Bauwerk

Ortszentrum Stanz
Nussmüller Architekten - Stanz im Mürztal (A) - 2020
Ortszentrum Stanz, Foto: Simon Oberhofer
Ortszentrum Stanz, Foto: Simon Oberhofer
12. Oktober 2021 - HDA
Die Stanz bietet als Seitental des Mürztales hohe Wohnqualität abseits von Autobahn und Industrie. Seit langem bestand hier die Nachfrage nach Kleinwohnungen. Nach vier Jahren intensiver Bürgerbeteiligung und Beiziehung von Fachleuten entstand hier ein Holzbau mit acht betreubaren Wohneinheiten und acht Starterwohnungen mit 40 bis 55 m² Wohnfläche. Im gemeinsamen Erdgeschoss befindet sich wieder ein Nahversorger, der das gesamte Ortszentrum belebt. Auch das Gemeindeamt wurde auf einen zeitgerechten, kundenfreundlichen Standard gebracht, wobei der Gemeinderatssaal zum Multifunktionsraum wurde. Das „Sewerahaus“ am Platz mit der Bankstelle im Erdgeschoss und zwei Wohnungen darüber wurde saniert. Möglich wurde dieses Projekt durch die Initiative eines aktiven Bürgermeisters samt Gemeinderat, den idealistischen Einsatz von Soziologen und Architekturbüro, sowie die aktive Unterstützung der Steiermärkischen Landesregierung.

Unterschiedlichste Anforderungen, die komplexe Topografie und der baufällige Altbestand erforderten eine Mischung aus Sanierung, Abbruch und Neubau. Durch die Trennung des Haupthauses und des „Sewerahauses“ am Platz wurde ein wichtiger erster Schritt getan. Die Platzsituation hat sich dadurch stark verändert. Das Ensemble bekommt durch die entstandene Fußgängerzone urbanen Charakter. Wo früher ein leerstehender ADEG-Markt war ist nun ein neuer Nahversorger. Auf dessen Flachdach liegen zwei Baukörper mit Satteldach wo 16 Wohnungen Platz finden. Der dritte neue Baukörper ist der Gemeinde zugeordnet. Der Hauptplatz mit den Geschäftslokalen, das Gemeindeamt mit dem neuen Saal und sämtliche neuen Wohnungen sind über eine zentrale Erschließung mit Liftanlage barrierefrei verbunden. Den Wohnungen sind Freibereiche im gemeinsamen Innenhof (am Dach des Nahversorgers) angeschlossen. Diese Hoftypologie ermöglicht den Ausblick der nördlich angrenzenden Wohnbebauung, die Ost-West-Orientierung der Wohnungen und eine durchgesteckte Grundrisstypologie. Die Neubauten über dem Sockelgeschoss wurden in konstruktivem Holzbau errichtet.

Der Startschuss zum Projekt erfolgte 2016 mit der „Agenda 21 –Stanz gemeinsam gestalten“. Mit 80 Aktivbürger:innen wurden in der neu eingerichteten „Dorfwerkstätte“ eine Vielzahl von Ideen geschmiedet und in kurz-, mittel- und langfristige Vorhaben unterteilt. Begleitet durch die Landentwicklung Steiermark und Soziologen der Agentur SCAN wurden rasch kurzfristig umsetzbare Projekte angegangen und auch abgeschlossen. Mittelfristig kristallisierte sich der dringende Wunsch nach einer umfassenden Ortskernsanierung heraus. Aufgrund einer Analyse der Bausubstanzen durch Nussmüller Architekten wurde aus den Wünschen der Arbeitsgruppen ein umfassendes Konzept für ein multifunktionales Bauprojekt entwickelt, welches die folgenden Forderungen der Bevölkerung abdeckt: Wiederherstellen eines Nahversorgers; Schaffung eines Hauptplatzes als Begegnungszone; Wohnen im Zentrum und betreubares Wohnen;
ein Kultur– und Veranstaltungsraum; Sanierung des Gemeindeamts und der umliegenden Gebäude.

Dazu wurde von der Gemeinde das dominante Gebäude im Zentrum mit finanzieller Unterstützung der „Sanierungsoffensive zur Belebung von Ortskernen“ (Wohnbau-Förderung Land Steiermark) erworben. Nach Festlegung der Wünsche der Gemeinde wurde ein Bauträgerwettbewerb unter gemeinnützigen Wohnbauträgern ausgeschrieben, bei dem die SG Ennstal als Bestbieter hervorging. Um- und Zubau des Gemeindeamts wickelte der Bauträger im Betreuungsvertrag ab, den Hauptteil im Baurecht.
Durch den Abbruch der Zubauten entstand eine neue Passage, die an den neuen zentralen Platz anschließt. Auf Platzniveau ist der Nahversorger positioniert, der durch ein völlig neues Marktkonzept für freie Kaufleute eine zentrale innerörtliche Funktion darstellt. Das große Angebot an regionalen Produkten, eine Poststelle und eine Wiederverwertungsküche sind in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert. Darüber spannt sich ein begrünter Wohnhof zwischen betreubaren- und Starterwohnungen.

Als Ort der Begegnung und Kommunikation unterstützt das neue Zentrum die soziale Weiterentwicklung. Die architektonische Neuformulierung erzeugt das Bild des Aufbruchs in eine neue Zukunft des Ortes. (Text: Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: HDA

Ansprechpartner:in für diese Seite: Karin Wallmüllerbaudatenbank[at]hda-graz.at