Veranstaltung

Architektur in Bukarest 1920-1945
Ausstellung
Architektur in Bukarest 1920-1945 © Pierre Levy
15. September 2004 bis 12. November 2004
Ausstellungszentrum im Ringturm
Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG
A-1010 Wien, Schottenring 30


Veranstalter:in: Vienna Insurance Group
Eröffnung: Dienstag, 14. September 2004, 18:30 Uhr
Die Veranstaltungsreihe Architektur im Ringturm präsentiert von 15. September bis 12. November 2004 die vielfältige und wenig bekannte moderne Architektur der Jahre 1920 - 1945 in Bukarest - damals auch „Paris des Ostens“ genannt. Gezeigt wird eine erstaunliche Fülle moderner Bauten, die bis heute das Stadtbild prägen. Die mehr als 50 präsentierten Bauwerke decken alle Bereiche architektonischen Schaffens ab - vom Wohnhaus, Fabrik, Verwaltungsgebäude bis zu Sanatorien, Kinos und Banken.

Ab 1920 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs sind in ganz Rumänien, besonders aber in Bukarest, eine Fülle erstklassiger moderner Gebäude entstanden. Die Dokumentation und Erforschung dieser Bauten ist besonders im Hinblick einer Erhaltung von Bedeutung, da diese Architektur (u.a. wegen immer noch bestehenden, diversen Schäden nach Erdbeben) äußerst gefährdet ist.

Die moderne Architektur Rumäniens war Ausdruck eines international orientierten, zukunftsorientieren Neuaufbaus. Die „sanfte“ Moderne wurde von einer breiten Bevölkerungsschicht angenommen, denn sie berücksichtigte von Beginn an Bedürfnisse und kulturelle Besonderheiten der Menschen.

Der demokratische Prozess einer marktorientierten Gesellschaft stimulierte in Rumänien bereits in den 30er-Jahren insbesondere die Bauproduktion in Bukarest: Wohnbau war in diesen Jahren - im Gegensatz zur Situation z.B. in Deutschland, Österreich oder England - immer private unternehmerische Initiative. Ganze Straßenzüge haben daher bis heute die Atmosphäre der „goldenen Zeit der Architektur“ bewahren können.

Zu Beginn dominierte die französische Beaux-Arts-Tradition. Sie wurde um 1930 zunehmend von der Formensprache der mitteleuropäischen Moderne verdrängt. Im Zuge des wachsenden politischen Nationalismus wies diese zunehmend monumentale klassizistische Züge auf.

Moderne rumänische Architektur von 1920 bis 1945. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges behielt die neo-rumänische Strömung - geprägt von Nationalkunst, Lokalpatriotismus und regionalen Traditionen - Oberhand und bestand neben den letzten Ausdrucksformen des europäischen Akademismus und Eklektizismus.

Das Ende des Ersten Weltkrieges bedeutete für Rumänien die Neuordnung eines vereinigten Nationalstaates. Durch den starken Anstieg der Bevölkerung wurden städtebauliche Entwicklungen dringend notwendig. Die Wirtschaft erholte sich. Es kam zur Entwicklung von Kommunikationszentren, städtischer Infrastruktur und adäquaten baulichen Strukturen für Industrie, Verwaltung, Kultur und Gesundheitswesen. Die Einführung neuer Bautechniken - vor allem der Einsatz von Stahlbeton - ermöglichte die Errichtung von Skelettbauten mit flexiblen Raumkonzepten und damit die Ausbildung eines neuen Stils.

Die rumänische Architektur der Zwischenkriegszeit behauptete sich in einer ausgewogenen, manchmal vorsichtigen Erneuerung und einer moderaten Formsprache - allerdings mit großer Ausdruckskraft. Zahlreiche Architekten studierten in Frankreich, wo sie in Kontakt mit verschiedenen Strömungen der europäischen Moderne kamen.

Die Entwicklung nach 1933 spiegelt die sich über ganz Europa sukzessive ausbreitenden Phänomene wie Nationalismus und Zentralisierung, die nicht zuletzt in der Schwere der „offiziellen“ Architektur zu spüren sind: Symmetrie, Strenge, Kontrolle etc. sind die Stufen jener autokraten Architektur, die schlussendlich in das Chaos des 2. Weltkriegs - und damit das Ende der Moderne - mündeten.

Pioniere der rumänischen Architektur der Moderne: Das architektonische Schaffen von Marcel Iancu war bislang wenig beachtet, während er als Maler, Mitglied des Züricher Dadaisten-Kreises und künstlerischer Avandgardist Bekanntheit erlangte.
Nach der Rückkehr aus der Schweiz wandte sich Iancu der Architektur zu. Bei den meisten seiner Bauten handelt es sich um städtische Wohnbauten in Bukarest. Iancu wandte sich gegen das Dekorative. Für ihn beruhte die moderne Architetkur auf einer Geometrie, die nach steter Vereinfachung strebt und deren Weisheit in der Zurückhaltung und Ausdruckskraft des Materials liegt. Die Fassade ist von untergeordneter funktionaler Bedeutung.

1926 errichtete er ein Wohnhaus im Auftrag seines Vaters und damit den ersten modernen Bau in Rumänien. Im Entwurf für die Villa Juster (1931) haben seine frühen avantgardistischen Plastiken erkennbare Spuren hinterlassen. Bis zum Zweiten Weltkrieg konnte Iancu - der beim Bauen eine Verbindung mit der bildenden Kunst suchte und moderne Architektur als Ausdruck der Demokratie verstand - 40 Bauten realisieren.

Der luxuriösen Villa Florica Reich (1936) liegt als Gestaltungsprinzip eine Variation kubistischer Formen zugrunde, die im gesamten Gebäude erkennbar sind. Es gibt zwei hierarchische Treppen: eine für Dienstboten, die vom Keller beginnend alle Geschoße verbindet und eine repräsentative Wohnzimmertreppe nur bis zum Obergeschoß. Ein spezielles Farbkonzept verbindet Wandgestaltung und Ausstattung der Villa.

Das Wohnhaus (1935) ist neben dem Bazaltin-Haus das höchste von Iancu geplante Gebäude. Die Anlage wurde als doppelter Dreispänner konzipiert - mit einer zusätzlichen Servicetreppe im Lichthof für die beiden größten Wohnungen. Iancu greift mit der Südfassade den Radius des Platzes auf und reagiert so auf den städtebaulichen Kontext.

Als eigentlicher Begründer der Bewegung der Moderne in den 30iger Jahren gilt Horia Creangã. Er wurde zur Leitfigur einer Architektur, die zwar mit den Ideen der europäischen Moderne im Einklang stand, aber einen eigenen Ausdruck suchte. Er erhob den Anspruch, die moderne Formensprache in Einklang mit ländlicher Bautradition und Volkskunst Rumäniens sowie einfacher geometrischer Form zu bringen. Für ihn fand die Architektur ihre Gesetze im Ursprung des Nützlichen, Konstruktiven und sozialen Gedankens. Sein ARO-Gebäude (1926) war eine in Bukarest bis dahin unbekannte Mischung aus Funktionalität und expressiven Formenausdruck .

In seiner Industriearchitektur hat er für Rumänien ähnliche Bedeutung wie Peter Behrens für den deutschen Industriebau. Während einer langen Zusammenarbeit mit dem als „Krupp Rumäniens“ geltenden Nicolae Malaxa entstanden eine Reihe herausragender Nutzbauten. Einer der wichtigsten Beiträge zur Entwicklung der modernen Industriearchitektur Rumäniens sind die Gebäude der Malaxa Werke (1930 bis 1939). Die Rohrfabrik war damals die modernste ihrer Art und marktführend in Europa.

Die Villa Ing. A. Bunescu (1932) war das bis dahin modernste Wohnhaus Creangãs. Die Fassaden korrespondieren mit der inneren Raumaufteilung. Das Haus wird über eine Eingangsterrasse betreten. Der kurze Flur führt zum zweigeschossigen Wohnzimmer. Sensationell war für damalige Zeiten die Dachterrasse mit Swimmingpool und Solarium.

Im nördlichen Wohnviertel liegt auch die Villa Miclescu (1930). Mit streng geometrischen, schmucklosen Fassaden - man vermutet lediglich diese stammen von Creangã - hebt sich das Haus deutlich von der Umgebung ab.

Über das Werk von Iancu und Creangã hinaus eröffnet sich beim Blick auf Bukarest eine Vielfalt weiterer Bauten und Planungen vom modernen Boulevard mit Kinos und Banken bis zum geschwungenen Verwaltungsgebäude des Mendelsohn-Schülers Rudolf Fraenkel.

Mit dem Magistratilor-Haus (1935 bis 1937) entlang einer Prachtstraße Bukarests zeigt der rumänische Architekt Duiliu Marcu seine modernste Seite. Im multifunktionalen Bauwerk sind Ladenräume, Büros, ein Versammlungsraum und ein Hotel mit Appartements untergebracht. Längs- und Stirnseite des Gebäudes steigern sich in ihrer Wirkung gegenseitig. Durchgehende Balkonbrüstungen verleihen der Westseite horizontalen Charakter, die Nordfassade ist durch Betonrippen vertikal gegliedert.

Weiters plante Marcu zwei luxuriöse Wohnhäuser (1935 bis 1936) im Zentrum der Stadt. Die markante Rundung des Ensembles an der Stirbei Voda-Straße 18-20 geht einerseits auf die städtebauliche Lage ein, fungiert andererseites als Gelenk für zwei Gebäudeschenkel. Die Zylinderform setzt sich innen konsequent fort und ordnet Wände radikal an. Allen Grundrissen ist die Reduktion der Flure auf ein Minimum sowie die Zusammenführung mehrerer Zimmer durch Schiebe- und Falttüren gemeinsam.

Die Ausstellung: Die Schau konzentriert sich auf die Hauptstadt - wiewohl in ganz Rumänien zahlreiche weitere moderne Bauten entstanden - und präsentiert die wichtigsten erhaltenen Gebäude. Dem Besucher wird ein Gesamteindruck der Bukarester Moderne vermittelt. Neben den Hauptwerken der wichtigsten Vertreter dieser Bewegung - Marcel Iancu, Horia Creangã und Duiliu Marcu - wird an Hand nicht minder wichtiger Bauten von anderen Architekten die unglaubliche Dichte an qualitätsvollen Bauten gezeigt.

Rund 60 Fotografien des Luxenburger Fotodesigners Pierre Levy zeigen die verschiedenen Bautypen in ihrem jetzigen Zustand. Neben diesen Aufnahmen bieten Pläne und Erläuterungen zu Bauten und Architekten einen repräsentativen Querschnitt dieser Zeit.

Katalog (in englischer und deutscher Sprache): Moderne in Bukarest. Ein Architekturführer. / Modernisme in Bucarest. An architectural Guide. Dos Santos/Georgescu/Levy, Verlag Anton Pustet, 2001 Salzburg, 128 Seiten, Preis: 25,90 Euro.

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 9.00 bis 18.00 Uhr; freier Eintritt
Donnerstag bis 19.30 Uhr

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Weiterführende Links:
Haus der Architektur Graz

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Moderne in Bukarest
Ein Architekturführer