Veranstaltung
45 unter 45
Ausstellung
23. Oktober 2002 bis 31. Januar 2003
Ringturm
Schottenring 30
1010 Wien
Schottenring 30
1010 Wien
Veranstalter:in: Vienna Insurance Group
Das kleine Haus
DER BAUKASTEN. Anmerkungen zur Architektur
Diesmal: Wie es Österreich fast unter die Top Ten geschafft hätte, und was man von Japan lernen kann
29. Januar 2003 - Jan Tabor
Kürzlich wurde von der deutschen Internetpublikation BauNetz die „Rankingliste der 100 international wichtigsten Architekten“ für das Jahr 2002 veröffentlicht. Die Neureihung bringt dem Büro Ortner und Ortner eine schöne Bescherung: das Vorrücken von Rang 15 auf Rang 11. Nur um eine einzige Stufe verfehlen diesmal die Wiener Architekten einen der Ehrenplätze unter den Top Ten of the World's Best, zu denen solche Titanen des zeitgenössischen Bauens wie Herzog/de Meuron (Platz 1), Jean Nouvel (2), Norman Foster (3), Frank Gehry (4) oder Rem Koolhaas (9) gehören. Immerhin verdunkeln Ortner und Ortner den Glanz von Superstars wie Van Berkel und Bos (12), Zaha Hadid (13), Coop Himmelb(l)au (29), Richard Rogers (46), Hans Hollein (50), Massimiliano Fuksas (63) oder Daniel Libeskind (70).
Libeskind erst der siebzigste, Ortners hingegen bereits elfte! Wie kommt so etwas zustande? Einfach: BauNetz sortiert die Bedeutung nach „dem Umfang der Veröffentlichungen in den wichtigsten Fachzeitschriften“. Ein derart obskures Ranking, das nicht einmal News zustande bringen würde, könnte so gedeutet werden: Entweder sind die wichtigsten Zeitschriften schlecht oder die einen Architekten haben gute, die anderen schlechte PR-Mitarbeiter, die entweder gute oder schlechte Architekturfotografen zu beauftragen pflegen. Denn ohne gute - das heißt: fachzeitschriftengerecht arrangierte und digital bearbeitete - Fotos kommt heutzutage kein gutes Bauwerk in eine wichtige Fachzeitschrift hinein. Allerdings ist es nicht einfach und vor allem nicht billig, die digitalen Metamorphosen der Qualität durchzuführen. Erkenntnis: Bei der Liste handelt es sich um einen Rankingmix aus Public Relations und Farbfotos.
Mittlerweile ist auch News mit seinem neuesten Ranking der „1000 wichtigsten Österreicher“ herausgerückt, sodass wir die Frage stellen können, wie es um die österreichischen Architekten und ihre gesellschaftliche Bedeutung in Österreich selbst steht. Nicht besonders gut. Lediglich sechs haben es unter die tausend Wichtigsten geschafft. Der Erste unter ihnen ist Architektur-Grandseigneur Hans Hollein. Er baut und baut und baut, und dennoch verschlechtert er sich - wenn auch nur geringfügig: von Platz 149 auf Platz 152. Zweiter ist Gustav Peichl (News-Epithaph: „Architektur als Lebenswerk“), der sich eindrucksvoll von Platz 403 auf Rang 377 verbessern konnte. Detto Roland Rainer („Architektur-Doyen“): von 547 auf 506. Detto der „Architektur-Star“ Wolf D. Prix: von 664 auf 590. Neu aufgenommen und gleich um einen Platz vor Prix gereiht wird der „Stonehaus-Bauer“ Günther Domenig: auf den Platz 589. Last and least unter den sechs: Wilhelm Holzbauer, „Herr der Architektur“. Er wird heuer um vierzig Punkte besser dastehen als 2002, als er Platz 764 belegte. Obwohl die Auswahl der News-Darlinge des Bauens die Schlussfolgerung geradezu aufzwingt, diese basiere auf dem Informationsstand von 1972, trifft das Gegenteil zu. Anders als NetzBau bewertet News nicht rück-, sondern vorwärts gewandt. Das Auswahlprinzip heißt: „Wer 2003 wichtig ist, über wen wir sprechen werden.“
Als es noch keine Architekturmagazine mit auf Hochglanz computermanipulierten Fotos gegeben hat, ist Architektur anders rezipiert worden. Im Jahr 1930 hielt Adolf Loos einem Vortrag zum Thema „Moderne Architektur“. Er hielt ein postkartengroßes Schwarz-Weiß-Foto seines gerade fertig gestellten Landhauses Khuner am Semmering hoch und rief leidenschaftlich aus: „Die Häuser der Zukunft werden nicht aus Eisenbeton sein, die man, um sie fortzuschaffen, mit Ekrasit sprengen muss. Das Haus der Zukunft ist aus Holz. Wie die kleinen japanischen Häuser. Es hat verschiebbare Wände! Moderne Architektur ist: japanische Kultur plus europäische Tradition.“ Wer das luxuriöse, tirolerisch aussehende Blockhaus mit flachem Satteldach kennt, der muss sich wundern, dass Loos es in Beziehung zur japanischen Architektur setzte.
Die japanische Architektur der Gegenwart erfreut sich derzeit überaus großer Beliebtheit. Von der denkträgen Postmoderne und dem ausgelassenen Dekonstruktivismus weitgehend unberührt, wird sie von der Bestrebung geprägt, europäischen Individualismus und japanische Selbstbeherrschung zur Synthese zu bringen. Auf diese Weise entstehen Bauwerke, mit denen präzise und einfühlsam auf ihre Umgebung reagiert wird, die sich aber durch den gänzlichen Verzicht auf historische Mimikry und örtliche Anpassungen auszeichnet. Traditionsgemäß wird die Materialität von Baustoffen sowie der Dualismus von Offenheit und Geschlossenheit zelebriert, wobei ein gelassener Umgang mit Formen und Symbolismen (einschließlich des allseits beliebten Hightech) gepflogen wird.
Es kann kaum eine bessere Illustration für das Festhalten der japanischen Architekten am Zen-Buddhismus geben als die kleine Ausstellung im Wiener Zumtobel Lichtforum in Wien mit den „recent works“ von Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa. Drei Bauvorhaben werden hier vorgestellt: ein Kunstmuseum in Kanazawa, ein Theater in Almare und das Glas Centre in Toledo. Die Modelle und die Fotos, durch die die Projekte vorgestellt werden, sind aufs Minimale reduziert - Weiß in Weiß. Es fehlte nicht viel, und es wäre überhaupt nichts mehr zu erkennen.
Die Grundideen sind immer die gleichen und gleich einfach, obwohl die Aufgaben komplex sind. Für den Grundriss wird eine geometrische Grundfigur wie Kreis oder Viereck gewählt, ihre Fläche wird durch Raster aufgeteilt, und in das Raster werden jene Räume als voneinander getrennte viereckige Schachteln gesetzt, die man braucht. Um die Grundrissfigur wird eine transparente Wand gezogen, aus der dann die Innenräume unterschiedlich hoch herausragen.
Kazuyo Sejima hat 2002 an der Sommerakademie in Salzburg unterrichtet und wurde mit dem Salzburger Scamozzi-Architekturpreis ausgezeichnet. Wenn man sich beeilt, kann man in der Ausstellung „45 unter 45 - Junge Architektur aus Japan“ ein anderes Bauwerk von Kazuyo Sejima kennen lernen: Ihr „Kleines Haus“ in Tokio zählt zu den besten der hervorragend ausgewählten 45 Arbeiten. Symptomatisch - auch im Sinn der Definition von Adolf Loos - ist, dass viele der in der Ausstellung vorgestellten Architekten und Architektinnen (immerhin 12 aus 45) zumindest zeitweise auch in Amerika oder in Europa studiert beziehungsweise gearbeitet haben.
Libeskind erst der siebzigste, Ortners hingegen bereits elfte! Wie kommt so etwas zustande? Einfach: BauNetz sortiert die Bedeutung nach „dem Umfang der Veröffentlichungen in den wichtigsten Fachzeitschriften“. Ein derart obskures Ranking, das nicht einmal News zustande bringen würde, könnte so gedeutet werden: Entweder sind die wichtigsten Zeitschriften schlecht oder die einen Architekten haben gute, die anderen schlechte PR-Mitarbeiter, die entweder gute oder schlechte Architekturfotografen zu beauftragen pflegen. Denn ohne gute - das heißt: fachzeitschriftengerecht arrangierte und digital bearbeitete - Fotos kommt heutzutage kein gutes Bauwerk in eine wichtige Fachzeitschrift hinein. Allerdings ist es nicht einfach und vor allem nicht billig, die digitalen Metamorphosen der Qualität durchzuführen. Erkenntnis: Bei der Liste handelt es sich um einen Rankingmix aus Public Relations und Farbfotos.
Mittlerweile ist auch News mit seinem neuesten Ranking der „1000 wichtigsten Österreicher“ herausgerückt, sodass wir die Frage stellen können, wie es um die österreichischen Architekten und ihre gesellschaftliche Bedeutung in Österreich selbst steht. Nicht besonders gut. Lediglich sechs haben es unter die tausend Wichtigsten geschafft. Der Erste unter ihnen ist Architektur-Grandseigneur Hans Hollein. Er baut und baut und baut, und dennoch verschlechtert er sich - wenn auch nur geringfügig: von Platz 149 auf Platz 152. Zweiter ist Gustav Peichl (News-Epithaph: „Architektur als Lebenswerk“), der sich eindrucksvoll von Platz 403 auf Rang 377 verbessern konnte. Detto Roland Rainer („Architektur-Doyen“): von 547 auf 506. Detto der „Architektur-Star“ Wolf D. Prix: von 664 auf 590. Neu aufgenommen und gleich um einen Platz vor Prix gereiht wird der „Stonehaus-Bauer“ Günther Domenig: auf den Platz 589. Last and least unter den sechs: Wilhelm Holzbauer, „Herr der Architektur“. Er wird heuer um vierzig Punkte besser dastehen als 2002, als er Platz 764 belegte. Obwohl die Auswahl der News-Darlinge des Bauens die Schlussfolgerung geradezu aufzwingt, diese basiere auf dem Informationsstand von 1972, trifft das Gegenteil zu. Anders als NetzBau bewertet News nicht rück-, sondern vorwärts gewandt. Das Auswahlprinzip heißt: „Wer 2003 wichtig ist, über wen wir sprechen werden.“
Als es noch keine Architekturmagazine mit auf Hochglanz computermanipulierten Fotos gegeben hat, ist Architektur anders rezipiert worden. Im Jahr 1930 hielt Adolf Loos einem Vortrag zum Thema „Moderne Architektur“. Er hielt ein postkartengroßes Schwarz-Weiß-Foto seines gerade fertig gestellten Landhauses Khuner am Semmering hoch und rief leidenschaftlich aus: „Die Häuser der Zukunft werden nicht aus Eisenbeton sein, die man, um sie fortzuschaffen, mit Ekrasit sprengen muss. Das Haus der Zukunft ist aus Holz. Wie die kleinen japanischen Häuser. Es hat verschiebbare Wände! Moderne Architektur ist: japanische Kultur plus europäische Tradition.“ Wer das luxuriöse, tirolerisch aussehende Blockhaus mit flachem Satteldach kennt, der muss sich wundern, dass Loos es in Beziehung zur japanischen Architektur setzte.
Die japanische Architektur der Gegenwart erfreut sich derzeit überaus großer Beliebtheit. Von der denkträgen Postmoderne und dem ausgelassenen Dekonstruktivismus weitgehend unberührt, wird sie von der Bestrebung geprägt, europäischen Individualismus und japanische Selbstbeherrschung zur Synthese zu bringen. Auf diese Weise entstehen Bauwerke, mit denen präzise und einfühlsam auf ihre Umgebung reagiert wird, die sich aber durch den gänzlichen Verzicht auf historische Mimikry und örtliche Anpassungen auszeichnet. Traditionsgemäß wird die Materialität von Baustoffen sowie der Dualismus von Offenheit und Geschlossenheit zelebriert, wobei ein gelassener Umgang mit Formen und Symbolismen (einschließlich des allseits beliebten Hightech) gepflogen wird.
Es kann kaum eine bessere Illustration für das Festhalten der japanischen Architekten am Zen-Buddhismus geben als die kleine Ausstellung im Wiener Zumtobel Lichtforum in Wien mit den „recent works“ von Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa. Drei Bauvorhaben werden hier vorgestellt: ein Kunstmuseum in Kanazawa, ein Theater in Almare und das Glas Centre in Toledo. Die Modelle und die Fotos, durch die die Projekte vorgestellt werden, sind aufs Minimale reduziert - Weiß in Weiß. Es fehlte nicht viel, und es wäre überhaupt nichts mehr zu erkennen.
Die Grundideen sind immer die gleichen und gleich einfach, obwohl die Aufgaben komplex sind. Für den Grundriss wird eine geometrische Grundfigur wie Kreis oder Viereck gewählt, ihre Fläche wird durch Raster aufgeteilt, und in das Raster werden jene Räume als voneinander getrennte viereckige Schachteln gesetzt, die man braucht. Um die Grundrissfigur wird eine transparente Wand gezogen, aus der dann die Innenräume unterschiedlich hoch herausragen.
Kazuyo Sejima hat 2002 an der Sommerakademie in Salzburg unterrichtet und wurde mit dem Salzburger Scamozzi-Architekturpreis ausgezeichnet. Wenn man sich beeilt, kann man in der Ausstellung „45 unter 45 - Junge Architektur aus Japan“ ein anderes Bauwerk von Kazuyo Sejima kennen lernen: Ihr „Kleines Haus“ in Tokio zählt zu den besten der hervorragend ausgewählten 45 Arbeiten. Symptomatisch - auch im Sinn der Definition von Adolf Loos - ist, dass viele der in der Ausstellung vorgestellten Architekten und Architektinnen (immerhin 12 aus 45) zumindest zeitweise auch in Amerika oder in Europa studiert beziehungsweise gearbeitet haben.
Für den Beitrag verantwortlich: Falter
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