Zeitschrift
db deutsche bauzeitung 06|2011
Hören und Sehen
Orte der sogenannten Hochkultur wie Oper, Theater oder Konzertsaal sind seit jeher Kristallisationspunkte höfischen oder bürgerlichen Selbstverständnisses. Oft lässt sich ihrer Gestalt entnehmen, wie sich die Nutzer selbst sehen oder gerne gesehen werden möchten. Nimmt das Repräsentationsbedürfnis der Auftraggeber zusammen mit dem Wunsch, den Kulturgenuss als gesellschaftliches Ereignis zu inszenieren, doch direkten Einfluss auf die Struktur der Gebäude. Obwohl die Art der Darbietungen und die Beziehung zwischen Künstler und Publikum beim Entwurf von Kulturbauten nicht minder wichtig sind, spielte das Verhältnis von Gebäude und Stadt mitunter sogar eine größere Rolle als die innere Organisation. Heute gibt man sich mit Kompromissen zulasten der künstlerischen Qualität nicht mehr zufrieden. Mehr und mehr bestimmen die Inszenierungskonzepte und der Anspruch auf perfekte Sicht und Hörsamkeit Struktur und Aussehen der Kulturbauten. Technische Flexibilität ist gefragt, aber auch eine sinnliche Umgebung, die die Wahrnehmung schärft und den Besucher einstimmt. Die Palette atmosphärischer Räume reicht vom freien Werkstattcharakter, der Berührungsängste gar nicht erst aufkommen lässt, bis zur mondänen Einschüchterungsarchitektur (siehe Bild links: Seit letztem Jahr ist das von Santiago Fajardo sanierte und erweiterte Teatro Campos Elíseos in Bilbao wieder zu bestaunen). In dieser Ausgabe vertiefen wir uns in Konzepte vom kleinsten Dorftheater im Westentaschenformat bis hin zum kulturellen Leuchtturmprojekt in der Großstadt. Dabei zeigt sich, dass die Suche nach individuellen Lösungen die beste Art ist, auch unter starkem Budgetdruck authentische und sinnliche Orte zu schaffen, die vom Publikum als ein Stück Alltagskultur angenommen werden. | Achim Geissinger
Weiterführende Links:
Konradin Medien GmbH
Artikel