Bauwerk

Hotel Europa
Josef Becvar - Salzburg (A) - 1957
Hotel Europa, Foto: Norbert Mayr
Hotel Europa, Foto: Norbert Mayr
Hotel Europa, Foto: Rupert Steiner
13. Februar 2002 - Initiative Architektur
Das Hotel Europa entstand als erstes Hochhaus Salzburgs im ehemaligen Park des bombenzerstörten gründerzeitlichen Grand Hotel de l`Europe. Architekt Josef Becvar erfüllte die wachsenden Verwertungswünsche seines Auftraggebers durch immer stärker verdichtete Bebauungsvorschläge des Quartiers. Davon wollte Becvar das 56 Meter hohe Hotel durch verschiedene Tricks möglichst deutlich absetzen. Das Äußere der einhüftigen Scheibe zur Stadtseite hin wird durch die Ausgewogenheit des die Vertikale betonenden, schmalen Erschließungstraktes (Stiegenhaus und Lifte) mit dem daran anschließenden Schaft (Hotelzimmer) bestimmt. Dieser ist horizontal durch die Brüstungsbänder der 13 Zimmergeschoße gegliedert und durch Stahlbetonstützen hoch aufgeständert. Prägnant ist auch die Nordfassade mit ihrer schachbrettartigen Fensteranordnung.

Die „aufgestellte Streichholzschachtel“, die eine Hochhausdebatte in Salzburg auslöste, zeigt sich als facettenreiches Gebäude. Neben seinen architektonischen und stadträumlichen Qualitäten, ist es im Kontext zur massiven Verbauung der Europe-Gründe vielschichtiger Zeitzeuge des Wiederaufbau-Eifers. So besteht heute die Situation, daß das Gebäude, welches eine Lawine hoher Bauwerke im Bahnhofsbereich ausgelöst hat, gleichzeitig für dieses Viertel ein unentbehrlicher stadträumlicher Bezugspunkt geworden ist. Mit solchen Überlegungen setzte sich die Mehrheit des Salzburger Gemeinderats 1995 nicht auseinander, als sie euphorisch den Abbruch des Hotel Europa beschloß. Der eifrigen Bereinigung von oft vermeintlichen „Schandflecken“ im Dunstkreis des Salzburger „Altstadtbildes“ folgten oft als „altstadtgerecht“ gefeierte Banalitäten. Anstelle eines Bürohauses, das den im Zweiten Weltkrieg zerbombten Teil von Mozarts Wohnhaus ersetzte, blutete sich die Internationale Stiftung Mozarteum an seiner banalen, schindlgedeckten Nachbildung aus. Der „Versenkung“ des als urbanem Treffpunkt erfolgreichen Verkehrspavillons „Mississippidampfer“ am Hanuschplatz (ebenfalls wie das Bürohaus aus den fünfziger Jahren von Josef Becvar) folgte eine unwirtliche Verkehrsinsel. Den Platz des benachbarten gründerzeitlichen Realschul-Palazzos nahm in den siebziger Jahren der AVA-Hof ein, der in angepaßte Bürgerhausfassaden verpackt wurde. Dieser „altstadtgerechte“ Harmonisierungseifer steht im Kontrast zu einem Verständnis von Urbanität, das auch Vielfalt, Brüche und Irritationen zuläßt.

Die INITIATIVE ARCHITEKTUR brachte beim Bundesdenkmalamt einen Antrag auf Unterschutzstellung des Hotel Europa ein: „Die zur Zeit seiner Entstehung viel diskutierte und vielfach negativ beurteilte Konzeption, eine so dominante Scheibe in das Stadtbild Salzburgs zu setzen, ist inzwischen auch historisch geworden“, ließ das Bundesdenkmalamt verlauten. Es beugte sich
aber einem Statiker-Gutachen des Hauseigentümers Wiener Städtische Versicherung, das dem Hotel Europa Abbruchreife attestierte. Das Hotel blieb jedoch wegen des Mangels an anderen Verwertungsmöglichkeiten des Areals stehen, wurde in der Folge modernisiert und architektonisch wenig anspruchsvoll saniert. (Text: Norbert Mayr)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Initiative Architektur

Ansprechpartner:in für diese Seite: Clara Kanzoffice[at]initiativearchitektur.at

Akteure

Architektur

Fotografie