Veranstaltung
Architektur beginnt im Kopf
The Making of Architecture
Ausstellung
16. Oktober 2008 bis 2. Februar 2009
Architekturzentrum Wien - Alte Halle
Museumsplatz 1
A-1070 Wien
Museumsplatz 1
A-1070 Wien
Eröffnung: Mittwoch, 15. Oktober 2008, 19:00 Uhr
Im Bett des Gedankens
Das Architekturzentrum Wien zeigt, wie Baukunst entsteht
Wo kreative Kräfte fliessen, muss der Gedanke sich sein Bett erst suchen. Auf der Rückseite von Zigarettenschachteln hat Alvar Aalto gerne seine Ideen skizziert. Auch wenn sie intuitiv begannen, war dem Fortschritt der Projekte die Rationalität anzusehen. Die Bleistifte in Aaltos Atelier lagen streng der Grösse nach geordnet auf den Tischen.
3. Januar 2009 - Paul Jandl
Mit «Architektur beginnt im Kopf» zeigt das Architekturzentrum Wien in einer gelungenen Ausstellung, dass baukünstlerisches Entwerfen ein Vorgang zwischen nahezu abergläubischer Träumerei und technischer Vernunft sein kann. Zwanzig Studios aus aller Welt sind in «Architektur beginnt im Kopf» vertreten. Architektur wächst wesentlich im Freiraum ihrer Entstehungsbedingungen, das ist dabei so wahr wie unverkennbar. In der Enklave ihres Arbeits- und Wohnbüros entwirft das Tokioter Büro Bow-Wow Häuser mit kleinem Grundriss. Gary Changs Hongkonger Edge Design Institute hat Legosteine als effizienten Werkstoff zur Visualisierung entdeckt, und Lacaton & Vassal in Paris stehen für Entschleunigung: Neben den Ideen blühen in ihrem Atelier auch die Orchideen. An hundert Projekten gleichzeitig arbeitet das Chicagoer Grossunternehmen SOM. Hier herrscht eine kühle Zeit-Weg-Vernunft, die im fundamentalen Gegensatz zu einer Philosophie der künstlerischen Gemächlichkeit steht.
Die Ausstellung dokumentiert auch die Arbeitsweisen von verstorbenen Meistern: deren Suche nach neuen Wegen und deren Bemühen, das Unbestimmte der Idee in der Realisierung klar werden zu lassen. Antoni Gaudís berühmtes «Hängemodell» ist in der Ausstellung zu sehen. In der Bauhütte der Colònia Güell hat Gaudí mit Tüchern und Bleigewichten die Statik und die sich aus ihr ergebende Form der geplanten Kirche simuliert. Nur die aus hyperbolischen Paraboloiden bestehende Krypta wurde schliesslich realisiert. Nicht nur die Architektur, auch das Entwerfen ist ein Spiegel der Zeit. Die 1992 verstorbene Lina Bo Bardi führte ihr direkt an der Baustelle eines von ihr geplanten Kulturzentrums in São Paulo gelegenes Büro in kreativer Kooperation. In diesen siebziger und achtziger Jahren wurde debattierend ent- und verworfen. Skizzen und Texte entstanden in einem kollektiven Prozess, der sich von der rationellen Produktion heutiger Grossbüros fundamental unterscheidet.
Wenn die Ausstellung schliesslich noch die gängigen Arbeitswerkzeuge der Architekten zeigt, dann wird klar, dass das computergestützte Design bei der Suche nach Formen und Möglichkeiten eben nur ein Weg ist. Wer die Software dieser Tage der künstlerischen Gleichmacherei verdächtigt, der übersieht, dass schon die Hardware vergangener Tage unter demselben Verdikt stand. Adolf Loos hat den «flotten Darsteller» getadelt, der mit seinen Skizzen zu beeindrucken weiss. «Aus der Profilierung eines Bauwerks, aus der Art einer Ornamentierung kann der Beschauer entnehmen, ob der Architekt mit Bleistift Nummer 1 oder Bleistift Nummer 5 arbeitet.» Die meisten Architekten, so ist der Ausstellung zu entnehmen, arbeiten mit Nummer 6.
[ Bis 2. Februar im Architekturzentrum Wien. Katalog: Architektur beginnt im Kopf. The Making of Architecture. Hrsg. Elke Krasny. Birkhäuser-Verlag, Basel 2008. 188 S., € 35.90. ]
Die Ausstellung dokumentiert auch die Arbeitsweisen von verstorbenen Meistern: deren Suche nach neuen Wegen und deren Bemühen, das Unbestimmte der Idee in der Realisierung klar werden zu lassen. Antoni Gaudís berühmtes «Hängemodell» ist in der Ausstellung zu sehen. In der Bauhütte der Colònia Güell hat Gaudí mit Tüchern und Bleigewichten die Statik und die sich aus ihr ergebende Form der geplanten Kirche simuliert. Nur die aus hyperbolischen Paraboloiden bestehende Krypta wurde schliesslich realisiert. Nicht nur die Architektur, auch das Entwerfen ist ein Spiegel der Zeit. Die 1992 verstorbene Lina Bo Bardi führte ihr direkt an der Baustelle eines von ihr geplanten Kulturzentrums in São Paulo gelegenes Büro in kreativer Kooperation. In diesen siebziger und achtziger Jahren wurde debattierend ent- und verworfen. Skizzen und Texte entstanden in einem kollektiven Prozess, der sich von der rationellen Produktion heutiger Grossbüros fundamental unterscheidet.
Wenn die Ausstellung schliesslich noch die gängigen Arbeitswerkzeuge der Architekten zeigt, dann wird klar, dass das computergestützte Design bei der Suche nach Formen und Möglichkeiten eben nur ein Weg ist. Wer die Software dieser Tage der künstlerischen Gleichmacherei verdächtigt, der übersieht, dass schon die Hardware vergangener Tage unter demselben Verdikt stand. Adolf Loos hat den «flotten Darsteller» getadelt, der mit seinen Skizzen zu beeindrucken weiss. «Aus der Profilierung eines Bauwerks, aus der Art einer Ornamentierung kann der Beschauer entnehmen, ob der Architekt mit Bleistift Nummer 1 oder Bleistift Nummer 5 arbeitet.» Die meisten Architekten, so ist der Ausstellung zu entnehmen, arbeiten mit Nummer 6.
[ Bis 2. Februar im Architekturzentrum Wien. Katalog: Architektur beginnt im Kopf. The Making of Architecture. Hrsg. Elke Krasny. Birkhäuser-Verlag, Basel 2008. 188 S., € 35.90. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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