Bauwerk
Renngasse 10
3XN - Wien (A) - 2019
1. Juli 2022 - Az W
In der Wiener Innenstadt stand nach Abriss eines Nachkriegsbaus zwischen Tiefem Graben und Renngasse das umfangreichste Neubauvolumen seit dreißig Jahren zur Disposition. Die Stadt Wien machte für das Wohnbauprojekt des Bauwerbers JP Immobilien einen geladenen Architekturwettbewerb zur Bedingung. Eine weitere Vorgabe der Stadt war, den Vorbereich zur Wächtergasse, der zum Großteil öffentlicher Raum ist, als Platz zu gestalten und den dort befindlichen schmalen Durchgang zum Tiefen Graben benutzerfreundlich und einladend auszubilden.
Die historischen Schichten des Bauplatzes gehen bis in die Römerzeit zurück. Seit dem 18. Jahrhundert stand hier der barocke Wiener Stiftshof der Augustiner-Chorherren von Stift Klosterneuburg, geplant von Matthias Gerl und Donato Felice d’Allio. Das NS-Regime enteignete das Stift und missbrauchte den Bau von 1941 bis 1944 als Lager für Zwangsarbeiter. Nach einem Bombentreffer 1945 folgte die Abtragung und 1962 ein Neubau als Büro- und Bankhaus (Architekt: Josef Becvar).
3XN Architects aus Kopenhagen, die den Wettbewerb 2014 gewannen, gelang ein frischer Neustart. Der Bau setzt eine neue atmosphärische Note in der historischen Stadt. Der allseitig geschwungene Baukörper bringt Bewegung und Lebendigkeit in das traditionsreiche Ambiente. Einen neuen, warmen Ton setzt auch die Farbigkeit: Die Fassaden bestehen aus geflämmten Aluminiumpaneelen, die in Ocker-, Gelb- und Brauntönen changieren. Material und Form sind ungewohnt; gleichzeitig fügt sich der Bau in seiner Eleganz und hohen architektonischen Qualität wie selbstverständlich in die Umgebung ein.
Eine Bereicherung für die Stadt ist der neugestaltete Platz an der Wächtergasse. Auch hier wirkt der sanfte Schwung des Baus als einladende Geste.
Ein Pflanzbeet, das gleichzeitig Stadtmöbel und Sitzgelegenheit ist, nimmt die organische Form der Fassade auf. Birken und ein Wasserbecken bieten Ersatz für den alten Baum, der ursprünglich auf dem Platz stand.
Der Stiegen-Durchgang zum Tiefen Graben wurde verbreitert und mit einem Lift ausgestattet; den Geländesprung markiert eine Höhenabstufung des Baukörper.
Die Wohnungen verfügen über (wenn auch minimal bemessene) Balkone, die sich zum Platz hin orientieren. Auch das ist ein ungewohntes Element in der Wiener Innenstadt, es belebt den Stadtraum und schafft eine südliche Atmosphäre.
Die Erdgeschoßzone ist gewerblichen Nutzungen gewidmet. Über ihre raumhohen und raumbreiten Verglasungen tritt sie mit dem öffentlichen Raum in Verbindung.
Auch im Luxussegment schrumpfen die Wohnungsgrößen. Der überwiegende Teil der 73 Eigentumswohnungen hat eine Größe von rund 50m². Die obersten Geschoße nehmen bis zu 240m² große Penthouse- und Duplexwohnungen mit Dachterrassen ein. Die Apartments dienen teils als Vorsorgewohnungen, teils zur Eigennutzung.
Ungewöhnlich für ein Wohnprojekt in dieser Lage und Kategorie ist die Aufmerksamkeit, die auf die Gemeinschaftsräume gelegt wurde. Über einen Wellness- und Yogabereich hinaus gibt es eine Gemeinschaftsküche mit Essraum und eine Bibliothek – beides wird gut genutzt.
Der Schwung des Baukörpers beschränkt sich nicht auf die Fassaden, sondern generiert einen räumlich ansprechenden Innenhof. Dieser ist ebenfalls als Gemeinschaftsbereich gestaltet, die Feuermauer wurde großzügig mit Rankgewächsen bepflanzt.
Für die Innengestaltung und die Projektleitung vor Ort waren Malek Herbst Architekten verantwortlich, die im Wettbewerb den 2. Platz belegt hatten.
Das Projekt ist Auftakt zu weiteren Neubauten in der Inneren Stadt. Immobilienentwickler im High End Bereich haben die Verantwortung dem Stadtraum – von dessen Attraktion sie ja profitieren – etwas zurückzugeben. Das ist hier gelungen, auch dank des dänischen Architekturbüros mit seiner erfrischenden Distanz zum Lokalkanon. (Text: Maria Welzig)
Die historischen Schichten des Bauplatzes gehen bis in die Römerzeit zurück. Seit dem 18. Jahrhundert stand hier der barocke Wiener Stiftshof der Augustiner-Chorherren von Stift Klosterneuburg, geplant von Matthias Gerl und Donato Felice d’Allio. Das NS-Regime enteignete das Stift und missbrauchte den Bau von 1941 bis 1944 als Lager für Zwangsarbeiter. Nach einem Bombentreffer 1945 folgte die Abtragung und 1962 ein Neubau als Büro- und Bankhaus (Architekt: Josef Becvar).
3XN Architects aus Kopenhagen, die den Wettbewerb 2014 gewannen, gelang ein frischer Neustart. Der Bau setzt eine neue atmosphärische Note in der historischen Stadt. Der allseitig geschwungene Baukörper bringt Bewegung und Lebendigkeit in das traditionsreiche Ambiente. Einen neuen, warmen Ton setzt auch die Farbigkeit: Die Fassaden bestehen aus geflämmten Aluminiumpaneelen, die in Ocker-, Gelb- und Brauntönen changieren. Material und Form sind ungewohnt; gleichzeitig fügt sich der Bau in seiner Eleganz und hohen architektonischen Qualität wie selbstverständlich in die Umgebung ein.
Eine Bereicherung für die Stadt ist der neugestaltete Platz an der Wächtergasse. Auch hier wirkt der sanfte Schwung des Baus als einladende Geste.
Ein Pflanzbeet, das gleichzeitig Stadtmöbel und Sitzgelegenheit ist, nimmt die organische Form der Fassade auf. Birken und ein Wasserbecken bieten Ersatz für den alten Baum, der ursprünglich auf dem Platz stand.
Der Stiegen-Durchgang zum Tiefen Graben wurde verbreitert und mit einem Lift ausgestattet; den Geländesprung markiert eine Höhenabstufung des Baukörper.
Die Wohnungen verfügen über (wenn auch minimal bemessene) Balkone, die sich zum Platz hin orientieren. Auch das ist ein ungewohntes Element in der Wiener Innenstadt, es belebt den Stadtraum und schafft eine südliche Atmosphäre.
Die Erdgeschoßzone ist gewerblichen Nutzungen gewidmet. Über ihre raumhohen und raumbreiten Verglasungen tritt sie mit dem öffentlichen Raum in Verbindung.
Auch im Luxussegment schrumpfen die Wohnungsgrößen. Der überwiegende Teil der 73 Eigentumswohnungen hat eine Größe von rund 50m². Die obersten Geschoße nehmen bis zu 240m² große Penthouse- und Duplexwohnungen mit Dachterrassen ein. Die Apartments dienen teils als Vorsorgewohnungen, teils zur Eigennutzung.
Ungewöhnlich für ein Wohnprojekt in dieser Lage und Kategorie ist die Aufmerksamkeit, die auf die Gemeinschaftsräume gelegt wurde. Über einen Wellness- und Yogabereich hinaus gibt es eine Gemeinschaftsküche mit Essraum und eine Bibliothek – beides wird gut genutzt.
Der Schwung des Baukörpers beschränkt sich nicht auf die Fassaden, sondern generiert einen räumlich ansprechenden Innenhof. Dieser ist ebenfalls als Gemeinschaftsbereich gestaltet, die Feuermauer wurde großzügig mit Rankgewächsen bepflanzt.
Für die Innengestaltung und die Projektleitung vor Ort waren Malek Herbst Architekten verantwortlich, die im Wettbewerb den 2. Platz belegt hatten.
Das Projekt ist Auftakt zu weiteren Neubauten in der Inneren Stadt. Immobilienentwickler im High End Bereich haben die Verantwortung dem Stadtraum – von dessen Attraktion sie ja profitieren – etwas zurückzugeben. Das ist hier gelungen, auch dank des dänischen Architekturbüros mit seiner erfrischenden Distanz zum Lokalkanon. (Text: Maria Welzig)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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