Zeitschrift
tec21 2006|21
Auto-Architektur
Auto mobil
Giacomo Mattè-Truccos 1914–1926 errichtete Fiat-Fabrik Lingotto gilt noch heute als Ikone der Auto-Industrie in Europa, Le Corbusiers Villa Savoye als erstes Privathaus, das seine Gestalt auf das Automobil zurückführt, und Frank Lloyd Wrights Guggenheim-Museum in New York, diese auf den Kopf gestellte Zikkurat, dieser in Windungen sich in die Höhe schraubende pyramidale Tempel, wurde immer wieder mit einer Parkhausrampe assoziiert. Seither hat die Faszination Automobil Künstler und Architekten in ihren Bann geschlagen. Wie sehr es im 20. Jahrhundert ihre Fantasie beflügelt hat, zeigt allein ein kurzer Blick auf die Literatur zum Thema Auto-Architektur oder, wie sie neu-deutsch heisst, «Carchitecture».[1]
Für das Auto entworfene Architektur ist mit Bewegung, Beschleunigung, Dynamik assoziiert, ob auf der Rennstrecke auf dem Dach des Lingotto, an den Tankstellen-Entwürfen Lois Welzenbachers für die Reichsautobahn 1935 oder im Parkhaus von Bertrand Goldbergs Marina Towers (1959–1964). Einer neuen Welle der Inszenierung des Autos leistete VW im Jahr 2000 Vorschub, als das Unternehmen die Autostadt Wolfsburg – «Center of Excellence» – eröffnete, wo nicht nur mit Liften ausgestattete Autotürme die Wagen in Bewegung setzen, sondern auch ihr Innenleben in überdimensionierten Kurbelwellen und Motorblöcken erfahrbar gemacht wird.
So dynamisch sich «Autoarchitektur» gibt, so sehr das Auto für Bauten Inspiration war und ist, die nicht unmittelbar mit ihm zu tun haben, so statisch waren traditionelle Ausstellungsbauten für das Automobil. Die Präsentation in der Collection Schlumpf in Mulhouse etwa oder im Museo dell’automobile Carlo Biscaretti di Ruffia beraubt das Ausstellungsgut seiner Dynamik, stellt es sozusagen aufs Abstellgleis.
Nun hat sich Ben van Berkel gleichsam Wrights dynamisierte Architektur – die Antithese zum traditionellen Museum – für das Mercedes-Benz-Museum nutzbar gemacht (siehe Artikel S. 4). Die Doppelhelix, die sich endlos weiterdenken liesse, bringt zum Ausdruck, dass das Auto noch im Museum den Schrittmacher der Zukunft verkörpert.
In Dresden dagegen hat VW die Fabrik selber, die «Gläserne Manufaktur» von Henn Architekten, als musealen Akt inszeniert – und gleichzeitig das museale Potenzial der Stadt vereinnahmt: Besuchern werden Besichtigungen der kulturellen Sehenswürdigkeiten Dresdens gleich mit angeboten. Die Stadt wird zu einem ausgelagerten Exponat im als Museum inszenierten Montagewerk.
Den bisherigen Höhepunkt der Verzahnung zwischen Stadt und Werk bzw. Brand markiert das Wissenschaftszentrum «Phaeno» in Wolfsburg. Das Automobil prägt das Image der Stadt seit 1937. «Phaeno» ist gleichermassen ein Produkt dieser Liaison wie Ausdruck der Emanzipation des Partners Stadt.
Christian Holl, christian.holl@frei04-publizistik.de
Rahel Hartmann Schweizer, hartmann@tec21.ch
Anmerkung [1]
- Herbert Keck: Auto und Architektur – zur Geschichte einer Faszination. Wien, 1991
- Reimar Zeller (Hrsg.): Das Automobil in der Kunst 1886–1986. München, 1986
- Francine Houben: Mobility: a room with a view. NAI Publishers, Rotterdam, 2003
- Dirk Meyhöfer: Motortecture: design for automobility – Architektur für Automobilität. AVedition, Ludwigsburg, 2003
- Jonathan Bell: Carchitecture: when the car and the city collide. Birkhäuser, Basel, 2001.
Auto-Stadt
Christian Holl
Branding reichert Produkte mit immateriellen Werten an, wovon auch Städte profitieren können. Wie Marke und Stadt mittels Architektur in eine Wechselbeziehung treten, zeigen das Phaeno von Zaha Hadid in Wolfsburg und das Mercedes-Benz-Museum von UN Studio in Stuttgart.
Auto-Landschaft
Rahel Hartmann Schweizer
Isa Stürm und Urs Wolf haben das Rennen im Wettbewerb für ein Automuseum im appenzellischen Teufen mit einem Objekt auf der «Ideallinie» zwischen Architektur und Landschaft gemacht. Obwohl noch Investoren gesucht sind, läuft die Arbeit am Projekt auf Hochtouren.
Blickpunkt Wettbewerb
Neue Ausschreibungen und Preise / SBB-Wirtschaftlichkeit in Luzern: Auf dem ehemaligen Güterareal soll gewohnt, gearbeitet und konsumiert werden
Magazin
Leserbriefe / Raumkonzept Schweiz / Korrigenda / Bilder einer Ausstellung - Hagia Sophia / Maserati-Museum / Verkehrshaus - Themenpark
Aus dem SIA
Planungsbüros im 1. Quartal: erfreuliche Entwicklung /
Z-Wert-Erhebung bis 31.Mai / Einladung zum Contractworld Award 2007
Produkte
Impressum
Veranstaltungen
Giacomo Mattè-Truccos 1914–1926 errichtete Fiat-Fabrik Lingotto gilt noch heute als Ikone der Auto-Industrie in Europa, Le Corbusiers Villa Savoye als erstes Privathaus, das seine Gestalt auf das Automobil zurückführt, und Frank Lloyd Wrights Guggenheim-Museum in New York, diese auf den Kopf gestellte Zikkurat, dieser in Windungen sich in die Höhe schraubende pyramidale Tempel, wurde immer wieder mit einer Parkhausrampe assoziiert. Seither hat die Faszination Automobil Künstler und Architekten in ihren Bann geschlagen. Wie sehr es im 20. Jahrhundert ihre Fantasie beflügelt hat, zeigt allein ein kurzer Blick auf die Literatur zum Thema Auto-Architektur oder, wie sie neu-deutsch heisst, «Carchitecture».[1]
Für das Auto entworfene Architektur ist mit Bewegung, Beschleunigung, Dynamik assoziiert, ob auf der Rennstrecke auf dem Dach des Lingotto, an den Tankstellen-Entwürfen Lois Welzenbachers für die Reichsautobahn 1935 oder im Parkhaus von Bertrand Goldbergs Marina Towers (1959–1964). Einer neuen Welle der Inszenierung des Autos leistete VW im Jahr 2000 Vorschub, als das Unternehmen die Autostadt Wolfsburg – «Center of Excellence» – eröffnete, wo nicht nur mit Liften ausgestattete Autotürme die Wagen in Bewegung setzen, sondern auch ihr Innenleben in überdimensionierten Kurbelwellen und Motorblöcken erfahrbar gemacht wird.
So dynamisch sich «Autoarchitektur» gibt, so sehr das Auto für Bauten Inspiration war und ist, die nicht unmittelbar mit ihm zu tun haben, so statisch waren traditionelle Ausstellungsbauten für das Automobil. Die Präsentation in der Collection Schlumpf in Mulhouse etwa oder im Museo dell’automobile Carlo Biscaretti di Ruffia beraubt das Ausstellungsgut seiner Dynamik, stellt es sozusagen aufs Abstellgleis.
Nun hat sich Ben van Berkel gleichsam Wrights dynamisierte Architektur – die Antithese zum traditionellen Museum – für das Mercedes-Benz-Museum nutzbar gemacht (siehe Artikel S. 4). Die Doppelhelix, die sich endlos weiterdenken liesse, bringt zum Ausdruck, dass das Auto noch im Museum den Schrittmacher der Zukunft verkörpert.
In Dresden dagegen hat VW die Fabrik selber, die «Gläserne Manufaktur» von Henn Architekten, als musealen Akt inszeniert – und gleichzeitig das museale Potenzial der Stadt vereinnahmt: Besuchern werden Besichtigungen der kulturellen Sehenswürdigkeiten Dresdens gleich mit angeboten. Die Stadt wird zu einem ausgelagerten Exponat im als Museum inszenierten Montagewerk.
Den bisherigen Höhepunkt der Verzahnung zwischen Stadt und Werk bzw. Brand markiert das Wissenschaftszentrum «Phaeno» in Wolfsburg. Das Automobil prägt das Image der Stadt seit 1937. «Phaeno» ist gleichermassen ein Produkt dieser Liaison wie Ausdruck der Emanzipation des Partners Stadt.
Christian Holl, christian.holl@frei04-publizistik.de
Rahel Hartmann Schweizer, hartmann@tec21.ch
Anmerkung [1]
- Herbert Keck: Auto und Architektur – zur Geschichte einer Faszination. Wien, 1991
- Reimar Zeller (Hrsg.): Das Automobil in der Kunst 1886–1986. München, 1986
- Francine Houben: Mobility: a room with a view. NAI Publishers, Rotterdam, 2003
- Dirk Meyhöfer: Motortecture: design for automobility – Architektur für Automobilität. AVedition, Ludwigsburg, 2003
- Jonathan Bell: Carchitecture: when the car and the city collide. Birkhäuser, Basel, 2001.
Auto-Stadt
Christian Holl
Branding reichert Produkte mit immateriellen Werten an, wovon auch Städte profitieren können. Wie Marke und Stadt mittels Architektur in eine Wechselbeziehung treten, zeigen das Phaeno von Zaha Hadid in Wolfsburg und das Mercedes-Benz-Museum von UN Studio in Stuttgart.
Auto-Landschaft
Rahel Hartmann Schweizer
Isa Stürm und Urs Wolf haben das Rennen im Wettbewerb für ein Automuseum im appenzellischen Teufen mit einem Objekt auf der «Ideallinie» zwischen Architektur und Landschaft gemacht. Obwohl noch Investoren gesucht sind, läuft die Arbeit am Projekt auf Hochtouren.
Blickpunkt Wettbewerb
Neue Ausschreibungen und Preise / SBB-Wirtschaftlichkeit in Luzern: Auf dem ehemaligen Güterareal soll gewohnt, gearbeitet und konsumiert werden
Magazin
Leserbriefe / Raumkonzept Schweiz / Korrigenda / Bilder einer Ausstellung - Hagia Sophia / Maserati-Museum / Verkehrshaus - Themenpark
Aus dem SIA
Planungsbüros im 1. Quartal: erfreuliche Entwicklung /
Z-Wert-Erhebung bis 31.Mai / Einladung zum Contractworld Award 2007
Produkte
Impressum
Veranstaltungen
Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine