Bauwerk

Mittagstisch Volksschule Lustenau Kirchdorf
Julia Kick - Lustenau (A) - 2019
Mittagstisch Volksschule Lustenau Kirchdorf, Foto: Angela Lamprecht
Mittagstisch Volksschule Lustenau Kirchdorf, Foto: Angela Lamprecht
24. Juni 2022 - vai
Am Kirchplatz von Lustenau befindet sich ein kleines Einkaufszentrum, der sogenannte Kirchpark. Jahrelang war dort im ersten Stock ein dubioses Wettbüro eingemietet. Der Bürgermeister wünschte sich dort eine andere Nutzung, der Eigentümer war bereit, das Lokal bei Bedarf sofort der Gemeinde zu vermieten. Die Volksschule wächst stark, wird ständig ausgebaut und litt an einem eklatanten Mangel an Mittagsbetreuungsplätzen. Also wurde das einstige Wettbüro zum mehrfach nutzbaren Raum mit Mittagstisch für die Schule umgebaut.

Das Geschäftslokal ist auffallend lang, etwa neun Meter breit, von der Straße aus gut wahrnehmbar. Sein spitzes Ende kragt im Süden an der Gebäudeecke stark aus, die Fassade im Osten ist fast 30 Meter lang, die beiden kirchplatzorientierten Wände sind umlaufend komplett bodentief verglast. Die Architektin erkannte die immanente Qualität dieses Bestands. Er wurde als nutzungsoffener Möglichkeitsraum begriffen. Die Strategie der Wahl ist der „Zwiebellook“. Die zentrale, hochwertige Küche aus Edelstahl bildet gleichermaßen den Ausgangspunkt und innersten Kern, zu dem sich mit textilen Vorhängen mehr und mehr Bereiche dazu schalten lassen. Der lange Raum wird so gegliedert und es entstehen Nischen. Die meterlangen Stoffbahnen schlucken außerdem Schall, das ist in einem Aufenthaltsraum für so viele Kinder mit einem derart hohen Anteil an schallharten Glasflächen essentiell. Durch zusätzliche Akustikplatten an der Decke wird der geforderte Wert sogar unterschritten. Abgebrochene Einbauten und Abplatzungen hatten im bestehenden, gelb beschichteten PU-Boden eigenwillige Muster erzeugt. Bewusst wurden lediglich Fehlstellen ausgespachtelt, grob geschliffen und neu versiegelt. Die Patina und damit die Vergangenheit des Bodens durften sichtbar belassen bleiben, ihre spielerische Zufälligkeit belebt den Raum und nimmt ihm seine Kühle.

Das Herzstück der Mittagsbetreuung bilden drei große, lange, massive, geölte Holztische aus Ulme. Georg Bechter hat Tisch und Bänke entworfen, die Tischlerei Martin Bereuter hat sie in handwerklicher Präzision produziert und den Hocker eigens neu dazu entwickelt. Die Beauftragung dieser hochwertigen, lokal produzierten Massivholzmöbel ist ein Statement für Langlebigkeit. Wie der Boden dürfen auch die Möbel Patina bekommen. Natürliches Holz als Grundlage für ein gesundes, gemeinsames Essen von vielen Kindern. Die großen Tische können auch auf Rollbretter gestellt und zur Seite geschoben werden.

Im Osten ist der langen Glasfassade eine Dachterrasse vorgelagert, die fast so groß ist wie der Innenraum. Er ist als Außenwohnzimmer mit einem günstigen, grauen Outdoorteppich ausgelegt und mit Sitzsäcken möbliert. Hier können sich die Kinder frei bewegen. Pflanztröge vor der großzügigen Verglasung wirken als natürliche Beschattungselemete. (Text: Isabella Marboe, nach einem Text der Architektin)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Vorarlberger Architektur Institut

Ansprechpartner:in für diese Seite: Verena Konradvk[at]v-a-i.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft

Fotografie