Bauwerk

Kohlenrutsche
studio uek - Wien (A) - 2019
Kohlenrutsche, Foto: Julian Mullan
Kohlenrutsche, Foto: Oliver Ottenschläger
12. Mai 2022 - Az W
Das längsrechteckige Baufeld „An den Kohlenrutschen / Am Tabor“ mitten im Stadtentwicklungsgebiet des ehemaligen Nordbahnhofs war im städtebaulichen Leitbild (StudioVlayStreeruwitz) als Baugruppenprojekt ausgewiesen. Der Verein Anders Wohnen bewarb sich 2014 dafür und erhielt vom Bauträger, dem Österreichischen Volkswohnungswerk (ÖVW), den Direktauftrag.
Für die Planung zeichnet das Architekturbüro studio uek (Katharina Urbanek, Benni Eder, Theresa Krenn, die mittlerweile in neuen Konstellationen arbeiten) verantwortlich. Die Architektinnen gehörten selbst zum Initiativteam der Baugruppe.

Der Fokus des Projekts, das für die Umsetzung als Wohnheim deklariert wurde, liegt auf Gemeinschaft: Ein Viertel der Flächen steht allen Hausbewohnern zur Verfügung. Das Angebot umfasst: Kindergruppe, Proberaum, Arbeitsraum, Gemeinschaftsküche, Gewerberaum, Ausstellungsraum, Food Coop, Sommerküche.
Das Erdgeschoss dient zur Gänze kollektiven Zwecken. Die Gemeinschaftsküche, ein Veranstaltungs- und ein Spielraum sind mittels Schiebewänden unterschiedlich schaltbar. Die Raumfolge geht an der Westseite in einen gartenähnlichen Innenhof über, den sich das Haus mit zwei anderen, zur selben Zeit errichteten Wohngebäuden teilt. Ein Ausstellungsraum im Erdgeschoss belebt außenwirksam das Quartier.
Ein Patio an der südlichen Schmalseite im Souterrain bildet einen zusätzlichen begrünten Freiraum und belichtet die anschließende Werkstatt und den Musikproberaum.

Das konstruktive Konzept beruht auf tragenden Außenwänden und zwei mittigen Erschließungskernen, ein System, das hohe Flexibilität in den Innenteilungen bietet. Es ermöglicht ungewöhnlich offene Grundrisslösungen, langfristige Adaptierbarkeit und ein breites Spektrum an Wohnungsgrößen, von Clusterwohnungen bis zu Minimaleinheiten.
Ein wesentliches Element des Entwurfskonzepts sind die zweigeschossigen, tief eingeschnittenen Loggien an den Längsseiten. Sie öffnen die Stiegenhäuser zum Außenraum hin und fungieren als gemeinsame Terrasse für die beiden jeweils anliegenden Wohnungen.

Für die Kinder des Hauses ist das gesamte Gebäude Spiel- und Begegnungsraum. Die beiden Stiegenhäuser sind farblich differenziert – Weinrot und Petrol.
Das 8-geschossige Gebäude ist an der Nordseite um drei Geschosse niedriger angelegt – auf dem Dach des 5-geschossigen Bauteils legte die Landschaftsplanerin Carla Lo zusammen mit der Baugruppe einen Gemeinschaftsgarten an, in dem auch Obstbäume wachsen. An den Dachgarten schließen weitere Gemeinschaftsräume im 6. Obergeschoss des höheren Bauteils an.
Balkonbänder laufen wie ein semi-transparenter Vorhang allseitig um das Gebäude und bilden halb private, halb gemeinschaftliche Außenräume für die Wohnungen.

Das Baugruppenprojekt zeigt: Es ist möglich, mit einfachen Mitteln wie Pflanztrögen und einer Basisbegrünung als integrativem Bestandteil des Bauprojekts vertikale Grünräume zu generieren. Dies entspricht einem Leitziel der Planerinnen: „Leben und Wohnen mit einem hohen Grad an Bezug zum Außenraum“. Im Geiste von Le Corbusier und Josef Frank durchziehen die kollektiven Innenbereiche und die vielfältigen Außenbereiche als räumlich abwechslungsreiche Promenade das Haus vom Souterrain bis zum Dach. (Text: Maria Welzig)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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