Zeitschrift
TEC21 2010|07
Vom Baum zum Raum
«Holz ist gemütlich», weiss der Volksmund. Daher erstaunt es nicht, wenn Häuslebauer vom eigenen Chalet träumen. Doch auch bei vielen Menschen, die sich an der elterlichen Wohnwand sattgesehen und vom Durchschnittsgeschmack vermeintlich losgesagt haben, löst Holz positi-ve Emotionen aus: Designbewusste kaufen verkratzte Bistrotische, Aussteiger richten sich in umgebauten Scheunen ein, Bankenkunden erwarten mit Edelfurnier verkleidete Tresen. Die haptischen und ästhetischen Qualitäten von Holz bedienen offenbar unterschiedlichste Sehnsüchte – welche dies sind und wie die Holzbauindustrie darauf zu reagieren gedenkt, ist Gegenstand der Forschung (S. 37ff.). Auch materialtechnisch er-weist sich Holz als verblüffend wandlungsfähig: Es eignet sich nicht nur für traditionelle Bauweisen, sondern auch für modernen Systembau, computergestützte Fertigung oder die Herstellung holzbasierter Hybridwerkstoffe (vgl. TEC21 11/2008, 8/2009, 3-4/2010). Selbst in ausgefallensten Formen wirkt Holz wohltuend vertraut.
In den letzten Jahren hat der Baustoff ein weiteres schmeichelhaftes Attribut erhalten: «Holz ist ökologisch». Dass der Begriff Nachhaltigkeit ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammt – bereits 1713 forderte Hans Carl von Carlowitz in «Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht» eine «nachhaltende Nutzung» der Wälder – mag zu dieser Wertung beigetragen haben. Tatsache ist, dass Holz ein natürlicher Rohstoff ist, der während seiner Entstehung unverzichtbarer Teil des ökologischen Kreislaufs ist und in verbauter Form CO2 bindet. Holz ist vielerorts vorhanden und meist gut verfügbar. Nach dem Orkan Lothar, der vor 10 Jahren Millionen von Bäumen in West- und Mitteleuropa fällte, war es auch billig: Grosse Mengen Bruchholz mussten rasch verbraucht werden, um weitere Waldschäden – etwa durch eine Massenvermehrung von Borkenkäfern – zu verhindern; die Preise sanken, das Umweltbewusstsein der Konsumenten stieg. Heute gilt aus zertifiziert umweltgerechter Waldwirtschaft stammendes Holz als politisch korrekter Baustoff par excellence.
Dennoch muss der reflexartig geäusserte Glaubenssatz über die ökologischen Vorzüge von Holz in manchen Fällen hinterfragt werden. Wird Holz lokal verarbeitet und verbaut, ist es in Bezug auf graue Energie ausgesprochen vorteilhaft; doch stimmt die Bilanz noch, wenn Bauteile aus grossen Blöcken gefräst und um den halben Erdball transportiert werden (S. 30ff)? Wie «natürlich» ist ein Hightech-Holzträger, dessen statische Eigenschaften durch ein eigens entwickeltes Kunstharz gesichert werden müssen (S. 40ff)? Der Weg vom Wald zum Gebäude ist manchmal indirekt – und führt über ebenso kunstvolle wie technisch hochstehende Umwege.
Judit Solt
05 WETTBEWERBE
Restaurant Fischerstube, Zürich | Holzbaupreis Niederösterreich 2009 | Veloparking Süd am Bahnhof Aarau
12 PERSÖNLICH
Urs B. Roth: «Kein Mensch wartete auf mich»
15 MAGAZIN
Leistungsschau des Holzbaus | Bücher | Olbrich und sein Gesamtkunstwerk | Maillarts Brücken im Wägital | Günstiger Wohnraum ist planbar
30 GEFLOCHTEN UND GEFORMT
Charles von Büren, Hermann Blumer, Franz Tschümperlin
Der japanische Architekt Shigeru Ban hat in den letzten Monaten in Zusammenarbeit mit Schweizer Ingenieuren zwei Pionierbauten aus Holz fertig gestellt.
37 HOLZKUNDEN DER ZUKUNFT
Frieder Rubik, Franziska Mohaupt
Wo liegen die Chancen der Holzverwertungskette? Welche Bauherrschaften und Unternehmungen werden künftig mit Holz bauen? Ein Forschungsprojekt sucht Antworten.
40 ECHTHOLZ UND KUNSTHARZ
Tobias Götz, Thomas Strahm
Justus Dahinden und Pirmin Jung Ingenieure haben das Bad «aquabasilea» mit einem Holzdach ausgestattet, dessen Spannweite eine besondere Konstruktion erforderte.
46 SIA
Vom Bachelor zum Beruf? | Helfen Normen oder hindern sie? | Lebensraum Schweiz 2030 | Bauen am richtigen Ort
52 PRODUKTE
54 MESSE
Salon Bois, Bulle, vom 12. bis 14. März 2010
55 WEITERBILDUNG
Kurs Hochleistungs-Wärmedämmung
69 IMPRESSUM
70 VERANSTALTUNGEN
In den letzten Jahren hat der Baustoff ein weiteres schmeichelhaftes Attribut erhalten: «Holz ist ökologisch». Dass der Begriff Nachhaltigkeit ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammt – bereits 1713 forderte Hans Carl von Carlowitz in «Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht» eine «nachhaltende Nutzung» der Wälder – mag zu dieser Wertung beigetragen haben. Tatsache ist, dass Holz ein natürlicher Rohstoff ist, der während seiner Entstehung unverzichtbarer Teil des ökologischen Kreislaufs ist und in verbauter Form CO2 bindet. Holz ist vielerorts vorhanden und meist gut verfügbar. Nach dem Orkan Lothar, der vor 10 Jahren Millionen von Bäumen in West- und Mitteleuropa fällte, war es auch billig: Grosse Mengen Bruchholz mussten rasch verbraucht werden, um weitere Waldschäden – etwa durch eine Massenvermehrung von Borkenkäfern – zu verhindern; die Preise sanken, das Umweltbewusstsein der Konsumenten stieg. Heute gilt aus zertifiziert umweltgerechter Waldwirtschaft stammendes Holz als politisch korrekter Baustoff par excellence.
Dennoch muss der reflexartig geäusserte Glaubenssatz über die ökologischen Vorzüge von Holz in manchen Fällen hinterfragt werden. Wird Holz lokal verarbeitet und verbaut, ist es in Bezug auf graue Energie ausgesprochen vorteilhaft; doch stimmt die Bilanz noch, wenn Bauteile aus grossen Blöcken gefräst und um den halben Erdball transportiert werden (S. 30ff)? Wie «natürlich» ist ein Hightech-Holzträger, dessen statische Eigenschaften durch ein eigens entwickeltes Kunstharz gesichert werden müssen (S. 40ff)? Der Weg vom Wald zum Gebäude ist manchmal indirekt – und führt über ebenso kunstvolle wie technisch hochstehende Umwege.
Judit Solt
05 WETTBEWERBE
Restaurant Fischerstube, Zürich | Holzbaupreis Niederösterreich 2009 | Veloparking Süd am Bahnhof Aarau
12 PERSÖNLICH
Urs B. Roth: «Kein Mensch wartete auf mich»
15 MAGAZIN
Leistungsschau des Holzbaus | Bücher | Olbrich und sein Gesamtkunstwerk | Maillarts Brücken im Wägital | Günstiger Wohnraum ist planbar
30 GEFLOCHTEN UND GEFORMT
Charles von Büren, Hermann Blumer, Franz Tschümperlin
Der japanische Architekt Shigeru Ban hat in den letzten Monaten in Zusammenarbeit mit Schweizer Ingenieuren zwei Pionierbauten aus Holz fertig gestellt.
37 HOLZKUNDEN DER ZUKUNFT
Frieder Rubik, Franziska Mohaupt
Wo liegen die Chancen der Holzverwertungskette? Welche Bauherrschaften und Unternehmungen werden künftig mit Holz bauen? Ein Forschungsprojekt sucht Antworten.
40 ECHTHOLZ UND KUNSTHARZ
Tobias Götz, Thomas Strahm
Justus Dahinden und Pirmin Jung Ingenieure haben das Bad «aquabasilea» mit einem Holzdach ausgestattet, dessen Spannweite eine besondere Konstruktion erforderte.
46 SIA
Vom Bachelor zum Beruf? | Helfen Normen oder hindern sie? | Lebensraum Schweiz 2030 | Bauen am richtigen Ort
52 PRODUKTE
54 MESSE
Salon Bois, Bulle, vom 12. bis 14. März 2010
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Kurs Hochleistungs-Wärmedämmung
69 IMPRESSUM
70 VERANSTALTUNGEN
Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine
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