Zeitschrift

TEC21 2009|42-43
H. U. Grubenmann
TEC21 2009|42-43
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Entgegen einer verbreiteten Ansicht entwickelt sich Technik nicht als linearer Fortschritt. Die Geschichte ist voller Beispiele verloren gegangener Technik. Man braucht nicht das Ende des römischen Reichs oder anderer Hochkulturen zu bemühen, auch in unserer Moderne, einer Zeit also, die sich selbst seit der Aufklärung im Zeichen gesellschaftlichen und vor allem technischen Fortschritts sieht, ging technisches Know-how verloren. Ein Anlass, sich das vor Augen zu führen, ist das laufende Grubenmann-Jahr.

Der Zimmermann und Baumeister Hans Ulrich Grubenmann kam vor 300 Jahren, am 23. Juni 1709, im ausserhodischen Teufen zur Welt. Zusammen mit seinen Brüdern verbesserte Grubenmann die Brückenbautechnik. Er entwickelte die herkömmlichen Sprengwerke zu kombinierten Spreng-/Hängewerken weiter, was international rezipiert und in der Brückenbautheorie und der Reiseliteratur gefeiert wurde. Den Hauptbinder entwickelte er vom Stabpolygon zum Bogen weiter, und er dünnte die Konstruktionen aus, indem er aussteifende Verkleidungen baute. Seine Brücken hatten bis dahin unerreichte Spannweiten von bis zu 60 Metern, in Schaffhausen plante er gar eine 120 Meter lange Brücke ohne Pfeiler über den Rhein, doch die liess man ihn nicht bauen, weil man nicht glaubte, dass es möglich sei (vgl. S. 26ff.).

Das Wissen aus dem Brückenbau nutzten die Gebrüder Grubenmann für die Konstruktion grosser stützenfreier Räume, vor allem in Kirchen. Sie traten als Totalunternehmer auf, brachten die Facharbeiter mit und bauten eine Dorfkirche innert weniger Monate. Die Kirchen und Profanbauten H. U. Grubenmanns zeichnen sich durch einen geschickten Umgang mit verschiedenen Raumkonzepten aus und durch innovative Tragwerke, dank denen neue Raumformen möglich wurden. In seinem architektonischen Meisterwerk, der 1764–67 errichteten reformierten Kirche Wädenswil, ermöglicht die in den schwebenden Emporen und in der Rokoko-Stuckdecke verborgene Konstruktion einmalige Raumverschränkungen und Lichtführungen (vgl. S. 18ff.).

Im Revolutionskrieg von 1799 verbrannten fast alle von Grubenmanns Brücken. Beim Wiederaufbau erstellte man wieder Jochbrücken mit kurzen Spannweiten, vielen Pfeilern und einfachen Hängewerken – ein technologischer Rückschritt. Eine Briefmarke der Schweizer Post erinnert im Jubiläumsjahr an den ausserordentlichen Zimmermann und Baumeister Hans Ulrich Grubenmann und die vorübergehende Blüte des Schweizer Holzbrückenbaus im 18. Jahrhundert. Die Grubenmann-Sammlung in Teufen, die Originalmodelle und -pläne besitzt, plant den Umzug ins renovierte Zeughaus Teufen (vgl. TEC21 14-15/2009, S. 8–9) und den Ausbau zu einem Zentrum für Baukultur.
Ruedi Weidmann

05 WETTBEWERBE
Grubenmanns Erben

11 MAGAZIN
Regierungsgebäude von J. Grubenmann | Lausanne dessus dessous | Sinn und Sinnlichkeit

18 TRAGWERK UND RAUMFORM IN GRUBENMANNS KIRCHEN
Reto Gadola
Der vor 300 Jahren geborene Hans Ulrich Grubenmann baute neben berühmten Brücken auch viele Kirchen. Mit dem Wissen aus dem Brückenbau schufen der Zimmermann und seine Brüder neue Raumformen.

26 GRUBENMANNS BRÜCKEN
Andreas Müller, Hanspeter Kolb
Im 18. Jahrhundert stand der Schweizer Holzbrückenbau in seiner Blüte. Hans Ulrich Grubenmanns Brücken zogen ein internationales Fachpublikum an. Fast alle brannten im zweiten Koalitionskrieg von 1799 nieder und wurden danach durch einfachere Konstruktionen ersetzt.

34 SIA
Revidierte SIA 142 und neue SIA 143 | Die besseren Ökonomen | Wirtschaft entdeckt grüne Energie | Sanierung unter Betrieb

39 PRODUKTE

45 IMPRESSUM

46 VERANSTALTUNGEN

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