Bauwerk
Siedlungshaus in Graz - Umbau
Koeb & Pollak - Graz (A) - 2001
Mimikry und Verfremdung
Neue Häuser
Ein kleines Siedlungshaus in Graz erhielt mit einer Erweiterung ein zweites Gesicht. Seine Wurzeln bleiben dennoch nachvollziehbar.
15. Juni 2002 - Franziska Leeb
An der Straßenseite präsentiert sich das Häuschen am Grazer Stadtrand nach wie vor unprätentiös schlicht. Errichtet wurde es in der Zwischenkriegszeit und ist Teil einer Siedlung, wie sie damals als Reaktion auf die Wirtschaftskrise in größeren Städten geplant wurden. Die sparsam gebauten Häuser wurden auf kleinen Parzellen von maximal 500 Quadratmetern errichtet. Mit einer bebauten Fläche von nur 50 Quadratmeter blieb Fläche frei, auf der sich die Bewohner eine minimale Selbstversorgung sichern konnten.
Auch bei diesem Grazer Beispiel wurde der Vorgarten für die Hühnerzucht genutzt, während im größeren Garten hinter dem Haus Ziegen gehalten und Gemüse angebaut wurde. An der gartenseitigen Südfassade lag der Eingang und eine offene Veranda diente als Schwellenbereich zwischen der Wohnung und dem Garten.
In den 80er-Jahren von der Bauherrenfamilie erworben, waren mittlerweile nicht nur Baumängel zu beheben, sondern entstand auch neuer Platzbedarf. Sabine Pollak und Roland Köb erarbeiteten für die kleine, aber doch herausfordernde Bauaufgabe einer zeitgemäßen aber typusgerechten Erweiterung ein Konzept, das funktional im Wesentlichen aus einer großzügig gestalteten Erschließungszone im Erdgeschoß und einer an das Obergeschoß angefügten Box besteht. Das klingt einfach, Köb & Pollak lösten die Angelegenheit aber mit einer sehr gut durchdachten, komplexen Arbeit.
Der Eingang wurde von der Süd- an die Ostseite verlegt, um erstens den Zugangsweg zu verkürzen und zweitens die Gartenfassade für eine großflächig verglaste Raumerweiterung, die erkerartig über dem Sockel auskragt, freizuspielen. Statt eines engen „Schlufs“ entstand nun ein großzügiger Vorraum mit Wohnraumqualität, in dem Platz für Stauraum ist und durch dessen Glasflächen Licht in die Tiefe des Erdgeschoßes dringt, dem mit neuen Wanddurchbrüchen Großzügigkeit verliehen wurde. Im Südwesten entstand eine kleine Gitterrost-Terrasse als offener Freibereich vor dem Esszimmer und als Übergang zum Garten.
Im Obergeschoß wurde an den Bestand eine schlichte Box angefügt, die als Schlaf-und Arbeitszimmer dient und deshalb nur sparsam mit Öffnungen versehen wurde. Ein L-förmiger Balkon, der als leichte Stahlkonstuktion eine Verbindung zwischen dem neuen Raum und dem Zimmer der Tochter herstellt, gewährt nun als Aussichtsplateau neuen Überblick und wertet die Dachgeschoßräume auf.
Sensible Materialwahl
Die neuen Anbauten werten das Haus nicht nur in funktioneller Hinsicht stark auf, sondern verleihen ihm auch ein neues, auf den ersten Blick sogar fremdes Gesicht. Bei genauerer Analyse merkt man, mit welcher Sensibilität die Architekten in der Materialwahl sowohl auf den Charakter des Bestandes reagieren als auch Eigenheiten der umgebenden Häuser reflektieren. Schließlich ist kaum ein Haus der Siedlung noch im Originalzustand. Anbauten und Wandverkleidungen aus unterschiedlichsten Materialien - von Glasbausteinen über Schuppeneternit bis zu gewelltem Polyester - haben sich im Lauf der Zeit zu den bescheidenen verputzten Häuschen gesellt und erzählen Geschichten über sich wandelnde Moden und Geschmäcker sowie sich ändernde Anforderungen. Köb und Pollak wählten deshalb das Gestaltungsmittel der Collage, um dem Zubau jene der Gegend entsprechende Lebendigkeit zu geben. Die Box im Obergeschoß wurde mit großflächigen Eternitplatten als Kontrast zur kleinteiligen Dachdeckung und den rautenförmigen Eternitfassaden an benachbarten Häusern verkleidet. Bei den geschlossenen Flächen im Erdgeschoß, die erstens dem Garten näher sind und zu denen man zweitens auch mehr Körperkontakt hat, setzten sie ein natürliches, wärmeres und gefühlsmäßig weicheres Material ein: kleine, schuppenförmig versetzte Schieferplatten, die auch als Hintergrund für den Garten besser entsprechen. Das alte Haus wurde zwar verändert, seine Wurzeln bleiben erhalten und seine Geschichte nachvollziehbar.
Auch bei diesem Grazer Beispiel wurde der Vorgarten für die Hühnerzucht genutzt, während im größeren Garten hinter dem Haus Ziegen gehalten und Gemüse angebaut wurde. An der gartenseitigen Südfassade lag der Eingang und eine offene Veranda diente als Schwellenbereich zwischen der Wohnung und dem Garten.
In den 80er-Jahren von der Bauherrenfamilie erworben, waren mittlerweile nicht nur Baumängel zu beheben, sondern entstand auch neuer Platzbedarf. Sabine Pollak und Roland Köb erarbeiteten für die kleine, aber doch herausfordernde Bauaufgabe einer zeitgemäßen aber typusgerechten Erweiterung ein Konzept, das funktional im Wesentlichen aus einer großzügig gestalteten Erschließungszone im Erdgeschoß und einer an das Obergeschoß angefügten Box besteht. Das klingt einfach, Köb & Pollak lösten die Angelegenheit aber mit einer sehr gut durchdachten, komplexen Arbeit.
Der Eingang wurde von der Süd- an die Ostseite verlegt, um erstens den Zugangsweg zu verkürzen und zweitens die Gartenfassade für eine großflächig verglaste Raumerweiterung, die erkerartig über dem Sockel auskragt, freizuspielen. Statt eines engen „Schlufs“ entstand nun ein großzügiger Vorraum mit Wohnraumqualität, in dem Platz für Stauraum ist und durch dessen Glasflächen Licht in die Tiefe des Erdgeschoßes dringt, dem mit neuen Wanddurchbrüchen Großzügigkeit verliehen wurde. Im Südwesten entstand eine kleine Gitterrost-Terrasse als offener Freibereich vor dem Esszimmer und als Übergang zum Garten.
Im Obergeschoß wurde an den Bestand eine schlichte Box angefügt, die als Schlaf-und Arbeitszimmer dient und deshalb nur sparsam mit Öffnungen versehen wurde. Ein L-förmiger Balkon, der als leichte Stahlkonstuktion eine Verbindung zwischen dem neuen Raum und dem Zimmer der Tochter herstellt, gewährt nun als Aussichtsplateau neuen Überblick und wertet die Dachgeschoßräume auf.
Sensible Materialwahl
Die neuen Anbauten werten das Haus nicht nur in funktioneller Hinsicht stark auf, sondern verleihen ihm auch ein neues, auf den ersten Blick sogar fremdes Gesicht. Bei genauerer Analyse merkt man, mit welcher Sensibilität die Architekten in der Materialwahl sowohl auf den Charakter des Bestandes reagieren als auch Eigenheiten der umgebenden Häuser reflektieren. Schließlich ist kaum ein Haus der Siedlung noch im Originalzustand. Anbauten und Wandverkleidungen aus unterschiedlichsten Materialien - von Glasbausteinen über Schuppeneternit bis zu gewelltem Polyester - haben sich im Lauf der Zeit zu den bescheidenen verputzten Häuschen gesellt und erzählen Geschichten über sich wandelnde Moden und Geschmäcker sowie sich ändernde Anforderungen. Köb und Pollak wählten deshalb das Gestaltungsmittel der Collage, um dem Zubau jene der Gegend entsprechende Lebendigkeit zu geben. Die Box im Obergeschoß wurde mit großflächigen Eternitplatten als Kontrast zur kleinteiligen Dachdeckung und den rautenförmigen Eternitfassaden an benachbarten Häusern verkleidet. Bei den geschlossenen Flächen im Erdgeschoß, die erstens dem Garten näher sind und zu denen man zweitens auch mehr Körperkontakt hat, setzten sie ein natürliches, wärmeres und gefühlsmäßig weicheres Material ein: kleine, schuppenförmig versetzte Schieferplatten, die auch als Hintergrund für den Garten besser entsprechen. Das alte Haus wurde zwar verändert, seine Wurzeln bleiben erhalten und seine Geschichte nachvollziehbar.
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