Bauwerk

Das Neni, Schruns
Madritsch Pfurtscheller - Vorarlberg - 2022
Das Neni, Schruns, Foto: Daniel Pfurtscheller
Das Neni, Schruns, Foto: Daniel Pfurtscheller
11. Dezember 2023 - vai
„wir kommen alle aus häusern“, sagt Peter Zumthor. Sie bilden Identität, zu viele sollte man nicht wegnehmen. „heimaten“ sind für ihn „gebäude, die einen emotionalen wert haben, weil sie an ihrem ort verankert sind und diese ort begründen. solche bauten vermitteln uns das gefühl, irgendwo dazuzugehören. dieses gefühl macht uns ruhig.“

Bestand ist immer etwas Gewachsenes und nie losgelöst von seinem Kontext zu betrachten. Alles Gelebte ist ihm eingeschrieben, Peter Zumthor benennt es folgendermaßen: „…die baukulturen, die dörfer, städte, häuser, mit denen ein mensch aufwächst, sind teil seiner lebensgeschichte und auch ein teil des raumes, in dem sein leben eingebettet ist…“

Sie werden mit der Zeit auch zu Teilen der gewachsenen Dorfstruktur, in die sie eingebettet sind. „…. es haben menschen in diesen gebäuden gearbeitet und mit ihnen gelebt, und manche haben sich vielleicht auch an ihnen abgearbeitet“, formuliert Zumthor und fordert dafür Respekt ein. „heimaten“ sind für ihn „gebäude, die einen emotionalen wert haben, weil sie an ihrem ort verankert sind und diesen ort begründen.“

Der etwa 80-jährige Stall in Schruns im Montafon war so ein Gebäude. Nicht mehr genutzt, doch in den Ort eingewachsen. Knapp fünf Meter breit, keine zehn Meter lang, steht er in einem Garten, hinter sich das Elternhaus des Bauherrn, vor sich die Unterdorfstraße und ein Feld. Die Hälfte des Erdgeschosses aus 50cm starken Ziegelmauern, der Rest ein Holzriegelbau.

Madritsch Pfurtscheller sahen im alten, leeren Stall eine wertvolle Ressource und respektierten seinen historischen, materiellen, handwerklichen, semantischen und emotionalen Wert. Als „immer schon dagewesen“ ist er ein konstituierender Bestandteil des Ortes, es war klar, dass er bleiben und zum Ausgangspunkt einer neuen Geschichte werden musste.

Dazu bedurfte es einer neuen Nutzung. Der einstige Stall wurde zum Gehäuse von zwei Ferienwohnungen. Sein Kern blieb möglichst unverändert, seine Formen- und Materialsprache bestimmt das Neue. Durchwegs wurden Baustoffe verwendet, die gut altern. Behutsam ist das neue Raumprogramm in die Bestandsstruktur eingewoben und tritt an den Eingangszubauten, großen Glasscheibe und Balkonen zu Tage.

Die gemauerte und die hölzerne Hälfte bilden das Erdgeschoss je einer Ferienwohnung, jede wird durch einen vorgestellten Quader aus Schwarzstahl betreten, die Außenhüllen sind thermisch ertüchtigt und die Fenster getauscht. Eine einläufige Holztreppe führt an der Mittelmauer in die Schlafebene unter dem Dach. Neue großzügige Verglasungen – einmal im Erd-, einmal im Dachgeschoss - und zwei Terrassen öffnen das Haus nach außen.

Die Zwischendecke aus einer Balkenlage mit Bretterboden ist lediglich gereinigt und teils zur Belichtung geöffnet. Wand- und Deckenoberflächen sind mit unbehandelter Weißtanne verschalt, der Boden als Lehmstampfboden mit Fußbodenheizung ausgeführt. Das Haus wird über die Fernwärmeleitung des Elternhauses beheizt und die bestehende Solaranlage am Dach weitergenutzt.

Weiterbauen an und mit Tradiertem, zurück und vorwärts gleichermassen, knapp in Größe und Ressourcenverbrauch, kurz: sinnstiftend und vieles berührend! (Text: Isabella Marboe, nach einem Text der Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Vorarlberger Architektur Institut

Ansprechpartner:in für diese Seite: Verena Konradvk[at]v-a-i.at