Bauwerk
Firmenzentrale Jägerbau
Innauer Matt Architekten - Vorarlberg - 2023
Firmenzentrale in Bludenz
Außen und innen prägt rötlicher Sichtbeton die neue Zentrale des Vorarlberger Unternehmens Jäger Bau. Doch das monochrome Bauwerk in Bludenz wirkt alles andere als monoton. Kubatur, Fassade und Interieur setzen grandiose Kontrapunkte zum farblichen Gleichklang.
10. April 2024 - Klaus Meyer
Zum Einsatz kam Grauzement mit einem zehnprozentigen Zuschlag von Flüssigbraun der Handelsmarke HS 655 N F-BB. Doch der neue Firmensitz des österreichischen Bauunternehmens Jäger Bau schaut weder graubraun noch bräunlich-grau aus. Vielmehr präsentiert sich das Gebäude in einem Zwischenton, den zu benennen gar nicht so leicht fällt. Altrosa? Korallenrot? Indischrot? Porphyrrot? Jedenfalls prägt der rötliche Zwischenton des Sichtbetons nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Jägerbaus, sondern auch den Charakter der Innenräume. Alles wirkt wie aus einem Guss, wie gerade ausgeschalt und zugleich ungemein fein. Der Architekt Markus Innauer spricht denn auch von einem »Edelrohbau«.
Doch der Reihe nach. Schauplatz dieser Geschichte ist die im Süden Vorarlbergs gelegene Bezirkshauptstadt Bludenz. Der Ort hat rund 16 000 Einwohner:innen, bildet das Zentrum von fünf umliegenden Alpentälern und gehört dem Tourismusverband der »Kleinen Historischen Städte« Österreichs an, die sich dadurch auszeichnen, dass sie ein geschlossenes, historisches Stadtbild mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten aufweisen. Zu den schönsten Baudenkmälern in Bludenz zählt die barocke St.-Laurentiuskirche, die über der Altstadt auf einem Felsvorsprung thront. Zu ihren Füßen verläuft die Herrengasse, die, nachdem sie das historische Stadtzentrum in südöstlicher Richtung durchquert hat, in ein vorstädtisches Wohngebiet führt. Zwischen Kern- und Vorstadt liegt ein von mehrgeschossigen Geschäftsbauten geprägter Straßenabschnitt. Eins dieser Gebäude ist der auf dem Areal des ehemaligen Viehmarkts errichtete, im Januar 2023 fertiggestellte Jägerbau.
Ein Zeichen setzen
Die Firma hatte das Baugrundstück im Frühjahr 2019 erworben. Dem Kauf war der Beschluss der Geschäftsleitung vorausgegangen, den Unternehmenssitz vom nahe gelegenen Schruns nach Bludenz zu verlegen. »Mit dem Bau des neuen Headquarters wollten wir ein Zeichen setzen, das die dynamische und nachhaltige Entwicklung des Unternehmens zum Ausdruck bringt«, sagt Geschäftsführer Thomas Lang. Zudem wollte man alle Geschäftsbereiche des in der Projektentwicklung, dem Hoch- und Tiefbau sowie dem Untertagebau aktiven Unternehmens unter einem Dach vereinen. Auch die Tochterfirma »bad 2000«, ein Anbieter von Fliesen und Natursteinen, sollte mit Büros und großzügigen Ausstellungsflächen in die neue Zentrale einziehen. Und noch etwas war zu berücksichtigen: Bei der Tiefgarage waren außer Stellplätzen für die Autos der Mitarbeitenden auch öffentliche Parkflächen einzuplanen.
Bei dem geladenen Wettbewerb, den der Bauherr nach dem Ankauf des Grundstücks auslobte, kamen 14 Büros zum Zuge, darunter Johannes Kaufmann aus Dornbirn (2. Preis) und Hackl und Klammer aus Röthis (3. Preis). Den Siegerentwurf legten Innauer Matt Architekten aus Bezau vor. Seit der Gründung ihres Büros im Jahre 2012 widmen sich Markus Innauer und Sven Matt unterschiedlichsten Projekten, doch ganz gleich, ob es um ein Wohnhaus, eine Kunsthalle oder eine Bergkapelle geht: Man bemühe sich stets, »die Aufgabe nahe am Ort, der Landschaft und ihren Bewohnern zu interpretieren«, so Markus Innauer. Immer suche man nach einer »Baukunst, die durch eine unaufgeregte Alltäglichkeit vertraute Orte mit Bestand schafft«. Den Anspruch teilen Innauer und Matt mit zahlreichen Protagonisten der Vorarlberger Architektenschule. Etliche, darunter auch das Duo aus Bezau, haben ihn mehrfach mit Bravour erfüllt. Doch wie steht‘s mit dem Jägerbau?
Den Kontext beachten
Dass der Baukörper trotz seiner monochromen Hülle alles andere als monoton wirkt, liegt an seiner markanten Fassadenstruktur und der intelligenten Massenverteilung. Vor Augen haben wir einen Quader mit hohem Sockelgeschoss und zwei OGs, dem auf der nordwestlichen Stadtseite ein zweigeschossiger Riegel aufgesetzt ist. Ganz oben im Turm residiert die Geschäftsleitung, darunter befinden sich Gemeinschaftsräume wie Küche, Bar und Cafeteria für die Belegschaft sowie ein Konferenzraum. Viel Platz bietet außerdem die südöstlich vorgelagerte Dachterrasse, die zum Entspannen, Feiern und Sightseeing einlädt. Im Übrigen kommt der abgestuften Dachsilhouette auch eine städtebaulich-ästhetische Funktion zu, denn aufgrund des Höhensprungs zwischen fünfgeschossigem Turm und dreigeschossigem Quader fungiert der Jägerbau als Bindeglied zwischen der Kernstadt mit ihren höheren Gebäuden und der Vorstadt mit ihrer niedrigen Wohnbebauung.
Eine weitere Besonderheit der Gesamtkubatur ist die quadratische Aussparung an der nordwestlichen Gebäudeecke. Der kleine, baumbestandene Vorplatz, der auf diese Weise entstanden ist, markiert den Eingangsbereich und bildet einen luftigen Kontrapunkt zu der symmetrisch durchorganisierten Fassade. Kleine, platzartige Öffnungen zwischen den Gebäuden finden sich mehrfach in der Umgebung. Diese »Platzgefäße« haben die Architekten zur Anlage des Vorplatzes inspiriert.
Auch bei der Fassadengestaltung ließen sie sich von lokalen Vorbildern leiten. Im Sockelgeschoss beispielsweise erinnert die alternierende Abfolge von konisch nach unten zulaufenden Betonstützen und geschosshohen Schaufenstern an die Arkadengänge in der Altstadt. In den OGs bestimmt der Kontrast von breiten, horizontalen Elementen (Gurtgesimse, Fensterbänder) und schmalen, vertikalen Betonlamellen das Bild. Der Clou dabei sind die schrägen, abwechselnd nach vorn und nach hinten gekippten Lamellenkanten. Durch die Vor- und Rücksprünge variiert das Fassadenbild je nach Perspektive.
Farbe bekennen
»Die Farbwirkung der Gebäudehülle indes changiert je nach Tageslicht«, sagt Markus Innauer. Das Spektrum reiche von einem matten Altrosa bis zum glänzenden Rotbraun. Für die Wahl des rötlichen Zwischentons seien zwei Punkte ausschlaggebend gewesen. Zum einen verleihe die Farbe dem Gebäude einen warmen, angenehmen Look, zum anderen präsentierten sich auch zahlreiche Häuser in der Altstadt im ganz ähnlichen Rotton.
Zwar ist der rötliche Sichtbeton auch im Inneren des »Edelrohbaus« allgegenwärtig, doch dort kontrastiert er immer wieder mit anderen Stoffen und Farben, so etwa mit hellen Eichendielen, roten Terrazzoböden, braunen Naturfaserteppichen und messingfarben lackierten Metallgeländern. Nicht zuletzt dank der feinen, exzellent verarbeiteten Materialien fühlt man sich im Jägerbau vielerorts wie in einem modernen Museum oder einem vornehmen Bankhaus. Doch mehr noch als jede raumbegrenzende Fläche ist es eine einzige raumbildende Form, die den Blick im Gebäudeinneren beinahe von jedem Standort aus auf sich zieht: Der ellipsenförmige, von Balkonen gesäumte Innenhof im Zentrum des Gebäudes ist sein lebendiges Herz und architektonisches Highlight. Im EG öffnet sich das weitläufige Foyer, das auch als Veranstaltungssaal dient, mit raumhohen Glastüren auf diesen Hof. Im ersten und zweiten OG, wo sich die Bürozonen entlang der Außenwände erstrecken, sind die Besprechungszimmer, Teeküchen und Aufenthaltsbereiche direkt dem Hof zugeordnet.
Nicht zuletzt ist die Firmenzentrale ein gebautes Zeichen, das der Imagebildung und der Kommunikation der Unternehmensidentität dienen soll. Als Baufirma legte man deshalb großen Wert darauf, die eigenen Kompetenzen für alle Mitarbeitenden und Besucher:innen sicht- und erlebbar zu machen. Das Versprechen qualitätvollen Bauens, das die Firma ihrer Kundschaft gibt, ist im Gebäude tatsächlich überall spürbar, so etwa im Foyer mit seiner von über 300 Betonaussparungen strukturierten Decke oder im Innenhof mit seinen elegant gerundeten Geschossdecken. Auch draußen ist es der rötliche Sichtbeton der Betonfertigteilfassade und Tragstruktur, der die handwerklichen Fertigkeiten der Firma Jäger Bau anschaulich werden lässt.
Doch der Reihe nach. Schauplatz dieser Geschichte ist die im Süden Vorarlbergs gelegene Bezirkshauptstadt Bludenz. Der Ort hat rund 16 000 Einwohner:innen, bildet das Zentrum von fünf umliegenden Alpentälern und gehört dem Tourismusverband der »Kleinen Historischen Städte« Österreichs an, die sich dadurch auszeichnen, dass sie ein geschlossenes, historisches Stadtbild mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten aufweisen. Zu den schönsten Baudenkmälern in Bludenz zählt die barocke St.-Laurentiuskirche, die über der Altstadt auf einem Felsvorsprung thront. Zu ihren Füßen verläuft die Herrengasse, die, nachdem sie das historische Stadtzentrum in südöstlicher Richtung durchquert hat, in ein vorstädtisches Wohngebiet führt. Zwischen Kern- und Vorstadt liegt ein von mehrgeschossigen Geschäftsbauten geprägter Straßenabschnitt. Eins dieser Gebäude ist der auf dem Areal des ehemaligen Viehmarkts errichtete, im Januar 2023 fertiggestellte Jägerbau.
Ein Zeichen setzen
Die Firma hatte das Baugrundstück im Frühjahr 2019 erworben. Dem Kauf war der Beschluss der Geschäftsleitung vorausgegangen, den Unternehmenssitz vom nahe gelegenen Schruns nach Bludenz zu verlegen. »Mit dem Bau des neuen Headquarters wollten wir ein Zeichen setzen, das die dynamische und nachhaltige Entwicklung des Unternehmens zum Ausdruck bringt«, sagt Geschäftsführer Thomas Lang. Zudem wollte man alle Geschäftsbereiche des in der Projektentwicklung, dem Hoch- und Tiefbau sowie dem Untertagebau aktiven Unternehmens unter einem Dach vereinen. Auch die Tochterfirma »bad 2000«, ein Anbieter von Fliesen und Natursteinen, sollte mit Büros und großzügigen Ausstellungsflächen in die neue Zentrale einziehen. Und noch etwas war zu berücksichtigen: Bei der Tiefgarage waren außer Stellplätzen für die Autos der Mitarbeitenden auch öffentliche Parkflächen einzuplanen.
Bei dem geladenen Wettbewerb, den der Bauherr nach dem Ankauf des Grundstücks auslobte, kamen 14 Büros zum Zuge, darunter Johannes Kaufmann aus Dornbirn (2. Preis) und Hackl und Klammer aus Röthis (3. Preis). Den Siegerentwurf legten Innauer Matt Architekten aus Bezau vor. Seit der Gründung ihres Büros im Jahre 2012 widmen sich Markus Innauer und Sven Matt unterschiedlichsten Projekten, doch ganz gleich, ob es um ein Wohnhaus, eine Kunsthalle oder eine Bergkapelle geht: Man bemühe sich stets, »die Aufgabe nahe am Ort, der Landschaft und ihren Bewohnern zu interpretieren«, so Markus Innauer. Immer suche man nach einer »Baukunst, die durch eine unaufgeregte Alltäglichkeit vertraute Orte mit Bestand schafft«. Den Anspruch teilen Innauer und Matt mit zahlreichen Protagonisten der Vorarlberger Architektenschule. Etliche, darunter auch das Duo aus Bezau, haben ihn mehrfach mit Bravour erfüllt. Doch wie steht‘s mit dem Jägerbau?
Den Kontext beachten
Dass der Baukörper trotz seiner monochromen Hülle alles andere als monoton wirkt, liegt an seiner markanten Fassadenstruktur und der intelligenten Massenverteilung. Vor Augen haben wir einen Quader mit hohem Sockelgeschoss und zwei OGs, dem auf der nordwestlichen Stadtseite ein zweigeschossiger Riegel aufgesetzt ist. Ganz oben im Turm residiert die Geschäftsleitung, darunter befinden sich Gemeinschaftsräume wie Küche, Bar und Cafeteria für die Belegschaft sowie ein Konferenzraum. Viel Platz bietet außerdem die südöstlich vorgelagerte Dachterrasse, die zum Entspannen, Feiern und Sightseeing einlädt. Im Übrigen kommt der abgestuften Dachsilhouette auch eine städtebaulich-ästhetische Funktion zu, denn aufgrund des Höhensprungs zwischen fünfgeschossigem Turm und dreigeschossigem Quader fungiert der Jägerbau als Bindeglied zwischen der Kernstadt mit ihren höheren Gebäuden und der Vorstadt mit ihrer niedrigen Wohnbebauung.
Eine weitere Besonderheit der Gesamtkubatur ist die quadratische Aussparung an der nordwestlichen Gebäudeecke. Der kleine, baumbestandene Vorplatz, der auf diese Weise entstanden ist, markiert den Eingangsbereich und bildet einen luftigen Kontrapunkt zu der symmetrisch durchorganisierten Fassade. Kleine, platzartige Öffnungen zwischen den Gebäuden finden sich mehrfach in der Umgebung. Diese »Platzgefäße« haben die Architekten zur Anlage des Vorplatzes inspiriert.
Auch bei der Fassadengestaltung ließen sie sich von lokalen Vorbildern leiten. Im Sockelgeschoss beispielsweise erinnert die alternierende Abfolge von konisch nach unten zulaufenden Betonstützen und geschosshohen Schaufenstern an die Arkadengänge in der Altstadt. In den OGs bestimmt der Kontrast von breiten, horizontalen Elementen (Gurtgesimse, Fensterbänder) und schmalen, vertikalen Betonlamellen das Bild. Der Clou dabei sind die schrägen, abwechselnd nach vorn und nach hinten gekippten Lamellenkanten. Durch die Vor- und Rücksprünge variiert das Fassadenbild je nach Perspektive.
Farbe bekennen
»Die Farbwirkung der Gebäudehülle indes changiert je nach Tageslicht«, sagt Markus Innauer. Das Spektrum reiche von einem matten Altrosa bis zum glänzenden Rotbraun. Für die Wahl des rötlichen Zwischentons seien zwei Punkte ausschlaggebend gewesen. Zum einen verleihe die Farbe dem Gebäude einen warmen, angenehmen Look, zum anderen präsentierten sich auch zahlreiche Häuser in der Altstadt im ganz ähnlichen Rotton.
Zwar ist der rötliche Sichtbeton auch im Inneren des »Edelrohbaus« allgegenwärtig, doch dort kontrastiert er immer wieder mit anderen Stoffen und Farben, so etwa mit hellen Eichendielen, roten Terrazzoböden, braunen Naturfaserteppichen und messingfarben lackierten Metallgeländern. Nicht zuletzt dank der feinen, exzellent verarbeiteten Materialien fühlt man sich im Jägerbau vielerorts wie in einem modernen Museum oder einem vornehmen Bankhaus. Doch mehr noch als jede raumbegrenzende Fläche ist es eine einzige raumbildende Form, die den Blick im Gebäudeinneren beinahe von jedem Standort aus auf sich zieht: Der ellipsenförmige, von Balkonen gesäumte Innenhof im Zentrum des Gebäudes ist sein lebendiges Herz und architektonisches Highlight. Im EG öffnet sich das weitläufige Foyer, das auch als Veranstaltungssaal dient, mit raumhohen Glastüren auf diesen Hof. Im ersten und zweiten OG, wo sich die Bürozonen entlang der Außenwände erstrecken, sind die Besprechungszimmer, Teeküchen und Aufenthaltsbereiche direkt dem Hof zugeordnet.
Nicht zuletzt ist die Firmenzentrale ein gebautes Zeichen, das der Imagebildung und der Kommunikation der Unternehmensidentität dienen soll. Als Baufirma legte man deshalb großen Wert darauf, die eigenen Kompetenzen für alle Mitarbeitenden und Besucher:innen sicht- und erlebbar zu machen. Das Versprechen qualitätvollen Bauens, das die Firma ihrer Kundschaft gibt, ist im Gebäude tatsächlich überall spürbar, so etwa im Foyer mit seiner von über 300 Betonaussparungen strukturierten Decke oder im Innenhof mit seinen elegant gerundeten Geschossdecken. Auch draußen ist es der rötliche Sichtbeton der Betonfertigteilfassade und Tragstruktur, der die handwerklichen Fertigkeiten der Firma Jäger Bau anschaulich werden lässt.
Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkel
Akteure
ArchitekturBauherrschaft
Jäger Bau GmbH
Tragwerksplanung
Kofler Baustatik GmbH
Fotografie
wettbewerb
Das Projekt ist aus dem Verfahren Neubau einer Firmenzentrale für die Jäger Bau GmbH in Bludenz hervorgegangen1. Rang, Gewinner, 1. Preis
Innauer-Matt Architekten ZT GmbH
2. Rang, Preis
Johannes Kaufmann GmbH
3. Rang, Preis
architektur.terminal - hackl und klammer, Christian Schmölz
3. Rang, Preis
Bechter Zaffignani Architekten ZT GmbH