Veranstaltung
Ernst Plischke
Ausstellung
21. März 2003 bis 20. April 2003
Akademie der bildenden Künste Wien
Aula und Ausstellungsräume der Akademie der bildenden Künste Wien
Schillerplatz 3
A-1010 Wien
Aula und Ausstellungsräume der Akademie der bildenden Künste Wien
Schillerplatz 3
A-1010 Wien
Veranstalter:in: Akademie der bildenden Künste
Eröffnung: Donnerstag, 20. März 2003, 19:00 Uhr
Abzüglich Stempelgebühren
DER BAUKASTEN. Anmerkungen zur Architektur
Diesmal: späte Genugtuung für den 80-jährigen Architekten Joern Utzon und zwei Ausstellungen über den österreichischen Architekten Ernst A. Plischke (1903-1992).
16. April 2003 - Jan Tabor
Neunzehnhundertachtundneunzig war ein denkwürdiges Jahr für die Weltarchitektur. In Wien wurde ein bedeutender internationaler Architekturpreis erfunden, und in Kopenhagen feierte der wohl unterschätzteste Architekt des 20. Jahrhunderts seinen achtzigsten Geburtstag: Joern Utzon. Jetzt, endlich, wurde er mit dem Pritzker Price, der als der Nobelpreis für Architektur apostrophiert wird, ausgezeichnet.
Gäbe es einen Preis für Einfallslosigkeit der Preisrichter, dann hätten ihn 1998 die Juroren des österreichischen Friedrich-Kiesler-Preises verdient. Dafür, dass sie den mit Preisen aller Art bereits überhäuften Frank O. Gehry ausgezeichnet haben. Gehry im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Spektakel um das gerade fertig gestellte Guggenheim-Museum in Bilbao auszuwählen, war bloß eine fantasielose PR-Aktion für den österreichischen Neupreis. Utzon hat mit der Oper von Sydney eines der markantesten Bauwerke des 20. Jahrhunderts errichtet. Ohne seine Pionierleistung ist die ausgefallene Form und damit auch der riesige Erfolg des Museums in Bilbao nicht vorstellbar.
Die Oper von Sydney vollzog einen der wichtigsten Paradigmenwechsel in der Architekturgeschichte. Noch nicht ganz fertig, wurde die Oper von Sydney bereits zum Wahrzeichen eines ganzen Kontinents, des ganzen 20. Jahrhunderts. Schon bald nach Baubeginn 1957 wurde das Gebäude zum Gegenstand eines heftigen Kulturkampfes zwischen den linken Politikern, die den Bau initiiert hatten, und den rechten, die inzwischen in Australien an die Macht gekommen waren und ihn um jeden Preis verhindern wollten. Diese Auseinandersetzungen verursachten erhebliche Termin- und Finanzierungsschwierigkeiten und führten dazu, dass die Oper von Sydney zu dem wohl kompliziertesten Bauvorhaben des 20. Jahrhunderts werden sollte. Erzürnt verließ Utzon 1965 Australien für immer, de facto wurde er vertrieben. Seither hat er Australien nicht mehr betreten. Obwohl er auch andere bemerkenswerte Bauten errichten konnte - etwa das Parlamentsgebäude in Kuwait (1983) - wurde er kaum noch beachtet. Bis jetzt ist er eine Persona non grata der Architekturrezeption gewesen.
Die australische Politfarce hat eine austriakische Provinz-Reprise erfahren. 1998 gewann Otto Häuselmayer den internationalen Wettbewerb für ein Musiktheater in Linz. Nachdem im Sommer 2000 die Baubewilligung erteilt wurde, initiierte die FPÖ eine Volksabstimmung gegen den Bau. Sie endete mit einem Happy End für die Kulturbanausen: Das Volk stimmte gegen das Musiktheater. Wie einst in Australien. Bald gibt es Landtagswahlen in Oberösterreich. Die blauen Demagogen sind mittlerweile weg vom Fenster. Man sollte von Las Vegas, Sydney und St. Pölten lernen. Mit dem Musiktheater in Linz könnte es diesmal klappen. Bitte noch einmal probieren.
Neunzehnhundertfünfunddreißig wurde der Große Österreichische Kunststaatspreis gegründet. Der klerikal-faschistische Staat schuf sich damit ein wirksames Lenkungsinstrument für seine Kulturpolitik. Eine heute noch unbegreifliche kulturpolitische Weitsicht und Offenheit zeichnete jene Preisjuroren aus, die den ersten Großen Staatspreis an den Architekten Ernst A. Plischke verliehen hatten. Ausgerechnet Plischke.
Ernst A. Plischke, damals 32 Jahre alt, wurde international bekannt mit dem Bau des Arbeitsamtes in Wien-Liesing. Er galt als der einzige Architekt in Österreich, der sich konsequent zu den Prinzipien des Funktionalismus bekannte. In ihrer legendären Ausstellung „The International Style“ im Museum of Modern Art in New York 1932 nahmen Philip Johnson und Henry-Russell Hitchcock nur zwei Österreicher auf: Lois Welzenbacher und Plischke.
Die österreichische Regierung war bestrebt, international auch in den demokratischen Ländern anerkannt zu werden und als modern zu gelten. Dies dürfte der wichtigste Grund dafür sein, warum die Wahl auf Plischke fiel, obwohl er bis dahin keine Kirche gebaut hatte - in der Malerei und Bildhauerei gingen die Großen Staatspreise ausschließlich an religiöse Werke - und obwohl er zum Kreis der linken bzw. sozialdemokratischen Architekten um Josef Frank gehörte.
Die Staatspreis-Urkunde ist eines der Dokumente, die in der Ausstellung „E. A. Plischke. Das Neue Bauen und die Neue Welt, das Gesamtwerk“ zur Einsicht vorliegen, und beweist, dass der österreichische Staat auch in Anwandlung von Großzügigkeit kleinlich agierte: Dem Preisträger wurde gleich mitgeteilt, dass vom Preisgeld (2.000 Schilling) die Stempelgebühren abgezogen werden.
Im Frühjahr 1948 bat der damalige kommunistische Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka Plischke in einem Brief, nach Österreich zurückzukehren. Wenig später wurde Matejka abgesetzt und durch einen Bürokraten ersetzt, der die offizielle Emigrantenpolitik (Motto: „In die Länge ziehen“) wunschgemäß umsetzte. Plischke, der 1939 mit seiner jüdischen Frau Anna nach Neuseeland emigriert war, kehrte erst 1963 nach Wien zurück. Er folgte als Professor an der Akademie der bildenden Künste Clemens Holzmeister nach, der emeritiert wurde.
Die außerordentlich informative Plischke-Schau (Kurator: August Sarnitz) findet anlässlich des 100. Geburtstags von Ernst A. Plischke (1903-1992) statt. Sie wird durch die Ausstellung „Ernst Plischke als Möbeldesigner“ im Kaiserlichen Hofmobiliendepot ergänzt. Kuratiert wurde sie von Eva B. Ottillinger, die zusammen mit Sarnitz die hervorragende Plischke-Monographie bei Prestel herausgegeben hat. Die Plischke-Ausstellung ist schon deshalb interessant, weil das Hofmobiliendepot in der Andreasgasse eines der sehenswertesten Museen in Wien ist und weil der vortreffliche Umbau von 1998 von Alessandro Alvera, einem Plischke-Schüler, stammt.
Das Prunkstück der kleinen Plischke-Schau kommt aus den Sammlungen Ihrer Majestät der Königin von England. Es ist jener Schreibtisch, den Plischke für die Kronprinzessin Elizabeth 1947 entworfen hat. Es war das Staatsgeschenk der neuseeländischen Regierung zur Hochzeit der künftigen Regentin. Verarbeitet wurden die neuseeländischen Totara-, Puriri-, Mangeao-, Kauri-, Kohekohe-, Pukatea- und Rata-Hölzer.
Welch eine Holzpoesie! Wen wundert es da noch, dass Plischke sich nur mäßig begeistert auf den Weg zurück nach Wien machte, wo er seine Architektenbefugnis mühevoll erneuern lassen musste. Außer einem kleinen Zubau für eine Volksschule in Wien-Favoriten gab es für ihn keinen einzigen öffentlichen Bauauftrag.
Die Ausstellung „Ernst Plischke. Das Neue Bauen und die Neue Welt, das Gesamtwerk“ ist nur noch bis 20.4. in der Akademie der bildenden Künste (1., Schillerplatz 3) zu sehen.
Die Schau „Ernst Plischke als Möbeldesigner“ läuft bis 29.6. im Kaiserlichen Hofmobiliendepot (7., Andreasgasse 7).
Gäbe es einen Preis für Einfallslosigkeit der Preisrichter, dann hätten ihn 1998 die Juroren des österreichischen Friedrich-Kiesler-Preises verdient. Dafür, dass sie den mit Preisen aller Art bereits überhäuften Frank O. Gehry ausgezeichnet haben. Gehry im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Spektakel um das gerade fertig gestellte Guggenheim-Museum in Bilbao auszuwählen, war bloß eine fantasielose PR-Aktion für den österreichischen Neupreis. Utzon hat mit der Oper von Sydney eines der markantesten Bauwerke des 20. Jahrhunderts errichtet. Ohne seine Pionierleistung ist die ausgefallene Form und damit auch der riesige Erfolg des Museums in Bilbao nicht vorstellbar.
Die Oper von Sydney vollzog einen der wichtigsten Paradigmenwechsel in der Architekturgeschichte. Noch nicht ganz fertig, wurde die Oper von Sydney bereits zum Wahrzeichen eines ganzen Kontinents, des ganzen 20. Jahrhunderts. Schon bald nach Baubeginn 1957 wurde das Gebäude zum Gegenstand eines heftigen Kulturkampfes zwischen den linken Politikern, die den Bau initiiert hatten, und den rechten, die inzwischen in Australien an die Macht gekommen waren und ihn um jeden Preis verhindern wollten. Diese Auseinandersetzungen verursachten erhebliche Termin- und Finanzierungsschwierigkeiten und führten dazu, dass die Oper von Sydney zu dem wohl kompliziertesten Bauvorhaben des 20. Jahrhunderts werden sollte. Erzürnt verließ Utzon 1965 Australien für immer, de facto wurde er vertrieben. Seither hat er Australien nicht mehr betreten. Obwohl er auch andere bemerkenswerte Bauten errichten konnte - etwa das Parlamentsgebäude in Kuwait (1983) - wurde er kaum noch beachtet. Bis jetzt ist er eine Persona non grata der Architekturrezeption gewesen.
Die australische Politfarce hat eine austriakische Provinz-Reprise erfahren. 1998 gewann Otto Häuselmayer den internationalen Wettbewerb für ein Musiktheater in Linz. Nachdem im Sommer 2000 die Baubewilligung erteilt wurde, initiierte die FPÖ eine Volksabstimmung gegen den Bau. Sie endete mit einem Happy End für die Kulturbanausen: Das Volk stimmte gegen das Musiktheater. Wie einst in Australien. Bald gibt es Landtagswahlen in Oberösterreich. Die blauen Demagogen sind mittlerweile weg vom Fenster. Man sollte von Las Vegas, Sydney und St. Pölten lernen. Mit dem Musiktheater in Linz könnte es diesmal klappen. Bitte noch einmal probieren.
Neunzehnhundertfünfunddreißig wurde der Große Österreichische Kunststaatspreis gegründet. Der klerikal-faschistische Staat schuf sich damit ein wirksames Lenkungsinstrument für seine Kulturpolitik. Eine heute noch unbegreifliche kulturpolitische Weitsicht und Offenheit zeichnete jene Preisjuroren aus, die den ersten Großen Staatspreis an den Architekten Ernst A. Plischke verliehen hatten. Ausgerechnet Plischke.
Ernst A. Plischke, damals 32 Jahre alt, wurde international bekannt mit dem Bau des Arbeitsamtes in Wien-Liesing. Er galt als der einzige Architekt in Österreich, der sich konsequent zu den Prinzipien des Funktionalismus bekannte. In ihrer legendären Ausstellung „The International Style“ im Museum of Modern Art in New York 1932 nahmen Philip Johnson und Henry-Russell Hitchcock nur zwei Österreicher auf: Lois Welzenbacher und Plischke.
Die österreichische Regierung war bestrebt, international auch in den demokratischen Ländern anerkannt zu werden und als modern zu gelten. Dies dürfte der wichtigste Grund dafür sein, warum die Wahl auf Plischke fiel, obwohl er bis dahin keine Kirche gebaut hatte - in der Malerei und Bildhauerei gingen die Großen Staatspreise ausschließlich an religiöse Werke - und obwohl er zum Kreis der linken bzw. sozialdemokratischen Architekten um Josef Frank gehörte.
Die Staatspreis-Urkunde ist eines der Dokumente, die in der Ausstellung „E. A. Plischke. Das Neue Bauen und die Neue Welt, das Gesamtwerk“ zur Einsicht vorliegen, und beweist, dass der österreichische Staat auch in Anwandlung von Großzügigkeit kleinlich agierte: Dem Preisträger wurde gleich mitgeteilt, dass vom Preisgeld (2.000 Schilling) die Stempelgebühren abgezogen werden.
Im Frühjahr 1948 bat der damalige kommunistische Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka Plischke in einem Brief, nach Österreich zurückzukehren. Wenig später wurde Matejka abgesetzt und durch einen Bürokraten ersetzt, der die offizielle Emigrantenpolitik (Motto: „In die Länge ziehen“) wunschgemäß umsetzte. Plischke, der 1939 mit seiner jüdischen Frau Anna nach Neuseeland emigriert war, kehrte erst 1963 nach Wien zurück. Er folgte als Professor an der Akademie der bildenden Künste Clemens Holzmeister nach, der emeritiert wurde.
Die außerordentlich informative Plischke-Schau (Kurator: August Sarnitz) findet anlässlich des 100. Geburtstags von Ernst A. Plischke (1903-1992) statt. Sie wird durch die Ausstellung „Ernst Plischke als Möbeldesigner“ im Kaiserlichen Hofmobiliendepot ergänzt. Kuratiert wurde sie von Eva B. Ottillinger, die zusammen mit Sarnitz die hervorragende Plischke-Monographie bei Prestel herausgegeben hat. Die Plischke-Ausstellung ist schon deshalb interessant, weil das Hofmobiliendepot in der Andreasgasse eines der sehenswertesten Museen in Wien ist und weil der vortreffliche Umbau von 1998 von Alessandro Alvera, einem Plischke-Schüler, stammt.
Das Prunkstück der kleinen Plischke-Schau kommt aus den Sammlungen Ihrer Majestät der Königin von England. Es ist jener Schreibtisch, den Plischke für die Kronprinzessin Elizabeth 1947 entworfen hat. Es war das Staatsgeschenk der neuseeländischen Regierung zur Hochzeit der künftigen Regentin. Verarbeitet wurden die neuseeländischen Totara-, Puriri-, Mangeao-, Kauri-, Kohekohe-, Pukatea- und Rata-Hölzer.
Welch eine Holzpoesie! Wen wundert es da noch, dass Plischke sich nur mäßig begeistert auf den Weg zurück nach Wien machte, wo er seine Architektenbefugnis mühevoll erneuern lassen musste. Außer einem kleinen Zubau für eine Volksschule in Wien-Favoriten gab es für ihn keinen einzigen öffentlichen Bauauftrag.
Die Ausstellung „Ernst Plischke. Das Neue Bauen und die Neue Welt, das Gesamtwerk“ ist nur noch bis 20.4. in der Akademie der bildenden Künste (1., Schillerplatz 3) zu sehen.
Die Schau „Ernst Plischke als Möbeldesigner“ läuft bis 29.6. im Kaiserlichen Hofmobiliendepot (7., Andreasgasse 7).
Für den Beitrag verantwortlich: Falter
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