Zeitschrift
werk, bauen + wohnen 11-21
Social Condenser
Architektur funktioniert nicht wie der Computer, auf dem dieses Editorial geschrieben wurde. Hier der Raum, die Hardware, und darauf aufgespielt das soziale Programm, die Software – hier das zentrale Nervensystem und darin eingesperrt, irgendwo, das Bewusstsein. (Hartnäckig hält sich in der Architektur
das vereinfachte Denken, dass überlieferte Formen jedwede Funktion aufnehmen könnten. Als wäre sie eine neutrale Plattform, die mit wechselnder Software bespielt wird.)
Dass reale Räume soziale Praktiken hervorbringen, überformen oder verhindern, kann auch umgekehrt formuliert werden: Menschliches Handeln formt Räume. Gerade in Zeiten des Wandels braucht es diese Räume. In ein solches Spannungsfeld wurde nicht zuletzt auch die Idee des «sozialen Kondensators» geboren: Wie im elektronischen Schaltkreis baut sich in ihm eine Spannung auf, um sich periodisch zu entladen. Der heute auffallend oft verwendete Begriff geht in seiner aktuellen Lesart auf Rem Koolhaas zurück und bezeichnet laut unserem Autor Tibor Pataky vor allem ein architektonisches Device, das zwischenmenschliche Beziehungen formt und intensiviert, also die Art und
Weise verändert, wie wir miteinander interagieren. Mit einem Seitenblick auf die Medientheorie gleicht der Social Condenser so, ganz allgemein formuliert, einem (elektronischen) Medium, das unseren Alltag formt. Dies ist auch ein Grund, weshalb zu Anfang von einem Computer die Rede war, und mitgemeint ist auch das Smartphone, auf dessen Betriebssystem zahlreiche Social-Media-Apps um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Gerade in Konkurrenz zum virtuell
aufgespannten Raum gewinnt das Konzept des sozialen Kondensators an Aktualität. Öffentlichkeit braucht zwingend materiell verbindende Orte, selbst
wenn sich die Anbahnung von menschlichen Beziehungen und Handlungen vor einem virtuellen Hintergrund vollzogen hat.
Ebenso wie es Apps gibt, die mit oder ohne Werbung auskommen, spannt die Geschichte des Social Condensers von der Philanthropie über die politische Agitation hin zum kommerzialisierten Wohlfühlprogramm: The Medium is the Message.
Die hier im Heft versammelten Projekte und Beiträge sollen das Spannungsfeld zwischen Raum und Programm kritisch lesbar machen.
Behälter für Interaktion
Ursula Hürzeler, Shadi Rahbaran, Danilo Zamboni (Illustrationen)
Soziale Kondensatoren
Tibor Pataky
Alles wird gut!
Jenny Keller, Annett Landsmann, Martina Meier (Bilder)
Eilige Transformation
Laure Nashed, Zaickz Moz (Bilder)
Turm für alle
Anneke Bokern, Marcel van der Burg (Bilder)
Zudem:
werk-notiz: Wechsel im gta-Archiv der ETH Zürich, das unter Bruno Maurer stark gewachsen ist. Nach 20 Jahren tritt er in den Ruhestand. Neue Leiterin ist Irina Davidovici.
Debatte: Was Architekturschaffende über die Biodiversität wissen müssen, erklären die Landschaftsarchitektin Anke Domschky und die Stadtökologin Nathalie Baumann. Sie hinterfragen ausserdem unser Verhältnis zur Natur.
Wettbewerb: Das Motto Low Cost – Low Energy bestimmte das Wettbewerbsprogramm für die Primarschule Walkeweg in Basel. In der Stufe des Ideenwettbewerbs ging es um breit gefächerte Innovation im Bereich des nachhaltigen Bauens.
Ausstellungen: Here we are! Frauen im Design im Vitra-Design-Museum in Weil am Rhein will den Frauen in Gestaltungsdisziplinen mehr Sichtbarkeit verleihen.
Ausserdem: Berta Rahms wachsender Pavillon an der ETH Zürich. Und eine Schau in Lissabon über Entwurf und Spiel.
Bücher: Nina Zschokke analysiert Philippe Rahms neu erschienene Histoire naturelle de l’architecture, die Natur und Klima als Entwurfsfaktoren ins Licht rückt. Die Redaktion empfiehlt die Bücher 50 Hybrid Buildings und Napoli Super Modern.
Nachruf: Sibylle Bucher, 1965 – 2021
Agenda: Ausstellungen und Veranstaltungen
Produkte: Schaufenster Licht
Junge Architektur Schweiz Knüsel Leibundgut: Der erste Preis für den Schulhaus-Anbau in Altdorf ist realisiert und signalisiert Haltung und Ambition: Knüsel Leibundgut misstrauen dem architektonischen Spektakel und vertrauen auf die stille Kraft von Form und Kontext.
Lärm als Luxus: Mit hohen Wohnhallen für die WGs der Studierenden haben Scheidegger Keller dem Lärm der Zürcher Rosengartenstrasse räumlichen Luxus abgewonnen.
«To break the rules, you must first master them»: Die Uhrenmanufaktur Audemars Piguet in Le Locle von Kuník de Morsier ist auch ein Schaufenster für die Werte der Firma.
werk-material: Kindergarten Freudenreich in Bremgarten bei Bern von Althaus Architekten plus
werk-material: Kita mit Ausstellungsraum in Winterthur von Marazzi Reinhardt
das vereinfachte Denken, dass überlieferte Formen jedwede Funktion aufnehmen könnten. Als wäre sie eine neutrale Plattform, die mit wechselnder Software bespielt wird.)
Dass reale Räume soziale Praktiken hervorbringen, überformen oder verhindern, kann auch umgekehrt formuliert werden: Menschliches Handeln formt Räume. Gerade in Zeiten des Wandels braucht es diese Räume. In ein solches Spannungsfeld wurde nicht zuletzt auch die Idee des «sozialen Kondensators» geboren: Wie im elektronischen Schaltkreis baut sich in ihm eine Spannung auf, um sich periodisch zu entladen. Der heute auffallend oft verwendete Begriff geht in seiner aktuellen Lesart auf Rem Koolhaas zurück und bezeichnet laut unserem Autor Tibor Pataky vor allem ein architektonisches Device, das zwischenmenschliche Beziehungen formt und intensiviert, also die Art und
Weise verändert, wie wir miteinander interagieren. Mit einem Seitenblick auf die Medientheorie gleicht der Social Condenser so, ganz allgemein formuliert, einem (elektronischen) Medium, das unseren Alltag formt. Dies ist auch ein Grund, weshalb zu Anfang von einem Computer die Rede war, und mitgemeint ist auch das Smartphone, auf dessen Betriebssystem zahlreiche Social-Media-Apps um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Gerade in Konkurrenz zum virtuell
aufgespannten Raum gewinnt das Konzept des sozialen Kondensators an Aktualität. Öffentlichkeit braucht zwingend materiell verbindende Orte, selbst
wenn sich die Anbahnung von menschlichen Beziehungen und Handlungen vor einem virtuellen Hintergrund vollzogen hat.
Ebenso wie es Apps gibt, die mit oder ohne Werbung auskommen, spannt die Geschichte des Social Condensers von der Philanthropie über die politische Agitation hin zum kommerzialisierten Wohlfühlprogramm: The Medium is the Message.
Die hier im Heft versammelten Projekte und Beiträge sollen das Spannungsfeld zwischen Raum und Programm kritisch lesbar machen.
Behälter für Interaktion
Ursula Hürzeler, Shadi Rahbaran, Danilo Zamboni (Illustrationen)
Soziale Kondensatoren
Tibor Pataky
Alles wird gut!
Jenny Keller, Annett Landsmann, Martina Meier (Bilder)
Eilige Transformation
Laure Nashed, Zaickz Moz (Bilder)
Turm für alle
Anneke Bokern, Marcel van der Burg (Bilder)
Zudem:
werk-notiz: Wechsel im gta-Archiv der ETH Zürich, das unter Bruno Maurer stark gewachsen ist. Nach 20 Jahren tritt er in den Ruhestand. Neue Leiterin ist Irina Davidovici.
Debatte: Was Architekturschaffende über die Biodiversität wissen müssen, erklären die Landschaftsarchitektin Anke Domschky und die Stadtökologin Nathalie Baumann. Sie hinterfragen ausserdem unser Verhältnis zur Natur.
Wettbewerb: Das Motto Low Cost – Low Energy bestimmte das Wettbewerbsprogramm für die Primarschule Walkeweg in Basel. In der Stufe des Ideenwettbewerbs ging es um breit gefächerte Innovation im Bereich des nachhaltigen Bauens.
Ausstellungen: Here we are! Frauen im Design im Vitra-Design-Museum in Weil am Rhein will den Frauen in Gestaltungsdisziplinen mehr Sichtbarkeit verleihen.
Ausserdem: Berta Rahms wachsender Pavillon an der ETH Zürich. Und eine Schau in Lissabon über Entwurf und Spiel.
Bücher: Nina Zschokke analysiert Philippe Rahms neu erschienene Histoire naturelle de l’architecture, die Natur und Klima als Entwurfsfaktoren ins Licht rückt. Die Redaktion empfiehlt die Bücher 50 Hybrid Buildings und Napoli Super Modern.
Nachruf: Sibylle Bucher, 1965 – 2021
Agenda: Ausstellungen und Veranstaltungen
Produkte: Schaufenster Licht
Junge Architektur Schweiz Knüsel Leibundgut: Der erste Preis für den Schulhaus-Anbau in Altdorf ist realisiert und signalisiert Haltung und Ambition: Knüsel Leibundgut misstrauen dem architektonischen Spektakel und vertrauen auf die stille Kraft von Form und Kontext.
Lärm als Luxus: Mit hohen Wohnhallen für die WGs der Studierenden haben Scheidegger Keller dem Lärm der Zürcher Rosengartenstrasse räumlichen Luxus abgewonnen.
«To break the rules, you must first master them»: Die Uhrenmanufaktur Audemars Piguet in Le Locle von Kuník de Morsier ist auch ein Schaufenster für die Werte der Firma.
werk-material: Kindergarten Freudenreich in Bremgarten bei Bern von Althaus Architekten plus
werk-material: Kita mit Ausstellungsraum in Winterthur von Marazzi Reinhardt
Weiterführende Links:
Verlag Werk AG