Im südlichen Hügelland von Straden liegt zwischen Apfelbaumreihen der Obsthof Neumeister. Der landwirtschaftliche Betrieb, in welchem Obst vor allem zu Essig, Saft und Schnaps verarbeitet wird, wuchs in mehreren Bauetappen. Mit der Übergabe an die nächste Generation wird der Betrieb rundum erneuert, mit zusätzlichen Produktions- und Lagerflächen ergänzt und mit einem neuen Verkaufsraum veredelt.

Die im Laufe der Zeit aneinander gereihten Gebäudeteile werden ihrer unterschiedlichen Dachformen entledigt. Der alte Dachstuhl findet in einem anderen Betrieb Verwendung. Einer Ruine gleich stehen Mauern und Bodenplatten kurzzeitig alleine da. In rigider Strenge spannt sich der neue Dachstuhl über die Bestandsmauern. Das große Dach aus gewelltem Faserzement fasst die Fragmente zu einer Einheit zusammen. Die nördliche Hälfte hat ein Shed nach Westen, die südliche Hälfte ein Shed nach Osten. Die Struktur des Bestandes ist so weiterhin erkennbar. An den Ecken wird an der Vorderseite der Verkaufsraum und an der Hinterseite zusätzliche Produktionsfläche ergänzt.

Die bestehenden Mauern bilden das Fundament für den aufgesetzten Holzskelettbau, der als einheitlicher Raster über das Gebäude gezogen ist. Als Vermittler zwischen den Materialien dienen betonierte Mauerkronen, welche die Ziegelwände statisch zusammenhalten, deren Höhen vereinheitlichen und als Gestaltungselement dienen. Das Innere wird neben diesen Betonrosten vor allem durch die mehrteiligen Gesperre des Dachstuhls geprägt. Im Fasslager, dem schicksten der Produktions- und Lagerräume, nobilitiert der dunkle, flaschengrüne Hintergrund die rohen Fichtenbalken. Die Mauern aus allen möglichen Ziegel- und Betonsteinen werden hier nur weiß gespritzt, die wilde Struktur bleibt sichtbar.
Nach der Reorganisation wird die zentrale Manipulationshalle von ihr dienenden Nebenräumen wie Kühlraum, Tankraum, Schnapsbrennraum etc. umzingelt. Belichtet wird sie von oben über das Shed. Ein innenliegendes Fenster lässt den Blick über den tiefer liegenden Verkaufsraum hinweg in die gegenüberliegenden Apfelplantagen und Weinberge schweifen.

Den Mittelpunkt des Verkaufsraums definiert der Verkaufstresen aus Apfelholz – wie sollte es anders sein. Fenster und Einbaumöbel sind aus geölter Lärche gefertigt, die freistehenden Möbel aus Nussholz. Ein umlaufendes Brett – mal Vorhangbrett, mal Regal, mal Gestaltung – bildet einen Horizont. Darüber fassen lindgrün oder hellgelb gestrichene Akustikverkleidungen den Raum. Beheizt wird der Verkaufsraum über die bauteilaktivierte Bodenplatte. Geschliffen und versiegelt ist sie gleichzeitig der Bodenbelag. Eine mit dunklem Stoff bezogene Schiebetüre führt über ein paar Stufen in die zentrale Manipulationshalle. Eine verglaste Türe gibt den Blick auf die gestapelten Eichenfässer im Fasslager frei.

Die Fassade wird durch die außen liegenden, tragenden Stützen definiert. Diese veranschaulichen den Skelettbau und geben die Lasten an einen gewaschenen Betonsockel ab. Die Felder dazwischen sind mit Fenstern, textilem Sonnenschutz, Holzplatten oder einfacher Holzschalung gefüllt. Die tragenden Holzelemente sind dunkelgrau, die füllenden sandgrau lasiert. An den Stirnseiten ist die Holzschalung aufwändiger ausgeführt. Sie verweist auf die Erweiterbarkeit des langgestreckten Bauwerks, dessen Profil sich nur an den kurzen Gebäudeseiten offenbart. (Text: Architekt:innen)