Lingenau, eine Kleingemeinde im Vorderbregenzerwald mit rund 1550 vergleichsweise jungen Einwohnern, verzeichnete 2019 einen stark steigenden Bedarf an Kindergartenplätzen. Nach eingehenden Beratungen entschloss sich die Gemeinde zur Umsetzung eines Naturkindergartens. So konnte der Kindergartenbau auf ein Minimalkonzept reduziert werden, dies zugunsten eines großzügigen naturnahen Spielraumes im Freien. Der Spielraum liegt zu einem Drittel auf ebenem und zu zwei Drittel in zunehmend steilem Gelände. Auf der ebenen Fläche um die Kindergartenhütte gruppieren sich ein Sitzkreis, eine Kletterzone, ein Sandspielbereich sowie ein Bauspielplatz. Diese Zone mit spielräumlich intensiverer Gestaltung nimmt Bezug auf die Topografie des Orts und referenziert das kulturlandschaftliche und siedlungsräumliche Umfeld des Standorts. Materialisierung und Formensprache reagieren auf Natur- und Kulturbestand in der Region. Der steile Wiesenhang erfuhr im Zuge der Gestaltung als Naturspielplatz seine spielräumliche Aufwertung mittels eines offenen Gerinnes mit niedrigen Steinstufen und schließlich einer großzügigen Einlaufmulde, ausgeführt als Rauhbett. Steigstämme, Bachsteine, Steinhaufen, Rundholztreppen und Rohbodenmulden steigern das Spielerlebnis um das Gerinne. Neben der spielräumlichen Inwertsetzung des Standorts hat das Areals auch an Biotopqualität gewonnen. Zuvor mehrmähdige Intensivwiese, konnten mittlerweile in den schwächer frequentierten Bereichen des Areals sogar kräutereiche Wiesenmischungen vergleichsweise ungestört etabliert werden. In den stärker frequentierten Zonen mit teilweise anstehendem Rohbodenmaterial kann regelmäßig eine Wiederbesiedelung mit krautigen Pionierarten oder auch die Besiedelung mit Rohbodenbewohnern beobachtet werden. Eben diese kleinräumliche Standortvariabilität mit ihrer Flora und Fauna trägt wesentlich zum Naturerlebnis- und Erfahrungswert der Anlage bei. Eine Vielzahl an heimischen Gehölzen, Bäumen und Sträuchern mit Vogel- und Bienennähr- sowie Nistgehölzen steigern die Bespiel- und Nutzbarkeit der Anlage zusätzlich. Wildfrüchte, Bastelmaterial, Blätterwerk und Blüten sind wichtige Naturschätze für die Kinder. Zuerst als neues Format von Eltern mitunter kritisch beobachtet, erfreut sich der Naturkindergarten inzwischen großer Beliebtheit im Dorf.