Veranstaltung

Sert, half a century of architecture 1928–1979
Ausstellung
25. Februar 2005 bis 12. Juni 2005
Fundació Joan Miró
Parc de Montjuïc, s/n
08038 Barcelona


Veranstalter:in: Fundació Joan Miró

Chamäleonartige Baukunst

Der Architekt Josep Lluís Sert in Barcelona

11. März 2005 - Markus Jakob
Die Präsentation des Werks von Josep Lluís Sert (1902-1983) in der Fundació Joan Miró in Barcelona darf man als einen Glücksfall bezeichnen, findet sie doch in einem späten Bau des Architekten selbst statt. Hier kann der Versuch einer Neubewertung des grossen Katalanen, die anlässlich des Zentenariums (NZZ 1. 7. 02) weitgehend versäumt wurde, auf eine aufwendige Inszenierung verzichten. In Schaukästen gruppiert um neun Hauptwerke, die anhand von Modellen präsentiert werden, gibt die Schau einen linearen Überblick über Serts Auseinandersetzung mit den Methoden und Zielen der Moderne, die ein halbes Jahrhundert und zwei Kontinente umspannte. Serts wichtigste Stationen - oder vielmehr wechselnde Hauptquartiere - waren Barcelona, New York und Cambridge.

Seine Architektenlaufbahn begann Sert 1928 bei Le Corbusier, ehe er seine Heimatstadt mit einigen radikal rationalistischen Wohnbauten wie der Casa Bloc und den Duplexwohnungen am Carrer Muntaner bereicherte. Der vielbeachtete Pavillon der Spanischen Republik auf der Pariser Weltausstellung 1937, Jahrzehnte später in Barcelona wiederaufgebaut, sollte sein vorläufig letztes europäisches Bauwerk sein. Der Neuanfang nach dem Spanischen Bürgerkrieg, den er 1939 in New York versuchte, stand zunächst im Zeichen des Misserfolgs: Die grossen städtebaulichen Projekte für verschiedene lateinamerikanische Städte blieben unausgeführt. Doch wiesen diese von Sert als «organische Strukturen» bezeichneten Anlagen bereits voraus auf jene städtischen Ensembles, die er - 1953 zum Dekan der School of Design der Harvard University ernannt - zusammen mit seinem Partner Huson Jackson in Cambridge, Massachusetts, errichten konnte: Es handelte sich dabei um komplexe, chamäleonartige Gebäudegruppen wie Holyoke Center und Peabody Terrace, mit denen er eine Harmonisierung visueller menschlicher Urbedürfnisse und moderner urbaner Realitäten anstrebte. Ein Ortsgefühl zu schaffen - Sert brachte es auf den Begriff der Township -, so wie es ihm in seiner Jugend in der weissen, fensterlosen, kubischen Architektur ibizenkischer Dörfer aufgegangen war, dafür war nun der amerikanische Massstab die Herausforderung. In Hinsicht des Bauvolumens, und allerdings nur in dieser, bleibt die Überbauung von Roosevelt Island in New York (1970) sein Hauptwerk.

Serts eigenes, 1956 in Cambridge gebautes Haus, dessen zahlreiche Planungsstufen in der Ausstellung minuziös dokumentiert werden, kann gleichfalls als Manifest gegen die Uferlosigkeit amerikanischer Siedlungsmodelle gelesen werden: introvertiert, ein ummauertes Geviert, in dessen Patios sich das Leben konzentriert. In dieselbe Zeit fällt der Bau der amerikanischen Botschaft in Bagdad: Der Irak war für die USA schon damals von strategischer Bedeutung. Die Subtilität, mit der hier der Architektur eine symbolische Vorbildrolle zugewiesen wurde, ohne in eine kolonialistische Attitüde zu verfallen, lässt einen die Gegenwart umso schmerzlicher empfinden. Das Botschaftsgebäude nahm zahlreiche lokale Elemente auf und repräsentierte doch zugleich das moderne, Bewunderung heischende Amerika und seine Ideale. Der nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen 1967 durch die irakische Regierung enteignete und zuletzt als Kaserne genützte Bau soll - so wird gesagt - von den Amerikanern selbst zur Ruine gebombt worden sein.

Als Neffe eines grossen spanischen Malers war sich Sert der Bedeutung von Licht und Volumen als den Grundelementen der Architektur stets bewusst. Gegen Ende seiner Laufbahn konnte er einige bedeutende Projekte verwirklichen, die zu seinen mediterranen Anfängen zurückführten: die Fondation Maeght in Saint-Paul-de-Vence, die Häuser in Punta Martinet auf Ibiza sowie das Atelier seines Freundes Joan Miró bei Palma de Mallorca und die Fundació Joan Miró in Barcelona, in der er nun geehrt wird.

[ Bis 12. Juni. Katalog (spanisch oder englisch), 385 S., Euro 40.50. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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