Zeitschrift

TEC21 2013|33-34
Komposition und Raum
TEC21 2013|33-34
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Der Komponist, Maler und Filmer Fred van der Kooij, «einer der originellsten Köpfe zwischen Film und Musik, Bild und Ton, Theorie und Praxis in Wort und Ohr in der Schweiz»,[1] stellte vor einer Weile eine berückende These auf: Der französische Komponist Nicolas Gombert (1495–1560) habe seinerzeit die Akustik in seine Musik integriert: «Ich glaube, Gombert hat die Akustik in seine Stücke hineinkomponiert. Sie sind sehr basslastig, haben einen sehr, sehr dicken akkordischen Klang, sodass man fast sagen könnte, sie seien gepanzert gegen die Räume, in denen sie stattfinden. Er hat sozusagen eine mobile, transportable Akustik geschaffen.[2]

Diese Kompositionsweise habe Gombert auf Reisen mit dem Hofstaat Karls V. entwickelt, um seine Musik gewissermassen gegen eine sich immer wieder ändernde, unberechenbare Akustik zu wappnen – je nachdem, ob sie in Kirchen, Palästen, Zelten oder auf Schiffen gespielt wurde.

Vergleichbares tut der Basler Komponist Beat Gysin – allerdings nicht, indem er seine Stücke so komponiert, dass sie überall gespielt werden können, sondern indem er auf die je spezifischen akustischen Gegebenheiten eines Raums eingeht. Komposition und Raum bilden also eine Einheit, beziehungsweise dasselbe Stück klingt je nach Raum immer wieder anders. Damit verleiht er der Musik, was ihr im Zeitalter der Musikkonserve abhanden gekommen ist: Flüchtigkeit. Umgekehrt experimentiert der Architekt Philippe Rahm mit dem stofflichen Aspekt der Musik und presst sie förmlich in eine architektonische Form. In diesem fünften Heft unserer Reihe zum Thema Akustik geht es denn auch unter anderem um den materiellen Aspekt der Musik und den immateriellen der Architektur.

Dr. Rahel Hartmann Schweizer


Anmerkungen:
[01] Michael Sennhauser, http://sennhausersfilmblog.ch/2012/01/04/fred-van-der-kooij-ueber-das-filmische/
[02] Fred van der Kooij im Gespräch mit Roland Wächter, DRS2, 25. 7. 2010, 16.03–18.00 Uhr

05 WETTBEWERBE
Das Primat des Nutzens | Bodenständiger Bogen ums Dorf

10 MAGAZIN
Musikwerkstatt in Freiburg (D) | Umbau ZDF-Studio London (GB)

16 «DIE RÄUMLICHKEIT VON MUSIK: EIN LEBENSPROJEKT»
Rahel Hartmann Schweizer
Der Basler Komponist Beat Gysin lotet den Raum akustisch aus. Er passt die Räume der Musik oder die Musik den Räumen an.

21 «WIR GABEN DER MUSIK EINE PHYSIKALISCHE FORM»
Rahel Hartmann Schweizer
Der Architekt ­Philippe Rahm verkörperlicht die Musik und entmaterialisiert die Architektur.

27 SIA
Baukultur für Parlamentarier | Der Juryentscheid muss gelten! | Denkmal und ­Energie | Wert schaffen statt Claims ­managen | ­Konzepte für nachhaltige ­Sanierungen | A & K – Reisen und Exkursionen | Vernehmlassungen

33 FIRMEN | PRODUKTE

37 IMPRESSUM

38 VERANSTALTUNGEN

teilen auf

Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine

Tools: