Zeitschrift
werk, bauen + wohnen 09-21
Gesims
Ende des 20. Jahrhunderts hat mit dem Siegeszug der «Swiss Box» die Schweizer Architektur weltweit Beachtung gefunden. Kubisch gegliederte Volumen, abstrakte Fassaden und möglichst fugenfreie Ausführung – wenn möglich in Sichtbeton – galten als Erfolgsrezept zum ikonischen Bau. Zwanzig Jahre später sind solche Bemühungen weitgehend aus dem Diskurs verschwunden, existieren allenfalls noch als Kulisse im Kriminalfilm.
Seit geraumer Zeit beobachten wir vermehrt ein Interesse an einer handwerklichen Durchbildung von Fassade und Baukörper. Nicht zuletzt durch die Debatten um eine klimapositive Architektur werden Themen wie der konstruktive Witterungsschutz und der sommerliche Wärmeschutz wieder ernst genommen. Das erwachende Interesse an Nützlichkeit und Konstruktion geht dabei nicht selten parallel mit einem Interesse an der Wahrnehmung von Architektur. Wetter und Schatten, Ratio und Emotion finden nicht zuletzt Halt am Gesims, dem Thema dieses Hefts. Am Gesims erklärt sich sozusagen gleichzeitig die physikalische und visuelle Mechanik einer Fassade.
Seit langem schon wollten wir einen Schlüsseltext zu diesem Thema ins Deutsche übersetzen. Sein Autor, der italienische Architekt Luigi Moretti, war es, der das Bauteil Gesims eklektisch aus dem Kanon des
Klassizismus befreite und für das 20. Jahrhundert als Werkzeug der Ästhetik (wieder) verfügbar machte.
Vielleicht ist es eine Folge der durch Moretti gewonnenen Freiheit für die Architektur – bei der Auswahl der Projekte hat uns immer wieder die eine Frage beschäftigt: Is the building gesimsy enough? Sie ist hier englisch wiedergegeben, weil dieses Heft aus einer Zusammenarbeit rührt: Es begleitet eine Ausstellung, organisiert durch den Lehrstuhl von
Maarten Delbeke, seit 2016 Professor für Geschichte und Theorie an der ETH Zürich, in Kooperation mit der Graphischen Sammlung der Hochschule. Die Schau im Hauptgebäude der ETH Zürich zeigt mit dem Titel Die unterschätzte Horizontale. Das Gesims in Kunst und Architektur eine Auswahl an Zeichnungen, Druckgrafiken, raren Büchern und Objekten. Begleitet wird sie von einer Ausgabe der gta Papers zur aktuellen akademischen Forschung über das Gesims.
Eine wesentliche Verzierung
Gedanken zum Gesims
Maarten Delbeke
Schwelle zum Himmel
Wohnblock mit Sporthalle in Gent von De Smet Vermeulen
Anverwandlung
Redchurch Corner und Townhouse in London von 3144 Architects
Stoische Stapelung
Green Corner Building in Muharraq, Bahrain von Studio Anne Holtrop
Im Kontext
Wohn- und Geschäftshaus in Luzern von Joos & Mathys
Nicht von diesem Ort
Mehrfamilienhaus Waldmeisterweg in Zürich von Lütjens Padmanabhan
Wegzeichen
Terrassenhaus in Winterthur von Kilga Popp
Verknotung von Raum und Zeit
Anmerkungen zur komplizierten Tektonik des Isokorbs
Mario Rinke
Wert und Wirkung plastischer Profile
Valori della modanatura
Luigi Moretti
Zudem:
werk-notiz: Trotz klarer Mehrheit der Fachjury für das Projekt von Lacaton & Vassal für die Zürcher Maag-Hallen will die Bauherrschaft ein anderes Projekt realisieren, das vom Totalabbruch ausgeht. Der Entscheid darf so nicht stehen bleiben!
CAP talks: Die gemeinsame Serie von werk, bauen und wohnen und Hochparterre geht weiter: Adrian Altenburger und Philippe Jorisch nehmen Stellung zu den Forderungen des Climate Action Plan CAP der Klimastreikbewegung.
Wettbewerb: Die HSG St. Gallen expandiert in die Stadt. Unser Autor Volker Bienert wertet den Sieg von Pascal Flammer für den Campus Platztor in St. Gallen als grosses Glück. Gleichzeitig kritisiert er die missglückte Bereinigungsstufe, die dem Siegerprojekt zugesetzt habe und fordert mehr Vertrauen in den offenen Wettbewerb.
Bücher: Skepsis gegenüber der architektonischen Form und gleichzeitiges Interesse an ihr attestiert Autor Holger Schurk den Entwürfen von Rem Koolhaas. Tibor Pataki hat das Buch Projekt ohne Form über OMAs Laboratorium von 1989 für uns gelesen. Ein bilderreiches Buch über die Zürcher Europaallee zeigt deren Alltag und erklärt ihre städtebauliche Struktur, und der Katalog zum israelischen Biennale-Pavillon Milk. Land.Honey beschreibt die Geschichte Israels
aus der Sicht der Tiere als Transformation von Landschaft und Natur.
Ausstellungshinweise: Die Ausstellung zu diesem Heft: Die unterschätzte Horizontale. Das Gesims in Kunst und Architektur läuft in der Graphischen Sammlung der ETH; im Kunstmuseum Olten sind Fotografien von Iwan Baan und Daniela Keiser zu den Themen Architektur, Licht und Gebrauch zu sehen.
Junge Architektur Schweiz Sujets Objets: Das Genfer Kollektiv baute eine Villa aus dem 19. Jahrhundert in ein Studentenwohnhaus um. Die Interventionen, die vor allem die Oberflächen berühren, strahlen in heiteren Farben.
Die Theaterfabrik: Mit dem Théâtre de la Nouvelle Comédie am CEVA-Bahnhof Eaux-Vives haben FRES architectes in Genf ein neues Stadttheater geschaffen. Der Theaterbau der Superlative vereint alle Theaterberufe und präsentiert sich in kühler Glätte.
Weite im Würfel: Neu-Schlieren nimmt Gestalt an: Mit der Typologie des Durchwohnens haben E2A auf dem Geistlich-Areal auf die Programmänderung Wohnen statt Büro reagiert.
werk-material: Kirchgemeindesaal Rüti ZH, Daniel Nyffeler und Joos & Mathys
werk-material: Pfarreizentrum in Kriegstetten SO, Ern+Heinzl
Seit geraumer Zeit beobachten wir vermehrt ein Interesse an einer handwerklichen Durchbildung von Fassade und Baukörper. Nicht zuletzt durch die Debatten um eine klimapositive Architektur werden Themen wie der konstruktive Witterungsschutz und der sommerliche Wärmeschutz wieder ernst genommen. Das erwachende Interesse an Nützlichkeit und Konstruktion geht dabei nicht selten parallel mit einem Interesse an der Wahrnehmung von Architektur. Wetter und Schatten, Ratio und Emotion finden nicht zuletzt Halt am Gesims, dem Thema dieses Hefts. Am Gesims erklärt sich sozusagen gleichzeitig die physikalische und visuelle Mechanik einer Fassade.
Seit langem schon wollten wir einen Schlüsseltext zu diesem Thema ins Deutsche übersetzen. Sein Autor, der italienische Architekt Luigi Moretti, war es, der das Bauteil Gesims eklektisch aus dem Kanon des
Klassizismus befreite und für das 20. Jahrhundert als Werkzeug der Ästhetik (wieder) verfügbar machte.
Vielleicht ist es eine Folge der durch Moretti gewonnenen Freiheit für die Architektur – bei der Auswahl der Projekte hat uns immer wieder die eine Frage beschäftigt: Is the building gesimsy enough? Sie ist hier englisch wiedergegeben, weil dieses Heft aus einer Zusammenarbeit rührt: Es begleitet eine Ausstellung, organisiert durch den Lehrstuhl von
Maarten Delbeke, seit 2016 Professor für Geschichte und Theorie an der ETH Zürich, in Kooperation mit der Graphischen Sammlung der Hochschule. Die Schau im Hauptgebäude der ETH Zürich zeigt mit dem Titel Die unterschätzte Horizontale. Das Gesims in Kunst und Architektur eine Auswahl an Zeichnungen, Druckgrafiken, raren Büchern und Objekten. Begleitet wird sie von einer Ausgabe der gta Papers zur aktuellen akademischen Forschung über das Gesims.
Eine wesentliche Verzierung
Gedanken zum Gesims
Maarten Delbeke
Schwelle zum Himmel
Wohnblock mit Sporthalle in Gent von De Smet Vermeulen
Anverwandlung
Redchurch Corner und Townhouse in London von 3144 Architects
Stoische Stapelung
Green Corner Building in Muharraq, Bahrain von Studio Anne Holtrop
Im Kontext
Wohn- und Geschäftshaus in Luzern von Joos & Mathys
Nicht von diesem Ort
Mehrfamilienhaus Waldmeisterweg in Zürich von Lütjens Padmanabhan
Wegzeichen
Terrassenhaus in Winterthur von Kilga Popp
Verknotung von Raum und Zeit
Anmerkungen zur komplizierten Tektonik des Isokorbs
Mario Rinke
Wert und Wirkung plastischer Profile
Valori della modanatura
Luigi Moretti
Zudem:
werk-notiz: Trotz klarer Mehrheit der Fachjury für das Projekt von Lacaton & Vassal für die Zürcher Maag-Hallen will die Bauherrschaft ein anderes Projekt realisieren, das vom Totalabbruch ausgeht. Der Entscheid darf so nicht stehen bleiben!
CAP talks: Die gemeinsame Serie von werk, bauen und wohnen und Hochparterre geht weiter: Adrian Altenburger und Philippe Jorisch nehmen Stellung zu den Forderungen des Climate Action Plan CAP der Klimastreikbewegung.
Wettbewerb: Die HSG St. Gallen expandiert in die Stadt. Unser Autor Volker Bienert wertet den Sieg von Pascal Flammer für den Campus Platztor in St. Gallen als grosses Glück. Gleichzeitig kritisiert er die missglückte Bereinigungsstufe, die dem Siegerprojekt zugesetzt habe und fordert mehr Vertrauen in den offenen Wettbewerb.
Bücher: Skepsis gegenüber der architektonischen Form und gleichzeitiges Interesse an ihr attestiert Autor Holger Schurk den Entwürfen von Rem Koolhaas. Tibor Pataki hat das Buch Projekt ohne Form über OMAs Laboratorium von 1989 für uns gelesen. Ein bilderreiches Buch über die Zürcher Europaallee zeigt deren Alltag und erklärt ihre städtebauliche Struktur, und der Katalog zum israelischen Biennale-Pavillon Milk. Land.Honey beschreibt die Geschichte Israels
aus der Sicht der Tiere als Transformation von Landschaft und Natur.
Ausstellungshinweise: Die Ausstellung zu diesem Heft: Die unterschätzte Horizontale. Das Gesims in Kunst und Architektur läuft in der Graphischen Sammlung der ETH; im Kunstmuseum Olten sind Fotografien von Iwan Baan und Daniela Keiser zu den Themen Architektur, Licht und Gebrauch zu sehen.
Junge Architektur Schweiz Sujets Objets: Das Genfer Kollektiv baute eine Villa aus dem 19. Jahrhundert in ein Studentenwohnhaus um. Die Interventionen, die vor allem die Oberflächen berühren, strahlen in heiteren Farben.
Die Theaterfabrik: Mit dem Théâtre de la Nouvelle Comédie am CEVA-Bahnhof Eaux-Vives haben FRES architectes in Genf ein neues Stadttheater geschaffen. Der Theaterbau der Superlative vereint alle Theaterberufe und präsentiert sich in kühler Glätte.
Weite im Würfel: Neu-Schlieren nimmt Gestalt an: Mit der Typologie des Durchwohnens haben E2A auf dem Geistlich-Areal auf die Programmänderung Wohnen statt Büro reagiert.
werk-material: Kirchgemeindesaal Rüti ZH, Daniel Nyffeler und Joos & Mathys
werk-material: Pfarreizentrum in Kriegstetten SO, Ern+Heinzl
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