Veranstaltung
Sollberger Bögle Architekten
Vortrag
Mittwoch, 10. Mai 2006, 18:30 Uhr
Architekturforum Zürich
Neumarkt 15
CH-8001 Zürich
Neumarkt 15
CH-8001 Zürich
Veranstalter:in: Architekturforum Zürich
Bildhafte Form einer substanziellen Baukunst
Ivo Sollberger und Lukas Bögli aus Biel
Die Projekte von Sollberger und Bögli aus Biel wirken immer wieder neu. Dieser Überraschungseffekt wird durch eigenwilligen Materialeinsatz und ungewöhnliche Fassadenlösungen erzielt.
5. Mai 2006 - J. Christoph Bürkle
Der Umbau des jüdischen Gemeindezentrums (ICZ) in Zürich bedeutet Ivo Sollberger und Lukas Bögli viel. Zwar haben die beiden Bieler Architekten schon einige Arbeiten realisiert, aber ein grosser Auftrag in Zürich wäre ihrer Karriere zweifellos förderlich. Den Studienwettbewerb zu diesem Projekt konnten sie vor kurzem für sich entscheiden. Die Aufgabe bestand darin, die räumliche Situation des Zentrums zu klären und zu ergänzen. Nach ihrem Entwurf soll im Innenhof der Blockrandbebauung ein grosser Mehrzwecksaal entstehen. Dieser wird über ein vorgelagertes, quer gestelltes Foyer mit dem Restaurant und verschiedenen Gruppenräumen verbunden. Ein bepflanzter Hof dient als grüne Lunge der neuen Anlage und lässt erweiterte Nutzungen des Zentrums zu. Bedruckte Glas- und Holzflächen, denen auch eine akustische Funktion zukommen wird, geben dem grossen Saal eine einzigartige, ausdrucksstarke Prägung.
Innovative Lösungen
Für eigenwilligen Materialeinsatz und ungewöhnliche Fassadenlösungen sind Sollberger und Bögli bekannt. «Als Schüler von Herzog & de Meuron wurden wir geradezu dahin gedrängt», meint Ivo Sollberger. Bevor die beiden im Jahr 2000 ihr eigenes Büro in Biel eröffneten, waren sie fünf Jahre lang bei Herzog & de Meuron tätig und arbeiteten unter anderem an den Projekten des St.-Jakob-Stadions in Basel, der HypoVereinsbank in München und des Ricola-Verwaltungspavillons in Laufen mit. Die lange Tätigkeit in dieser Kaderschmiede drückt sich in ihren Entwürfen aus. Diese zeichnen sich durch eine grosse Präzision in der bildhaften Durchdringung der Aufgabenstellung, durch den künstlerischen Drang, das Unmögliche möglich zu machen, und durch eine überzeugende Schärfe in der materialgerechten Detaillierung aus.
Die Entwürfe von Sollberger und Bögli sind immer Spannungsfelder zwischen einer Idee und deren materialgerechter Umsetzung. Dies veranschaulichte schon eines ihrer ersten Projekte: ein Bibliotheksanbau an ein Wohnhaus in Laufen. Anstelle des ehemaligen Aussensitzplatzes sollte ein Lesebereich mit Ausblick in die Landschaft realisiert werden. Entstanden ist ein stumpfwinklig geknickter, introvertierter Raum, an dessen Ende sich ein raumhohes Kastenfenster öffnet. Clou des Anbaus ist die innere Längsseite, die aus einem Glaskasten besteht, der mit dünnem Tannenholz furniert ist. Die schmalen, durchscheinenden Furnierplatten wirken bildhaft und metaphorisch zugleich. Sie erinnern an alte, aufrechtstehende Bücher, bei denen sich die Seiten teilweise geöffnet haben. Gleichzeitig dringt durch die dünnen, papiernen Furniere diffuses Licht nach innen und erzeugt so eine geheimnisvolle Atmosphäre. Ein mutiger Einsatz des Materials - denn es ist kaum vorherzusagen, wie sich dieses auf Dauer verhalten wird. «Da braucht es einen Bauherrn, der die Sache mitträgt», meint Sollberger lakonisch.
Wie wichtig die Rückendeckung des Bauherrn ist, mussten die Architekten bei ihrem kurz vor der Realisierung stehenden Einfamilienhaus in Muri bei Bern feststellen. Der geplante Neubau kommt am Rande eines Parks zwischen zwei denkmalgeschützten klassizistischen Wohnhäusern zu stehen. Das Projekt nimmt die Typologie des freistehenden Einfamilienhauses auf, ohne sich jedoch in Form und Proportion der existierenden Bebauung anzupassen. Vielmehr stellt es Sehgewohnheiten auf den Kopf, denn das quadratische Obergeschoss mit seiner geschlossenen Fassade scheint schwer auf einem amorphen Glaskörper aufzuliegen. Im «organischen» Erdgeschoss sind Wohn- und Arbeitsbereiche sowie die Küche in einem fliessenden Raumkontinuum angeordnet. Das orthogonale Obergeschoss bietet Platz für die Schlafräume.
In Absprache mit der Denkmalpflege wurde das Haus von der Baulinie leicht zurückgenommen. Mit Annexbauten für Bibliothek, Pergola und Garagen konnte das gesamte Bauvolumen geringer gehalten werden als jenes der bestehenden Gebäude. Zugleich schirmen sie den Neubau vom umliegenden Park ab. Obwohl sich der Neubau gut in bestehende Bausubstanz einfügen wird, dürfte er mit seiner gekurvten Glashaut und den Fensterschlitzen im Obergeschoss kompromisslos zeitgenössisch wirken. Deswegen wohl hagelte es Einsprachen von den Nachbarn. Die meisten Verfahren sind nun aber geklärt, so dass man hoffen darf, dass dieser ungewöhnliche Bau realisiert werden kann.
Verfremdung durch Materialien
Ganz anders verhielt es sich bei einem spektakulären Dachaufbau von Sollberger und Bögli. Die Stadt Biel war von diesem derart begeistert, dass sie gerne noch weitere realisiert gesehen hätte. Der silberne Bau befindet sich auf dem Dach eines ehemaligen Fabrikationsgebäudes, in dem heute Gewerbe- und Dienstleistungsfirmen arbeiten. Um für eine Werbeagentur mehr Nutzfläche zu schaffen, entwickelten Sollberger und Bögli einen containerartigen Aluminiumkörper, der wie ein ephemeres Objekt das Dach bekrönt. Steigt man aus dem unteren Büroraum die Wendeltreppe hinauf, so eröffnet sich einem eine beinahe irreale Welt, welche die kreative Gedankenwelt der Agentur symbolisieren soll. Während die weissen Räume einen weiten Blick auf Stadt und Jura bieten, erzeugt das von den Architekten eigens für Präsentationen angefertigte Mobiliar eine ambitionierte Atmosphäre.
Die architektonischen Hauptanliegen von Sollberger und Bögli sind das bildhafte Arbeiten und der Versuch, Stimmungen durch umgedeutete Materialien auszudrücken. Ob Aluminiumplatten mit aufgedrucktem Reifenmuster für die Autolaborhalle einer Ingenieurschule, ein mit Alabaster gefülltes Stahlnetz für das Alpinarium in Galtür oder die mit gewellten Streckelementen aus Cortenstahl versehene Fabrikhalle in Bern, immer sind es verfremdet eingesetzte Materialien, die auf eine intensive Wahrnehmung der Architektur zielen. Hier wird deutlich, dass in der Architektur am Ende alles auf eine Substanz gewordene Aussage hinausläuft.
[ Sollberger Bögli Architekten stellen ihre Arbeiten am Mittwoch, 10. Mai, um 18 Uhr 30 im Architekturforum Zürich vor. ]
Innovative Lösungen
Für eigenwilligen Materialeinsatz und ungewöhnliche Fassadenlösungen sind Sollberger und Bögli bekannt. «Als Schüler von Herzog & de Meuron wurden wir geradezu dahin gedrängt», meint Ivo Sollberger. Bevor die beiden im Jahr 2000 ihr eigenes Büro in Biel eröffneten, waren sie fünf Jahre lang bei Herzog & de Meuron tätig und arbeiteten unter anderem an den Projekten des St.-Jakob-Stadions in Basel, der HypoVereinsbank in München und des Ricola-Verwaltungspavillons in Laufen mit. Die lange Tätigkeit in dieser Kaderschmiede drückt sich in ihren Entwürfen aus. Diese zeichnen sich durch eine grosse Präzision in der bildhaften Durchdringung der Aufgabenstellung, durch den künstlerischen Drang, das Unmögliche möglich zu machen, und durch eine überzeugende Schärfe in der materialgerechten Detaillierung aus.
Die Entwürfe von Sollberger und Bögli sind immer Spannungsfelder zwischen einer Idee und deren materialgerechter Umsetzung. Dies veranschaulichte schon eines ihrer ersten Projekte: ein Bibliotheksanbau an ein Wohnhaus in Laufen. Anstelle des ehemaligen Aussensitzplatzes sollte ein Lesebereich mit Ausblick in die Landschaft realisiert werden. Entstanden ist ein stumpfwinklig geknickter, introvertierter Raum, an dessen Ende sich ein raumhohes Kastenfenster öffnet. Clou des Anbaus ist die innere Längsseite, die aus einem Glaskasten besteht, der mit dünnem Tannenholz furniert ist. Die schmalen, durchscheinenden Furnierplatten wirken bildhaft und metaphorisch zugleich. Sie erinnern an alte, aufrechtstehende Bücher, bei denen sich die Seiten teilweise geöffnet haben. Gleichzeitig dringt durch die dünnen, papiernen Furniere diffuses Licht nach innen und erzeugt so eine geheimnisvolle Atmosphäre. Ein mutiger Einsatz des Materials - denn es ist kaum vorherzusagen, wie sich dieses auf Dauer verhalten wird. «Da braucht es einen Bauherrn, der die Sache mitträgt», meint Sollberger lakonisch.
Wie wichtig die Rückendeckung des Bauherrn ist, mussten die Architekten bei ihrem kurz vor der Realisierung stehenden Einfamilienhaus in Muri bei Bern feststellen. Der geplante Neubau kommt am Rande eines Parks zwischen zwei denkmalgeschützten klassizistischen Wohnhäusern zu stehen. Das Projekt nimmt die Typologie des freistehenden Einfamilienhauses auf, ohne sich jedoch in Form und Proportion der existierenden Bebauung anzupassen. Vielmehr stellt es Sehgewohnheiten auf den Kopf, denn das quadratische Obergeschoss mit seiner geschlossenen Fassade scheint schwer auf einem amorphen Glaskörper aufzuliegen. Im «organischen» Erdgeschoss sind Wohn- und Arbeitsbereiche sowie die Küche in einem fliessenden Raumkontinuum angeordnet. Das orthogonale Obergeschoss bietet Platz für die Schlafräume.
In Absprache mit der Denkmalpflege wurde das Haus von der Baulinie leicht zurückgenommen. Mit Annexbauten für Bibliothek, Pergola und Garagen konnte das gesamte Bauvolumen geringer gehalten werden als jenes der bestehenden Gebäude. Zugleich schirmen sie den Neubau vom umliegenden Park ab. Obwohl sich der Neubau gut in bestehende Bausubstanz einfügen wird, dürfte er mit seiner gekurvten Glashaut und den Fensterschlitzen im Obergeschoss kompromisslos zeitgenössisch wirken. Deswegen wohl hagelte es Einsprachen von den Nachbarn. Die meisten Verfahren sind nun aber geklärt, so dass man hoffen darf, dass dieser ungewöhnliche Bau realisiert werden kann.
Verfremdung durch Materialien
Ganz anders verhielt es sich bei einem spektakulären Dachaufbau von Sollberger und Bögli. Die Stadt Biel war von diesem derart begeistert, dass sie gerne noch weitere realisiert gesehen hätte. Der silberne Bau befindet sich auf dem Dach eines ehemaligen Fabrikationsgebäudes, in dem heute Gewerbe- und Dienstleistungsfirmen arbeiten. Um für eine Werbeagentur mehr Nutzfläche zu schaffen, entwickelten Sollberger und Bögli einen containerartigen Aluminiumkörper, der wie ein ephemeres Objekt das Dach bekrönt. Steigt man aus dem unteren Büroraum die Wendeltreppe hinauf, so eröffnet sich einem eine beinahe irreale Welt, welche die kreative Gedankenwelt der Agentur symbolisieren soll. Während die weissen Räume einen weiten Blick auf Stadt und Jura bieten, erzeugt das von den Architekten eigens für Präsentationen angefertigte Mobiliar eine ambitionierte Atmosphäre.
Die architektonischen Hauptanliegen von Sollberger und Bögli sind das bildhafte Arbeiten und der Versuch, Stimmungen durch umgedeutete Materialien auszudrücken. Ob Aluminiumplatten mit aufgedrucktem Reifenmuster für die Autolaborhalle einer Ingenieurschule, ein mit Alabaster gefülltes Stahlnetz für das Alpinarium in Galtür oder die mit gewellten Streckelementen aus Cortenstahl versehene Fabrikhalle in Bern, immer sind es verfremdet eingesetzte Materialien, die auf eine intensive Wahrnehmung der Architektur zielen. Hier wird deutlich, dass in der Architektur am Ende alles auf eine Substanz gewordene Aussage hinausläuft.
[ Sollberger Bögli Architekten stellen ihre Arbeiten am Mittwoch, 10. Mai, um 18 Uhr 30 im Architekturforum Zürich vor. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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