene Metallschirm zur Betonung des Kompetenzzentrums Richtung Linzer Straße ist keine reine Verschönerungsmaßnahme. Er erfüllt den guten Zweck des Sonnen- und Sichtschutzes. Gold, Diskretion und physische Verschlossenheit werden ja auch in Zeiten digitaler Geldflüsse mit der Institution Bank in Verbindung gebracht.

Die Verwandlung der Bankfiliale Linzer Straße in das Kompetenzzentrum Freistadt wird in einem Gebäudeteil abgebildet, den man im Vorbeifahren kaum sieht. Pointner Pointner Architekten haben über der in den Hang geschobenen Garage in der östlichen Hälfte des Grundstückes einen multifunktionalen Veranstaltungssaal errichtet, der die gestalterische Bilanz der Gesamtanlage weit ins Positive verschiebt. V-förmig ausgebildete Stützen aus Schleuderbeton und eine massive Betonplatte heben den freigestellten Holzbau des Saales auf die Ebene des zweiten Obergeschoßes. So bleibt auf dem Dach der Garage ein witterungsgeschütztes Parkdeck erhalten. Die Form der Stützen ergibt sich keineswegs aus dem Bedürfnis, originell zu wirken, sondern erleichtert es, die Lasten über die bestehende Konstruktion der Garage abzuleiten. Auch die leichte Schrägstellung der Westfassade des Saals ist der Notwendigkeit geschuldet, den vorgeschriebenen Lichteinfall für den Bestand zu erhalten. Das Pultdach des Zubaus ist nach Westen geneigt, seine nach Osten orientierte Außenwand folgt dem Verlauf der Grundgrenze mit einem Knick. Aus diesen Antworten auf das Vorgefundene entsteht ein plastisch durchgeformter Baukörper, der seiner Lage in der zweiten Reihe einen selbstbewussten Auftritt entgegensetzt. An das Stiegenhaus des Bestandes ist der Saal mit einer verglasten Brücke angebunden, die in eine Foyerzone mündet. Das Foyer setzt sich in einem Balkon mit daran schließender Fluchttreppe fort, sodass die Nutzung des Saales auch abgekoppelt vom Weg durch den Altbestand möglich ist. Während der Saal von einer goldfarbenen Metallfassade umhüllt wird, zeigt sich der konstruktive Holzbau innen als fein gearbeitete Schatulle, in der die Vorzüge des Baustoffes zur Geltung kommen. Mit handwerklicher Sorgfalt wurden die zarten Profile der Wand- und Deckenverkleidung zwischen die tragenden Rahmen gefügt und verbinden so die vertraute Anmutung des Holzes mit großer Eleganz. Nach Süden hin öffnet sich der Saal dem Blick über die allmählich in den Landschaftsraum verrinnende Vorstadt, während im Osten der dichte Baumbestand des Nachbargrundstückes einen nicht unwesentlichen Beitrag zur außergewöhnlichen Stimmung des Ortes leistet.

Der unaufgeregte Umgang mit vorerst wenig befriedigenden Situationen und die Fähigkeit, bisher verborgene Vorzüge eines Ortes durch Architektur erfahrbar zu machen, sind eine Konstante im Werk der Pointner Pointner Architekten. Eine wichtige Quelle ihrer Inspiration liegt in der Hinwendung zum Gegenüber. Sie arbeiten mit ihren Auftraggebern auf Augenhöhe zusammen, was ihnen Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft verleiht. Seit mehr als zwanzig Jahren stellen sie ihr Können in einer Vielzahl gelungener Arbeiten unter Beweis. Helmut und Herbert Pointner, die Gründer der Pointner Pointner Architekten, haben in Wien Architektur studiert. Während Helmut Pointer das Büro in Wien betreut, kehrte sein Bruder Herbert in die Heimatstadt Freistadt zurück, wo er die oberösterreichische Niederlassung leitet. Engagement für gutes Bauen ist hier wie da vonnöten. Hier wie da werden die Projekte gemeinsam entwickelt, geht es nicht um vordergründig schöne Bilder, sondern um Nachhaltigkeit.

Ihr Einsatz für den konstruktiven Holzbau ist eine Facette dieser Haltung, ihre Affinität zum Bauen im Bestand eine weitere. Pointner Pointner Architekten empfinden die Diskussion mit dem Bundesdenkmalamt als ebenso bereichernd wie die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern. Die Gestaltung funktionstüchtiger, lebendiger Siedlungsräume ist ihnen ein Herzensanliegen. Insbesondere der historische Kern von Freistadt verdankt Helmut und Herbert Pointner neben dem anlässlich des Landesausstellungsjahres 2013 neu geordneten Hauptplatz eine Vielzahl revitalisierter historischer Bauten: von ihrem ersten, mit Christian Hackl und Josef Ullmann bearbeiteten Projekt, dem zum Kulturzentrum umgedeuteten Salzhof, über wiedergewonnene Wohngebäude wie das Haus am Böhmertor bis zur alten Lateinschule, in der nun neben Büros und Wohnungen auch das Freistädter Atelier der Pointner Pointner Architekten untergebracht ist. Helmut und Herbert Pointner werden heuer mit dem Kulturpreis des Landes Oberösterreich in der Sparte Architektur ausgezeichnet.

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