Zeitschrift
ARCH+ 208
Tokio: Die Stadt bewohnen
Die Ausgabe versammelt eine exemplarische Auswahl neuerer Konzepte und Wohnungsbauprojekte aus Tokio, die durch zwei Eigenheiten auffallen: zum einen die Radikalität der Wohnkonzepte, zum anderen ein sich veränderndes Verhältnis zur Stadt, das sowohl die Ebene der Wahrnehmung als des Gebrauchs betrifft.
So sieht eine jüngere Generation von Architekten wie Sou Fujimoto, Akihisa Hirata oder Junya Ishigami die Architektur als etwas absolut Autonomes an, das zunächst eine Umwelt schaffen soll, die der Mensch dann wie eine Höhle in Besitz nimmt und bewohnt. Das Credo des Funktionalismus „form follows function“ wird von ihnen nicht mehr als lineare Kausalkette mit der Funktion als Wirkungsgrund gesehen, sondern als wechselseitige Beziehung, die es erlaubt, dass beide Seiten dieses Verhältnisses zum Tragen kommen.
In dieser Perspektive, die man als „heuristischer Funktionalismus“ bezeichnen könnte, wird die Architektur nicht mehr für eine bestimmte Funktion entworfen, sondern soll aufgrund ihrer physischen Ausprägung eine bestimmte Art von Nutzung initiieren, aber nicht vorgeben. Ein interessanter Nebenaspekt, der sich dabei ergibt, ist die Tatsache, dass sich dadurch der absolut gesetzte Anspruch des Menschen auf Komfort relativieren lässt, der uns im Hinblick auf unser Verhältnis zur städtischen und natürlichen Umwelt in eine Sackgasse geführt hat. So weist das Heft über Tokio hinaus auf eine zukünftige Umwelt-Architektur, die vom Ende des „anthropischen Prinzips“ (Wolfgang Welsch) kündet.
Welche Schlüsse lassen sich darüber hinaus aus den vorgestellten japanischen Wohnbauten für europäische Architekten ziehen? Können wir nur mit Staunen die Radikalität der Projekte gourmethaft genießen und ansonsten achselzuckend darauf verweisen, dass bei uns ja ganz andere bautechnische Standards und klimatische Bedingungen herrschten? Dass es bei uns keine Bauherren gäbe, die solche Experimente eingehen würden? Die es in Kauf nähmen, die sichere Komfortzone zu verlassen, um ein anderes Leben zu führen? Sicherlich sind diese Einwände nicht ganz von der Hand zu weisen, aber sie dienen meist auch dazu, wieder ungestört zur Tagesordnung übergehen zu können. Das vorliegende Heft verfolgt daher das Ziel, das kreative Potenzial herauszuarbeiten, das in den vorgestellten Lösungen steckt und zum Weiterdenken anzuregen. Denn die Freiheit, die all diese Projekte auszeichnet, entsteht erst durch das Infragestellen vermeintlich eherner Gesetze und Gewohnheiten und in der Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen und Vorgefundenen.
ARCH features 14
Mit dem Thema des Alltäglichen und Vorgefundenen beschäftigt sich auch der deutsche Beitrag zur 13. Architekturbiennale in Venedig, den wir in dieser Ausgabe exklusiv zur Eröffnung der Biennale umfassend darstellen. In einem ausführlichen Gespräch mit dem verantwortlichen Team – Muck Petzet, Konstantin Grcic, Erica Overmeer und Florian Heilmeyer – haben wir das Konzept „Reduce/Reuse/Recycle“ inhaltlich kontextualisiert und diskutiert.
Beim dargestellten Text handelt es sich um eine Kurzfassung.
Vollständigen Artikel ansehen. (http://www.archplus.net/home/archiv/artikel/46,3871,1,0.html)
02 Metabolismus: Die Bewegung des Last Minute-Opfers
Stephan Trüby
06 Brutalismus als Symptom. Japanische Architektur nach 1950
Jörg Gleiter
10 Terunobu Fujimoris Architektur der „Primitive-Garde“
Michaela Busenkell
11 Brutalismus – eine Phantomdebatte?
Florian Dreher, Annelen Schmidt
12 Pack’s an-Städtebau
Angelika Schnell
13 ARCH features 13: Wenn schon bauen, dann als Herausforderung
Peter Strobel
14 A Green Archipelago. Eine Ausstellung von Isa Melsheimer
Anh-Linh Ngo
16 ONLINE: Literatur zum Thema / PRINT: Autorenverzeichnis
Tokio: Die Stadt bewohnen
20 Editorial
Manfred Speidel im Gespräch mit Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo
26 Learning from Tokyo
Markus Schaefer, Hiromi Hosoya
30 Metabolismus der Zwischenräume. Neue Typologien des Wohnens in Tokio
Yoshiharu Tsukamoto
35 Vier Gedanken zum Atelier Bow-Wow
Matthias Sauerbruch
36 Streifzüge durch den städtischen Alltag
Ioanna Angelidou
Primitive Future
46 Projekt: Tower House. Ein Vorläufer der Minihäuser in Tokio
Takamitsu Azuma
52 Bewohnte Naturen. Ioanna Angelidou im Gespräch mit Kumiko Inui
Kumiko Inui
56 Projekt: Apartment I
Kumiko Inui
60 Projekt: Garden & House. Haus mit hängenden Gärten
Ryue Nishizawa
66 Die Architektur der primitiven Zukunft
Sou Fujimoto
72 Projekt: House NA. Ein Haus wie ein Baum
Sou Fujimoto
76 Tangling. Plädoyer für eine neue Architektur der Verflechtung
Akihisa Hirata
80 Studien: Gallery S, Tree-Ness House, Tree-Ness City
Akihisa Hirata
82 Projekt: Coil. Spiralhaus
Akihisa Hirata
88 Projekt: Prism Liquid
Akihisa Hirata
Culture of Access
94 Tokio. Von der Zugangsökonomie zur kollaborativen Stadt
Stefan Gruber
100 Local Community Area. Kommunale Wohngruppen versus Einfamilienhaus
Riken Yamamoto
102 Projekt: Local Community Area
Riken Yamamoto
106 Projekt: Shinonome Canal Court CODAN Block 1
Riken Yamamoto
110 Projekt: Moriyama House
Ryue Nishizawa
116 Negotiating Boundaries
Johanna Meyer-Grohbrügge, Sam Chermayeff
118 Projekt: Okurayama Apartments
Kazuyo Sejima
122 Projekt: Yokohama Apartment
ON design
126 Das Ende des „Anthropischen Prinzips“.
Junya Ishigami im Gespräch mit Anh-Linh Ngo
128 Projekt: Group House. Seniorenwohnheim
Junya Ishigami
134 Home for All: Nach der Katastrophe. Die Rückkehr zum Wesentlichen
Julian Worrall
Projekte von Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa / SANAA; Kengo Kuma; Riken Yamamoto
New Standards
142 Privatheit des Hauses und Dynamik der Straße
Giovanna Borasi
146 Projekt: House A
Ryue Nishizawa
152 Projekt: House N. Ein Haus wie eine Wolke
Sou Fujimoto
156 Projekt: House in Sakuradai
Go Hasegawa
162 Projekt: Apartment in Nerima
Go Hasegawa
168 Einschränkung als Herausforderung. Wohnungsbaustandards in Japan und Europa
Jeanette Kunsmann
170 Die Architektur der differenziert-temperierten Umwelt. Das Projekt „Antivilla“ von Brandlhuber
Brandlhuber
ARCH features 14
172 Reduce/Reuse/Recycle
Muck Petzet, Konstantin Grcic, Erica Overmeer und Florian Heilmeyer
im Gespräch mit Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo
So sieht eine jüngere Generation von Architekten wie Sou Fujimoto, Akihisa Hirata oder Junya Ishigami die Architektur als etwas absolut Autonomes an, das zunächst eine Umwelt schaffen soll, die der Mensch dann wie eine Höhle in Besitz nimmt und bewohnt. Das Credo des Funktionalismus „form follows function“ wird von ihnen nicht mehr als lineare Kausalkette mit der Funktion als Wirkungsgrund gesehen, sondern als wechselseitige Beziehung, die es erlaubt, dass beide Seiten dieses Verhältnisses zum Tragen kommen.
In dieser Perspektive, die man als „heuristischer Funktionalismus“ bezeichnen könnte, wird die Architektur nicht mehr für eine bestimmte Funktion entworfen, sondern soll aufgrund ihrer physischen Ausprägung eine bestimmte Art von Nutzung initiieren, aber nicht vorgeben. Ein interessanter Nebenaspekt, der sich dabei ergibt, ist die Tatsache, dass sich dadurch der absolut gesetzte Anspruch des Menschen auf Komfort relativieren lässt, der uns im Hinblick auf unser Verhältnis zur städtischen und natürlichen Umwelt in eine Sackgasse geführt hat. So weist das Heft über Tokio hinaus auf eine zukünftige Umwelt-Architektur, die vom Ende des „anthropischen Prinzips“ (Wolfgang Welsch) kündet.
Welche Schlüsse lassen sich darüber hinaus aus den vorgestellten japanischen Wohnbauten für europäische Architekten ziehen? Können wir nur mit Staunen die Radikalität der Projekte gourmethaft genießen und ansonsten achselzuckend darauf verweisen, dass bei uns ja ganz andere bautechnische Standards und klimatische Bedingungen herrschten? Dass es bei uns keine Bauherren gäbe, die solche Experimente eingehen würden? Die es in Kauf nähmen, die sichere Komfortzone zu verlassen, um ein anderes Leben zu führen? Sicherlich sind diese Einwände nicht ganz von der Hand zu weisen, aber sie dienen meist auch dazu, wieder ungestört zur Tagesordnung übergehen zu können. Das vorliegende Heft verfolgt daher das Ziel, das kreative Potenzial herauszuarbeiten, das in den vorgestellten Lösungen steckt und zum Weiterdenken anzuregen. Denn die Freiheit, die all diese Projekte auszeichnet, entsteht erst durch das Infragestellen vermeintlich eherner Gesetze und Gewohnheiten und in der Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen und Vorgefundenen.
ARCH features 14
Mit dem Thema des Alltäglichen und Vorgefundenen beschäftigt sich auch der deutsche Beitrag zur 13. Architekturbiennale in Venedig, den wir in dieser Ausgabe exklusiv zur Eröffnung der Biennale umfassend darstellen. In einem ausführlichen Gespräch mit dem verantwortlichen Team – Muck Petzet, Konstantin Grcic, Erica Overmeer und Florian Heilmeyer – haben wir das Konzept „Reduce/Reuse/Recycle“ inhaltlich kontextualisiert und diskutiert.
Beim dargestellten Text handelt es sich um eine Kurzfassung.
Vollständigen Artikel ansehen. (http://www.archplus.net/home/archiv/artikel/46,3871,1,0.html)
02 Metabolismus: Die Bewegung des Last Minute-Opfers
Stephan Trüby
06 Brutalismus als Symptom. Japanische Architektur nach 1950
Jörg Gleiter
10 Terunobu Fujimoris Architektur der „Primitive-Garde“
Michaela Busenkell
11 Brutalismus – eine Phantomdebatte?
Florian Dreher, Annelen Schmidt
12 Pack’s an-Städtebau
Angelika Schnell
13 ARCH features 13: Wenn schon bauen, dann als Herausforderung
Peter Strobel
14 A Green Archipelago. Eine Ausstellung von Isa Melsheimer
Anh-Linh Ngo
16 ONLINE: Literatur zum Thema / PRINT: Autorenverzeichnis
Tokio: Die Stadt bewohnen
20 Editorial
Manfred Speidel im Gespräch mit Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo
26 Learning from Tokyo
Markus Schaefer, Hiromi Hosoya
30 Metabolismus der Zwischenräume. Neue Typologien des Wohnens in Tokio
Yoshiharu Tsukamoto
35 Vier Gedanken zum Atelier Bow-Wow
Matthias Sauerbruch
36 Streifzüge durch den städtischen Alltag
Ioanna Angelidou
Primitive Future
46 Projekt: Tower House. Ein Vorläufer der Minihäuser in Tokio
Takamitsu Azuma
52 Bewohnte Naturen. Ioanna Angelidou im Gespräch mit Kumiko Inui
Kumiko Inui
56 Projekt: Apartment I
Kumiko Inui
60 Projekt: Garden & House. Haus mit hängenden Gärten
Ryue Nishizawa
66 Die Architektur der primitiven Zukunft
Sou Fujimoto
72 Projekt: House NA. Ein Haus wie ein Baum
Sou Fujimoto
76 Tangling. Plädoyer für eine neue Architektur der Verflechtung
Akihisa Hirata
80 Studien: Gallery S, Tree-Ness House, Tree-Ness City
Akihisa Hirata
82 Projekt: Coil. Spiralhaus
Akihisa Hirata
88 Projekt: Prism Liquid
Akihisa Hirata
Culture of Access
94 Tokio. Von der Zugangsökonomie zur kollaborativen Stadt
Stefan Gruber
100 Local Community Area. Kommunale Wohngruppen versus Einfamilienhaus
Riken Yamamoto
102 Projekt: Local Community Area
Riken Yamamoto
106 Projekt: Shinonome Canal Court CODAN Block 1
Riken Yamamoto
110 Projekt: Moriyama House
Ryue Nishizawa
116 Negotiating Boundaries
Johanna Meyer-Grohbrügge, Sam Chermayeff
118 Projekt: Okurayama Apartments
Kazuyo Sejima
122 Projekt: Yokohama Apartment
ON design
126 Das Ende des „Anthropischen Prinzips“.
Junya Ishigami im Gespräch mit Anh-Linh Ngo
128 Projekt: Group House. Seniorenwohnheim
Junya Ishigami
134 Home for All: Nach der Katastrophe. Die Rückkehr zum Wesentlichen
Julian Worrall
Projekte von Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa / SANAA; Kengo Kuma; Riken Yamamoto
New Standards
142 Privatheit des Hauses und Dynamik der Straße
Giovanna Borasi
146 Projekt: House A
Ryue Nishizawa
152 Projekt: House N. Ein Haus wie eine Wolke
Sou Fujimoto
156 Projekt: House in Sakuradai
Go Hasegawa
162 Projekt: Apartment in Nerima
Go Hasegawa
168 Einschränkung als Herausforderung. Wohnungsbaustandards in Japan und Europa
Jeanette Kunsmann
170 Die Architektur der differenziert-temperierten Umwelt. Das Projekt „Antivilla“ von Brandlhuber
Brandlhuber
ARCH features 14
172 Reduce/Reuse/Recycle
Muck Petzet, Konstantin Grcic, Erica Overmeer und Florian Heilmeyer
im Gespräch mit Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo
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