Zeitschrift
TEC21 2013|41-42
Villa Patumbah
Bei strahlendem Sonnenlicht wirkt sie entrückt, fast surreal, als handle es sich um eine Luftspiegelung. Kontur und Plastizität gewinnt die Villa Patumbah, wenn der Himmel bedeckt ist. Dann schält sie sich aus dem Hintergrund des Zürcher Riesbach-Quartiers. Das Wechselspiel zwischen Trugbild und Realität ist Programm. Der mit dem Tabakanbau auf Sumatra reich gewordene Kaufmann Karl Fürchtegott Grob-Zundel (1830–1893) liess sich in den Jahren 1883 bis 1885 von Chiodera & Tschudy und Evariste Mertens ein traumverlorenes Paradies erschaffen.[1]
Das Bühnenhafte ist nicht bloss ein Wahrnehmungsphänomen: Was sich als Marmor gebärdet, ist in Wirklichkeit gemalte Scheinarchitektur, die sich im Innern fortsetzt, wo illusionistische Malereien Aussenräume vorspiegeln. Stahlträger und Hourdisdecken verankern den Bau im 19. Jahrhundert. Hinter den Kulissen verbirgt sich denn auch ein disziplinenübergreifendes Räderwerk.
Chiodera, der Künstler des Architektenduos, hatte auf seiner Italienreise 1873–1874 nicht nur die Neorenaissance kennengelernt, sondern auch den Bau von Stahlkonstruktionen – wie die Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand. Die mit Gewölben in filigraner Stahl-Glas-Konstruktion gedeckte Passage stammte von seinem «Lehrmeister» in Italien, Giuseppe Mengoni (1829–1877). Vielleicht hat er Chiodera gelehrt, sich über Fachgrenzen hinwegzusetzen: Mengoni hatte erst mathematische Physik studiert, arbeitete dann bei einem Bühnenbildner, schloss 1851 ein Ingenieurstudium mit einer Arbeit über Optik ab, war Assistent des Eisenbahningenieurs Jean Louis Protche (1818–1886) und studierte gleichzeitig an der Accademia di belle arti di Bologna! Chiodera seinerseits entwickelte, nachdem er 1908 seine Architektenkarriere aufgegeben hatte, ein Luftschiff und widmete sich der Malerei.
Wenn das nicht die kongeniale Hülle für ein Zentrum für Baukultur ist, wie es der Schweizer Heimatschutz in dem instand gesetzten Haus eingerichtet hat!
Dr. Rahel Hartmann Schweizer
Anmerkung:
[01] Um das Idyll nicht durch den an seinem Grundstück vorbeiführenden Streckenabschnitt der Nordostbahn trüben zu lassen, setzte sich Grob-Zundel für dessen Untertunnelung ein und berappte diese auch mit: «[…] auf […] Wunsch der anstossenden Grundbesitzer der Riesbacher Voreinschnitte [wurde] von der Überführung der Münchhaldenstrasse bis zum ehemaligen Tunnelportal, also auf eine Länge von 270 m, nachträglich wieder eingewölbt […]. Die hieraus erstehenden Mehrkosten tragen die Grundeigentümer (Villenbesitzer), wogegen das gewonnene Land in deren rechtmässigen Besitz übergeht.» Vgl. R. Moser, «Die rechtsufrige Zürichseebahn von Tiefenbrunnen bis zur Einmündung in den Bahnhof Zürich», in: Schweizerische Bauzeitung 15 (1890), H. 24, S. 140–143, hier: S. 140f.
05 WETTBEWERBE
Betonpreis für Buchner Bründler
08 MAGAZIN
Retrospektive für den Meister | Ladenbauten – in Kürze | Der Blick von oben
16 TÄUSCHEND ECHT
Rahel Hartmann Schweizer
Die Villa Patumbah an der Zollikerstrasse 128 im Zürcher Villenquartier Riesbach, die sich der Kaufmann Karl Fürchtegott Grob-Zundel 1883–1885 von Chiodera & Tschudy bauen liess, oszilliert zwischen echt und falsch – sowohl konstruktiv als auch dekorativ.
20 REPARIERT, RETUSCHIERT, REKONSTRUIERT
Rahel Hartmann Schweizer
Von 2010 bis 2013 wurde das Haus nach allen Regeln der denkmalpflegerischen Kunst instand gesetzt. Dabei glückte die Balance zwischen der Rehabilitierung des Bauwerks und seiner künftigen Nutzung als Zentrum für Baukultur des Schweizer Heimatschutzes.
23 BAUTEILKATALOG
Rahel Hartmann Schweizer
Anhand einiger exemplarischer architektonischer, dekorativer, konstruktiver und technischer Details werden deren Besonderheiten illustriert und die Art der Intervention dokumentiert.
27 SIA
Workshop: offener Wettbewerb | SIA-Lohnerhebung 2013 | Ohne Wert kein Denkmal
32 PRODUKTE
Heliobus | Pavatex | Werner Keller Technik | Flachglas (Schweiz)
37 IMPRESSUM
38 VERANSTALTUNGEN
Das Bühnenhafte ist nicht bloss ein Wahrnehmungsphänomen: Was sich als Marmor gebärdet, ist in Wirklichkeit gemalte Scheinarchitektur, die sich im Innern fortsetzt, wo illusionistische Malereien Aussenräume vorspiegeln. Stahlträger und Hourdisdecken verankern den Bau im 19. Jahrhundert. Hinter den Kulissen verbirgt sich denn auch ein disziplinenübergreifendes Räderwerk.
Chiodera, der Künstler des Architektenduos, hatte auf seiner Italienreise 1873–1874 nicht nur die Neorenaissance kennengelernt, sondern auch den Bau von Stahlkonstruktionen – wie die Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand. Die mit Gewölben in filigraner Stahl-Glas-Konstruktion gedeckte Passage stammte von seinem «Lehrmeister» in Italien, Giuseppe Mengoni (1829–1877). Vielleicht hat er Chiodera gelehrt, sich über Fachgrenzen hinwegzusetzen: Mengoni hatte erst mathematische Physik studiert, arbeitete dann bei einem Bühnenbildner, schloss 1851 ein Ingenieurstudium mit einer Arbeit über Optik ab, war Assistent des Eisenbahningenieurs Jean Louis Protche (1818–1886) und studierte gleichzeitig an der Accademia di belle arti di Bologna! Chiodera seinerseits entwickelte, nachdem er 1908 seine Architektenkarriere aufgegeben hatte, ein Luftschiff und widmete sich der Malerei.
Wenn das nicht die kongeniale Hülle für ein Zentrum für Baukultur ist, wie es der Schweizer Heimatschutz in dem instand gesetzten Haus eingerichtet hat!
Dr. Rahel Hartmann Schweizer
Anmerkung:
[01] Um das Idyll nicht durch den an seinem Grundstück vorbeiführenden Streckenabschnitt der Nordostbahn trüben zu lassen, setzte sich Grob-Zundel für dessen Untertunnelung ein und berappte diese auch mit: «[…] auf […] Wunsch der anstossenden Grundbesitzer der Riesbacher Voreinschnitte [wurde] von der Überführung der Münchhaldenstrasse bis zum ehemaligen Tunnelportal, also auf eine Länge von 270 m, nachträglich wieder eingewölbt […]. Die hieraus erstehenden Mehrkosten tragen die Grundeigentümer (Villenbesitzer), wogegen das gewonnene Land in deren rechtmässigen Besitz übergeht.» Vgl. R. Moser, «Die rechtsufrige Zürichseebahn von Tiefenbrunnen bis zur Einmündung in den Bahnhof Zürich», in: Schweizerische Bauzeitung 15 (1890), H. 24, S. 140–143, hier: S. 140f.
05 WETTBEWERBE
Betonpreis für Buchner Bründler
08 MAGAZIN
Retrospektive für den Meister | Ladenbauten – in Kürze | Der Blick von oben
16 TÄUSCHEND ECHT
Rahel Hartmann Schweizer
Die Villa Patumbah an der Zollikerstrasse 128 im Zürcher Villenquartier Riesbach, die sich der Kaufmann Karl Fürchtegott Grob-Zundel 1883–1885 von Chiodera & Tschudy bauen liess, oszilliert zwischen echt und falsch – sowohl konstruktiv als auch dekorativ.
20 REPARIERT, RETUSCHIERT, REKONSTRUIERT
Rahel Hartmann Schweizer
Von 2010 bis 2013 wurde das Haus nach allen Regeln der denkmalpflegerischen Kunst instand gesetzt. Dabei glückte die Balance zwischen der Rehabilitierung des Bauwerks und seiner künftigen Nutzung als Zentrum für Baukultur des Schweizer Heimatschutzes.
23 BAUTEILKATALOG
Rahel Hartmann Schweizer
Anhand einiger exemplarischer architektonischer, dekorativer, konstruktiver und technischer Details werden deren Besonderheiten illustriert und die Art der Intervention dokumentiert.
27 SIA
Workshop: offener Wettbewerb | SIA-Lohnerhebung 2013 | Ohne Wert kein Denkmal
32 PRODUKTE
Heliobus | Pavatex | Werner Keller Technik | Flachglas (Schweiz)
37 IMPRESSUM
38 VERANSTALTUNGEN
Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine
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